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Konservative und Grüne? Österreichs Kanzler Kurz sieht "Modell für Deutschland"


Nach nächster Bundestagswahl
Kanzler Kurz würde auf Schwarz-Grün in Deutschland wetten

Von dpa, afp, reuters, dru

Aktualisiert am 03.02.2020Lesedauer: 3 Min.
Kurz und Merkel in Berlin: "Selbstverständlich kann die Regierung aus Konservativen und Grünen in Österreich auch ein Modell für Deutschland sein."Vergrößern des Bildes
Kurz und Merkel in Berlin: "Selbstverständlich kann die Regierung aus Konservativen und Grünen in Österreich auch ein Modell für Deutschland sein." (Quelle: Jens Meyer/ap)

Vor 20 Jahren schien das noch undenkbar. Doch inzwischen wird immer konkreter über ein künftiges Bündnis von Grünen und Union im Bund diskutiert. Ist Österreich eine mögliche Blaupause?

In Österreich regiert die konservative ÖVP seit Anfang Januar gemeinsam mit den Grünen. In Deutschland war ein erster Anlauf zu einem Regierungsbündnis mit grüner und schwarzer Beteiligung – unter Einbeziehung der FDP – nach der letzten Bundestagswahl noch gescheitert. Doch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz würde mit Blick auf die Wahl 2021 sogar darauf wetten.

Bei einem Besuch in Berlin betonte der Wiener Regierungschef, er wolle sich in Deutschland ganz bewusst nicht einmischen. Er räumte jedoch ein, er habe sich in einem Interview dazu "verleiten lassen, eine Wette einzugehen, nämlich dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass nach der nächsten Wahl in Deutschland vielleicht eine ähnliche Koalition realistisch ist".

Im Gespräch mit der "Welt am Sonntag" hatte Kurz gesagt: "Selbstverständlich kann die Regierung aus Konservativen und Grünen in Österreich auch ein Modell für Deutschland sein. Ich erwarte sogar, dass die nächste Regierung in Deutschland eine schwarz-grüne sein dürfte."

Merkel: "Bessere Gesprächsfähigkeit"

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht inzwischen mehr Berührungspunkte mit den Grünen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kurz wies sie auf eine aus ihrer Sicht "bessere Gesprächsfähigkeit" mit der Ökopartei hin als noch vor Jahren. Mit einer Spitze gegen Kurz sorgte die Kanzlerin dann aber für Lacher, wie im Video zu sehen.

Auf die Frage, ob sie sich nach der nächsten Bundestagswahl eine Regierungskoalition mit den Grünen vorstellen könne, antwortete die Kanzlerin, das nächste Wahlergebnis sei heute schwer vorauszusehen. Allerdings könne man sagen, dass schon die Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen nach der Bundestagswahl 2017 gezeigt hätten, dass mit Blick auf die Grünen "bestimmte Barrieren" der Sprechfähigkeit abgebaut worden seien.

Deutsche Grüne sehen Wiener Modell kritisch

Kurz hob in Berlin hervor, dass seine ÖVP und die Grünen in ihrer Koalition eine "neue Form der Kompromissfindung" vereinbart hätten. Die Grünen seien "klar in der Themenführerschaft" bei Themen wie Klimawandel und politischer Transparenz, seine ÖVP bestimme stärker die Linie in der Wirtschafts- und Migrationspolitik. "Das hat diese Zusammenarbeit erst möglich gemacht."

Die deutschen Grünen sehen in dem österreichischen Regierungsbündnis eher kein Modell: Für Verwunderung sorgte in Berlin die Wiener Vereinbarung zu "koalitionsfreien Räumen" etwa für den Fall einer neuen Flüchtlingskrise. Die konservative ÖVP könnte ihren migrationskritischen Kurs dann auch ohne Zustimmung des grünen Koalitionspartners durchsetzen.

Schwierige Finanzverhandlungen in Brüssel

Merkel und Kurz kündigten mit Blick auf die anstehenden EU-Finanzverhandlungen ein hartes Ringen in Brüssel an. Die Bundeskanzlerin verwies darauf, dass der Beschluss zum nächsten siebenjährigen Finanzrahmen ab 2021 einstimmig fallen müsse. Dennoch sei am Ende Kompromissbereitschaft von allen Seiten gefragt. Es gebe nach dem Brexit mehr Forderungen an die Nettozahler, aber weniger Möglichkeiten. Kurz verwies darauf, dass sich die Nettozahler in der EU sehr eng koordinierten.

EU-Ratspräsident Charles Michel hat für den 20. Februar zu einem Sondergipfel über die Finanzen nach Brüssel geladen. Deutschland übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft, die Bundesregierung plädiert dafür, das Thema schon in der derzeitigen kroatischen EU-Ratspräsidentschaft zu lösen. Bei dem Finanzrahmen geht es um ein Volumen von rund einer Billion Euro.

Merkel für Seenotrettungsmission, Kurz dagegen

Unterschiedlicher Meinung waren Merkel und Kurz beim Thema Migration. "Deutschland könnte sich vorstellen, eine Wiederauflage auch einer Mission "Sophia" zu unterstützen", sagte die Kanzlerin und wies auf die Bedeutung eines Waffenembargos für das Bürgerkriegsland Libyen hin. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte sich im Januar für eine Rückkehr europäischer Marineschiffe in das Seegebiet ausgesprochen. Die 2015 gestartete EU-Mission "Sophia" hatte den Auftrag, Menschenschmuggler und Schleuser zu bekämpfen und beim Aufbau einer libyschen Küstenwache zu helfen. Die Schiffe wurden jedoch 2019 abgezogen. Bis dahin hatten sie fast 50.000 Migranten aus Seenot gerettet.

Aktuell seien in dem Gebiet sehr viele private Rettungsschiffe unterwegs, sagte Merkel. Da sei eine staatliche Mission, die auch das Thema Waffenschmuggel im Blick habe, doch besser.

Kurz sprach sich strikt dagegen aus. Er sagte, die Rettungsaktionen der Mission "Sophia" hätten in der Vergangenheit vor allem dazu geführt, dass "die Schlepper mehr verdient haben". Die Folge des Einsatzes seien mehr Bootsmigranten und mehr Tote auf dieser Route gewesen. Die Einhaltung des Waffenembargos für Libyen könne besser aus der Luft und zu gegebener Zeit auch an Land überwacht werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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