Wirtschaftliche Ursachen Deutsche Exporte nach Saudi-Arabien brechen ein
Berlin (dpa) - Die deutschen Exporte nach Saudi-Arabien könnten in diesem Jahr erstmals seit neun Jahren wieder unter die Marke von sechs Milliarden Euro sinken.
In den ersten sieben Monaten ging der Wert der Ausfuhren nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent zurück auf 3,1 Milliarden Euro. "Das ist ein Schlag ins Kontor des Geschäfts deutscher Unternehmen mit Saudi-Arabien", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der Deutschen Presse-Agentur.
Er führt den Einbruch aber nicht auf die politischen Spannungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien wegen der saudischen Beteiligung am Jemen-Krieg oder der Ermordung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi zurück. "Jetzt sind die Bremsspuren, die wir sehen, auf wirtschaftliche Ursachen zurückzuführen", sagte Treier. Dazu gehörten die schwache Weltkonjunktur, der damit einhergehende niedrige Ölpreis und die regionalen Spannungen - vor allem in der Straße von Hormus im Persischen Golf, wo mehrere Handelsschiffe angegriffen worden sind.
Die deutschen Ausfuhren nach Saudi-Arabien hatten 2015 mit 9,9 Milliarden Euro einen Höchststand erreicht. Seitdem geht es kontinuierlich bergab. Im vergangenen Jahr wurden nur noch Waren im Wert von 6,3 Milliarden Euro in den ölreichen Wüstenstaat ausgeführt. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft dafür aber noch politische Gründe mitverantwortlich gemacht. Weil der frühere Außenminister Sigmar Gabriel der saudischen Führung "Abenteurertum" vorgeworfen hatte, zog diese für zehn Monate den Botschafter aus Berlin ab und benachteiligte nach DIHK-Angaben auch deutsche Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen.
Das gibt es laut Treier jetzt nicht mehr. Auch der von der Bundesregierung nach der Ermordung Khashoggis im saudischen Generalkonsulat in Istanbul verhängte Rüstungsexportstopp wirkt sich nach seinen Angaben nicht auf andere Wirtschaftssparten aus. "Der Fall Khashoggi und die Konsequenzen daraus seitens der Bundesregierung sind nicht spürbar, sie haben nicht zu einer Diskriminierung deutscher Unternehmen insgesamt geführt", sagte Treier der dpa.
Union und SPD hatten sich bereits 2017 in ihrem Koalitionsvertrag auf einen teilweisen Rüstungsexportstopp für die "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligten Staaten verständigt, zu denen Saudi-Arabien zweifellos zählt. Das Königreich führt eine Allianz arabischer Staaten an, die im Jemen gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft.
Seit dem Mord an Khashoggi vor einem Jahr werden auch bereits genehmigte Exporte an Saudi-Arabien blockiert. Sowohl die saudische Seite als auch die deutschen Unternehmen hätten das aber bereits eingepreist, sagte Treier. Trotz des starken Rückgangs der Exporte nimmt der DIHK-Außenwirtschaftschef auch hoffnungsvolle Signale aus dem Königreich wahr. Die saudische Führung treibe Reformvorhaben aktuell stärker denn je voran, sagte er. In den Bereichen Spitzentechnologie und Tourismus würden sich dadurch neue Chancen für die deutsche Wirtschaft ergeben.
"Der Golfstaat möchte sich stärker öffnen und sein Image im Zuge der G20-Präsidentschaft im kommenden Jahr verbessern", sagte Treier. Saudi-Arabien übernimmt am 1. Dezember den Vorsitz in der Gruppe führender Wirtschaftsmächte. Im November 2020 findet der G20-Gipfel in der saudischen Hauptstadt Riad statt.