Corona-Pandemie Mordpläne gegen Kretschmer: "Natürlich ich bin in Sorge"
Dresden (dpa) - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will sich von Drohungen gegen seine Person nicht einschüchtern lassen. "Wir müssen mit allen juristischen Mitteln gegen solch eine Entgrenzung vorgehen.
Menschen, die öffentliche Ämter haben, sollen keine Angst haben müssen, ihre Meinung zu sagen und ihre Arbeit zu machen. Das gilt genauso für Berufsgruppen wie Journalisten", sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Dresden.
Im Messenger-Dienst Telegram waren nach einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal" Äußerungen zu Mordplänen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten aufgetaucht. Kretschmer: "Es ist mir nicht egal. Natürlich ich bin in Sorge. Aber ich entwickle daraus eher Kraft und Energie. Wenn das der Zustand ist, wie wir miteinander umgehen, dann wäre dieses Land verloren. Und das ist es nicht."
Äußerungen zu Mordplänen
Nach Angaben des Landeskriminalamtes Sachsen prüfen Polizei und Generalstaatsanwaltschaft nun die Sach- und Rechtslage in dem Fall. Konkret gehe es um eine Telegram-Chat-Gruppe mit dem Namen "Dresden Offlinevernetzung", welche "in ihrer Kommunikation und in Gesprächen bei heimlich und auch teils offen gefilmten Treffen im Großraum Dresden Äußerungen zu Mordplänen" bezüglich Kretschmer und weiteren Vertretern der Landesregierung äußerten. Äußerungen einzelner Mitglieder zum angeblichen Besitz von scharfen Waffen und Armbrüsten würden in die Bewertung einfließen. Das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus- Abwehrzentrum der Polizei übernehme die Ermittlungen.
"Wir nehmen die Äußerungen dieser Gruppe bei "Frontal21" sehr ernst und werden mit Hochdruck die uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um diese Chat-Gruppe näher aufzuklären", sagte Patricia Vernhold, Sprecherin des Landesamtes für Verfassungsschutz.
Kretschmer hat nach eigenem Bekunden auch viel Zuspruch erhalten: "Es geht gar nicht um mich, sondern um die Frage, wer Verantwortung in der Demokratie übernimmt - an den verschiedensten Stellen, ob nun im Gemeinderat, als Bürgermeister, Journalist oder Abgeordneter im Landtag. Diese Menschen müssen geschützt werden. Sie dürfen keine Angst um ihr Leben haben."
Die "Geister" der AfD
Der Regierungschef machte die AfD für die aufgeheizte Stimmung im Land mitverantwortlich. Sie habe Gruppierungen wie die rechtsextremen "Freien Sachsen" durch ihr Agieren salonfähig gemacht. "Sie wird die Geister, die sie rief, nun nicht mehr los. Die Sorge vor der Radikalisierung und Gewalt ist spürbar."
Die AfD hatte sich am Dienstag von den "Freien Sachsen" distanziert. Diese vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Gruppierung wird von einem Chemnitzer Anwalt und einem NPD-Funktionär geführt. Sie mobilisiert regelmäßig zu Corona-Protesten in Sachsen.
Unterdessen erhielt Kretschmer Beistand. Sein Stellvertreter und Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) verurteilte die Drohungen entschieden. "Wenn inzwischen nicht nur Mordfantasien gegenüber unserem Ministerpräsidenten geäußert werden, sondern Menschen sich sogar verabreden, dann nimmt das Formen an, die weit über das hinausgehen, was wir ertragen und akzeptieren können", sagte er am Mittwoch nach der Kabinettssitzung in Dresden.
Gesellschaftliches "Stopp-Zeichen"
Die Radikalisierung sei kein sächsisches Phänomen, auch wenn Sachsen damit eine besondere Herausforderung habe. Dulig sprach von einer "nationalen Aufgabe". Es brauche innenpolitisch und gesellschaftlich ein "Stopp-Zeichen", um der Radikalisierung Einhalt zu gebieten. Dazu habe er sich bereits am Mittwochvormittag mit der künftigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Verbindung gesetzt.
"Die von @ZDF aufgedeckten Mordphantasien gegen @MPKretschmer sind keine Grenzüberschreitungen mehr, sondern schwerste Kriminalität. Es reicht! Wer sich mit diesen Gruppen gemein macht, ist mitschuldig. Jetzt ist der Rechtsstaat gefordert", twitterte SPD-Innenpolitiker Albrecht Pallas.
"Die Anschlagspläne gegen @MPKretschmer sind abscheulich. Er hat unsere volle Solidarität. #hassundhetze in den sozialen Medien nehmen immer gefährlichere Formen an. Der Fernsehbeitrag zeigt offene Terrorismus-Phantasien", schrieb SPD-Chef Henning Homann auf Twitter.