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Zum journalistischen Leitbild von t-online.t-online.de-Recherche zu Hanau Bundesanwaltschaft bestätigt Eingang des Attentäter-Briefs
Der mutmaßliche Terrorist von Hanau adressierte bereits vor Monaten ein Schreiben an den Generalbundesanwalt. Es ist in weiten Teilen mit seinem Bekennerschreiben identisch. Nun bestätigt die Behörde den Eingang.
Generalbundesanwalt Peter Frank hat bestätigt, dass die Bundesanwaltschaft schon im vergangenen November Kontakt mit dem mutmaßlichen Attentäter von Hanau hatte. t-online.de berichtete am Donnerstag zunächst exklusiv über das Dokument, das in weiten Teilen mit dem späteren Bekennerschreiben identisch ist. Der Generalbundesanwalt sagte nun, dass damals bei seiner Behörde eine Anzeige des Mannes eingegangen sei.
Das Schreiben habe aber keine rechtsextremistischen oder rassistischen Ausführungen enthalten und man habe wegen des Briefes kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. In dem auf den 6. November datierten Dokument, das t-online.de vorliegt, beschrieb Tobias R. allerdings detailreich seine Wahnvorstellungen und auch seine rassistische Abneigung gegen Menschen anderer Herkunft.
In der Version fehlen noch die Vernichtungsfantasien – das spätere Bekennerschreiben umfasst weitere fünf Seiten, die in der ersten Version nicht enthalten sind. Die Behörde nahm deswegen offenbar das Schreiben nicht zum Anlass, die Waffenbesitzkarte des Absenders zu überprüfen. Denn R. war als Sportschütze legal im Besitz mehrerer Waffen.
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Die FDP hatte deswegen zuvor bei t-online.de Aufklärung über den Brief gefordert. "Die in dem Brief enthaltenen rassistischen Äußerungen sind höchst alarmierend", sagte FDP-Bundestagsfraktionsvize Stephan Thomae t-online.de. "Es muss geklärt werden, ob dieser Brief abgeschickt wurde und bei der Bundesanwaltschaft eingegangen ist", sagte das Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag.
"Falls sich herausstellen sollte, dass der Brief bei der Bundesanwaltschaft eingegangen ist, muss geklärt werden, weshalb darauf offensichtlich nicht reagiert wurde." Zu diesen Fragen werde sich der Generalbundesanwalt erklären müssen. Wenig später bestätigte die Behörde die Recherchen von t-online.de. Am Donnerstag hatte eine Sprecherin noch abgelehnt, den Eingang des Schreibens zu bestätigen oder zu dementieren.
Laut Angaben des hessischen Innenministeriums war R. vor der Tat weder dem Landesamt für Verfassungsschutz noch der Polizei bekannt. Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner, Mitglied des Innenausschusses, sieht Aufklärungsbedarf in weiterer Hinsicht: "Ich denke nicht, dass der Bundesanwaltschaft hier ein Fehler vorzuwerfen ist", sagte Renner t-online.de. Relevanter sei die Frage, ob es nicht Kontrollmechanismen geben sollte, "dass solche Menschen im Besitz von legalen Waffen sind".
- eigene Recherchen
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa