Milliardenloch Krankenkassen-Zusatzbeiträge sollen 2021 leicht steigen
Berlin (dpa) - Wegen eines Milliardenlochs bei den gesetzlichen Krankenkassen in der Corona-Krise müssen sich die Mitglieder im neuen Jahr auf etwas höhere Beiträge gefasst machen.
Der durchschnittliche Zusatzbeitrag für 2021 soll um 0,2 Punkte auf 1,3 Prozent steigen, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vereinbarten. Die konkrete Höhe des Zusatzbeitrags legen die Kassen dann aber jeweils selbst für ihre Mitglieder fest, sie können dabei vom Durchschnitt abweichen. Der Gesamtbeitrag umfasst daneben den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent - im Schnitt würde er also von derzeit 15,7 Prozent auf 15,9 Prozent 2021 steigen.
Über höhere Zusatzbeiträge sollen drei Milliarden Euro hereinkommen. Um den gesamten Zusatzbedarf von 16 Milliarden Euro für 2021 zu decken, sollen weitere acht Milliarden Euro aus Reserven der Kassen aufgebracht werden. Dazu kommt ein extra Bundeszuschuss von fünf Milliarden Euro auf insgesamt 19,5 Milliarden Euro, heißt es in einem zwischen beiden Ministerien geeinten Konzept, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuerst berichteten die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und das Redaktionsnetzwerk Deutschland darüber.
Die Bundesregierung hatte betont, die Sozialbeiträge gerade in der jetzigen Wirtschaftskrise unter 40 Prozent halten zu wollen. "Im Ergebnis bleibt der Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Jahr 2021 mit 39,95 Prozent unterhalb der 40-Prozent-Marke", heißt es im Papier. Derzeit sind es 39,75 Prozent: 18,6 Prozent des Bruttolohns für die Rente, 2,4 Prozent für die Arbeitslosenversicherung, 15,7 Prozent für die Krankenversicherung, 3,05 Prozent für die Pflege. Der vereinbarte Finanzierungsmix vermeidet demnach nun eine rein rechnerisch mögliche Verdoppelung des Durchschnitts-Zusatzbeitrags auf 2,2 Prozent.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände begrüßte, dass die Sozialbeiträge unter der 40-Prozent-Marke bleiben. "Nur dann kann Deutschland gut aus der Krise kommen, wirtschaftlich genesen und Beschäftigung gesichert bleiben", sagte Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. Anders als zugesagt, würden nun aber nicht alle Mittel zum Einlösen der Garantie aus Steuergeld gezahlt. "Verlässliche Politik sieht anders aus." Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) monierten, der Bundeszuschuss sei unzureichend. "Dass ein Gros dieser Mittel nun doch allein vom Beitragszahler aufgebracht werden soll, halten wir für falsch", sagte der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch.
Einen zusätzlichen Bedarf von 16,6 Milliarden Euro für 2021 hatten Spahn und die Kassen Anfang September abgeschätzt. Hintergrund ist, dass die Corona-Krise zum einen Mehrausgaben bringt. Zum anderen sanken aber Ausgaben für Behandlungen in Praxen und Krankenhäusern, viele Operationen wurden abgesagt. Unter dem Strich verbuchten die Kassen im ersten Halbjahr 2020 ein Plus von 1,3 Milliarden Euro. Die Entwicklung ist aber mit Blick auf Corona-Krise und Arbeitsmarkt ungewiss, Ausgaben für Behandlungen könnten nachgeholt werden. Für dieses Jahr gibt der Bund schon 3,5 Milliarden Euro zusätzlich.