Die wichtigsten Antworten Wahl in Sachsen-Anhalt: Das sollten Sie wissen
Sachsen-Anhalt wählt nach fünf Jahren einen neuen Landtag. Kurz vor der Bundestagswahl hoffen die Parteien auf ein starkes Signal. Die wichtigsten Informationen im Überblick.
Rund 2,2 Millionen Menschen leben in Sachsen-Anhalt, rund 1,8 Millionen von ihnen sind am Sonntag, 6. Juni, zur Landtagswahl aufgerufen. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zum Stimmungstest für die Bundestagswahl am 26. September.
Wie wird gewählt?
Die Wähler müssen zwei Kreuze machen: eines für den Direktkandidaten ihres Wahlkreises und eines für die Landesliste einer Partei. Jeder der 41 Wahlkreise wird im neuen Magdeburger Landtag dann von dem Direktkandidaten mit den meisten Stimmen vertreten. Weitere mindestens 42 Abgeordnete kommen darüber hinaus über die Landeslisten ins Parlament – sofern ihre Partei mehr als fünf Prozent der Zweitstimmen erreicht hat.
Wer darf wählen?
Alle Bürgerinnen und Bürger, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt seit mindestens drei Monaten im Land Sachsen-Anhalt haben.
Wie funktioniert die Briefwahl?
Spätestens drei Wochen vor der Wahl sollten alle Bürger eine Wahlbenachrichtigung per Post erhalten haben. Darin enthalten ist der Antrag auf Briefwahl. Er muss bis spätestens Freitag, 4. Juni, bei der zuständigen Gemeinde eingereicht worden sein – dann werden die Briefwahlunterlagen zugestellt.
Der ausgefüllte Wahlschein muss dann bis spätestens Sonntag, 6. Juni, um 18 Uhr beim zuständigen Wahlamt ankommen. Um die Fristen einzuhalten, sollten die jeweiligen Unterlagen spätestens drei Werktage vor Ablauf der Frist verschickt werden. Genaue Informationen zum Briefwahl-Verfahren finden Sie hier.
Trotz rückläufiger Infektionszahlen rechnet das Land mit einem deutlichen Zuwachs der Briefwahl-Stimmen. Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März hatten zwei von drei Wählern per Brief gewählt. Auch in Sachsen-Anhalt sind die ersten Briefwahlunterlagen bereits verschickt worden. Bei der Landtagswahl 2016 hatten sich in Sachsen-Anhalt nur 13,7 Prozent für die Briefwahl entschieden.
Wie ist die Ausgangslage?
Seit fünf Jahren regiert in Sachsen-Anhalt Deutschlands erste Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Das Bündnis hat 46 der 87 Sitze des Magdeburger Landtags. Oppositionsführerin ist die AfD mit 21 Sitzen, gefolgt von der Linken mit 16 Mandaten. Umfragen sehen weiterhin eine Mehrheit für die Kenia-Option, auch wenn der FDP nach zehn Jahren der Wiedereinzug in den Landtag gelingen sollte.
So könnte sich die Sitzverteilung verändern:
Wer sind die Spitzenkandidaten?
Für die CDU geht zum dritten Mal Ministerpräsident Reiner Haseloff ins Rennen. Er ist seit 2011 im Amt und damit nach seinem hessischen Amtskollegen Volker Bouffier (CDU) der dienstälteste Landeschef. Noch vor einem Jahr sah es so aus, als würde der CDU-Politiker die Spitzenkandidatur einem Nachfolger überlassen. Dann verkündete er, doch weiterzumachen. Jetzt ist Haseloff mit 67 im Rentenalter und im Karrierehoch: Der verheiratete Katholik amtiert als Bundesratschef und wurde Anfang des Jahres erstmals als stimmberechtigtes Mitglied ins CDU-Bundespräsidium gewählt.
Die weiteren Landtagsparteien schicken ihre Fraktionschefs auf Listenplatz eins ins Rennen: Oliver Kirchner bei der AfD. Der 55 Jahre alte Magdeburger ist ein klassischer Quereinsteiger, handelte vor seiner politischen Karriere mit Autos. Er wird, wie viele Funktionäre und AfD-Mitglieder in Sachsen-Anhalt, dem offiziell aufgelösten "Flügel" um den Thüringer Björn Höcke zugerechnet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Strömung als rechtsextremistisch ein. Seit Beginn der Pandemie arbeitet sich die Partei vor allem an der Corona-Politik von Bund und Ländern ab.
