Konfrontation im Parlament Merkel: Müssen mehr Verantwortung in der Nato übernehmen
Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bedeutung der Nato betont und sieht Deutschland in der Verantwortung. "Europa kann sich zur Zeit alleine nicht verteidigen", sagte sie in der Generaldebatte des Bundestags.
Deswegen sei es richtig, dass Deutschland mehr für das Bündnis arbeite und mehr Verantwortung übernehme. Deutschland müsse sich für die Einheit der Nato einsetzen. Die Türkei sei zwar ein schwieriger Partner, müsse aber aus geostrategischen Gründen unbedingt in der Nato gehalten werden.
Die Kanzlerin sagte zu, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben weiter steigern wolle. Die Nato-Quote solle sich von 1,42 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr auf 1,5 Prozent bis 2024 und auf 2 Prozent Anfang der 30er Jahre erhöhen.
Merkel verteidigte die Klimapolitik ihrer Regierung. Diese habe ein "ambitioniertes Paket" vorgelegt. Die Kanzlerin sieht auch hier Deutschland in der Verantwortung: "Wer, wenn nicht wir, soll denn zeigen, dass es geht, dass man dem Klimawandel etwas entgegensetzen kann."
Mit den Ländern will Merkel eine möglichst schnelle Einigung über strittige Punkte des Klimaschutzprogramms. Sie hoffe, dass mit dem Bundesrat bis Jahresende Lösungen gefunden werden können, so die Kanzlerin. "Wir als Koalition jedenfalls sind dazu bereit." Der Bundesrat muss wichtigen Teilen des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung zustimmen.
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland erklärte die deutsche Energiewende dagegen für gescheitert. Die Energieversorgung sei nicht mehr gewährleistet, Stromausfälle drohten. Windkraftanlagen gefährdeten die Gesundheit der Bevölkerung, der "ökopopulistische Atomausstieg" habe sich als Irrweg erwiesen.
"Selbst wenn unser Land morgen zu existieren aufhörte, wären die Auswirkungen auf die Welttemperatur praktisch nicht nachweisbar", sagte Gauland. "Und dafür setzen Sie alles aufs Spiel, dafür machen Sie eine Energiewende und dafür ruinieren Sie unsere Autoindustrie und die Maschinenbauindustrie."
Merkel sprach sich für einen Fortbestand der großen Koalition bis zum Ende der Wahlperiode aus. Es sei sehr viel angefangen worden, vieles müsse aber noch weitergemacht werden, sagte sie. "Deshalb finde ich, wir sollten die Legislaturperiode lang weiterarbeiten, meine persönliche Meinung. Ich bin dabei."
Das Regierungsbündnis aus Union und SPD hatte sich in seiner Halbzeitbilanz zuletzt ein gutes Zeugnis ausgestellt - nach dem Motto: Viel erreicht und noch viel vor. Nicht nur die Opposition sieht das aber völlig anders.
Der Chef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte die Politik der großen Koalition heftig und forderte ein Ende des Regierungsbündnisses von Union und SPD. Die Politik der Koalition sei vielfach "grottenschlecht". "Eigentlich dürfte man die zweite Hälfte ihrer Spielzeit gar nicht mehr anpfeifen. Spielabbruch und neue Mannschaften wären das beste", sagte Bartsch.
Der Fraktionschef warf der Koalition eine Beschäftigung mit sich selbst, Handlungsunfähigkeit und falsche Prioritätensetzung bei den Staatsausgaben vor. Bartsch nannte den Streit in der Regierung über den Syrien-Vorstoß von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die lange Debatte über die Einführung einer Grundrente oder das Debakel mit der gescheiterten Pkw-Maut. Die Verteidigungsausgaben im Haushalt kritisierte er als zu hoch. "Deutschland braucht Wohnungen statt Waffen", sagte Bartsch.
Die FDP warf der großen Koalition Versagen in der Wirtschaftspolitik vor. "Diese Bundesregierung geht schlafwandlerisch auf eine drohende Wirtschaftskrise, schlafwandlerisch auf einen Wirtschaftsabsturz zu", sagte der Fraktionsvorsitzende Christian Lindner. Er warf Merkel vor, sich in ihrer Rede kaum zu diesem Thema geäußert zu haben. "Wer die Wirtschaft links liegen lässt, darf sich über Probleme von rechts irgendwann nicht wundern."
Lindner warf der Bundesregierung konkret vor, sich einseitig auf die Elektromobilität zu konzentrieren. Dies führe zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen in den Unternehmen, die auf Dieseltechnologie gesetzt hätten. Der FDP-Fraktionschef kritisierte auch die Wohnungspolitik der großen Koalition. Die Zahl der Baugenehmigungen sei eingebrochen. Die Wohnraumoffensive sei gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen habe.
Der Bundestag liefert sich in der Haushaltswoche am Mittwoch traditionell einen Schlagabtausch über die Politik der Bundesregierung. Anlass für die Generaldebatte ist der Einzeletat des Kanzleramts.