Für die Linken tritt Eva von Angern an. Sie hat die mangelnde Repräsentanz von Ostdeutschen in Führungspositionen zu ihrem zentralen Wahlkampfthema gemacht. "Nehmt den Wessis das Kommando" ließ die 44-jährige Magdeburgerin auf ein Plakat drucken – allerdings nur auf eins, das nie aufgehängt wurde. Und dennoch zog die PR-Aktion, tagelang wurde das Plakat hitzig debattiert. Das habe der Benachteiligung von Ostdeutschen viel Aufmerksamkeit verschafft, sagt von Angern.
Katja Pähle (SPD) ist die jüngste Spitzenkandidatin und doch schon eine erfahrene Parlamentarierin: Die 43-Jährige sitzt schon seit zehn Jahren im Landtag. Nach dem Wahldebakel 2016, als die SPD ihre Stimmanteile auf gut zehn Prozent halbierte, war Pähle in die Bresche gesprungen und hatte den Fraktionsvorsitz von der gescheiterten Spitzenkandidatin Katrin Budde übernommen. Seitdem führt sie die geschrumpfte sozialdemokratische Fraktion souverän und geräuschlos durch die Kenia-Koalition. Im Wahlkampf setzt sie vor allem auf klassisch sozialdemokratische Themen wie soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen rechte Gewalt.
Bei den Grünen tritt die Diplom-Pädagogin und frühere Landesvorsitzende Cornelia Lüddemann an und bildet gemeinsam mit Landeschef Sebastian Striegel sowie Umweltministerin Claudia Dalbert ein Spitzentrio. Neben den grünen Kernthemen Umwelt- und Klimapolitik wollen sie einen Schwerpunkt auf den Kampf gegen Rechts setzen. Außerdem stellte die 53-Jährige zuletzt immer wieder das Thema Verkehrswende in den Mittelpunkt. Sie wolle "die Vormachtstellung des Autoverkehrs brechen", kündigte Lüddemann an.
Nach zehn Jahren außerparlamentarischer Opposition will die FDP unbedingt in den Magdeburger Landtag zurückkehren. Spitzenkandidatin Lydia Hüskens kennt das Parlament, war von 2002 bis 2011 bereits Abgeordnete. "Ein Land fährt hoch" – ist ihr Slogan. Mit grellen Popart-Plakaten wirbt die Partei um Stimmen, drängt fast täglich mit Pressemitteilungen in die Medien und packt die Sachsen-Anhalter dabei bei ihrem Stolz. Das Land sei in fast jeder Statistik letzter, so einer der zentralen Kritikpunkte der Liberalen im Wahlkampf. Das müsse nicht so sein.
Welche Themen dominieren den Wahlkampf?
Die Corona-Krise überschattet auch den Wahlkampf in Sachsen-Anhalt, nur wenige Themen finden daneben wirklich Gehör. Für Aufmerksamkeit sorgte unter anderem die Kampagne der Linken, die die Benachteiligung Ostdeutscher auf dem Arbeitsmarkt anprangerte. Die Regierungsparteien werben mit den Erfolgen ihrer Arbeit.
Wie ist der Stand in den Umfragen?
Nach derzeitigen Umfragen (Stand: 21. Mai) käme das Kenia-Bündnis auf eine Mehrheit von fünf bis zehn Prozentpunkten gegenüber den anderen Landtagsparteien. Dieselben Umfragen schreiben der FDP gute Chancen zu, nach zehn Jahren in den Magdeburger Landtag zurückzukehren. Die Liberalen könnten somit für Haseloff ein alternativer Koalitionspartner sein – oder als vierte Kraft in die Koalition kommen, sollte die ihre Mehrheit verlieren. Dass Haseloff sein Amt verliert, ist nach den Umfragen ausgesprochen unwahrscheinlich.
- Nachrichtenagentur dpa