Konferenz in Berlin "Dürfen die Probleme des Balkans nicht in die EU importieren"
Die Krisen auf dem Balkan schwelen auch nach Jahren der Vermittlung weiter. Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron wollen Fortschritte. Doch es gibt Kritik.
Deutschland und Frankreich haben einen neuen Anlauf genommen, um Wege aus dem festgefahrenen Konflikt zwischen Serbien und der abtrünnigen Provinz Kosovo zu finden. Bei einem Treffen am Abend in Berlin wollten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit den Staats- und Regierungschefs von Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Slowenien sowie der für die Vermittlung im Kosovo-Konflikt zuständigen EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini Lösungsmöglichkeiten ausloten.
Nach Angaben einer Regierungssprecherin sollte das Treffen im Kanzleramt vorrangig dem Meinungsaustausch dienen. Für Merkel und Macron sei die Stabilität der Region von besonderer Bedeutung. Aus Élysée-Kreisen hieß es, Frankreich wolle in der Region wieder stärker Flagge zeigen. Historisch habe es ein enges Verhältnis mit Serbien.
"Gerne mit einem deutsch-französischen Motor"
FDP-Vize Alexander Graf Lambsdorff warnte unmittelbar vor dem Treffen, eine Aufnahme der Länder des Westbalkans in die EU würde keines der dort bestehenden Probleme lösen. "Wir dürfen die Probleme des Balkans nicht in die EU importieren." Erst müssten die Länder untereinander kooperieren, dann könne es eine europäische Perspektive geben.
Der SPD-Europapolitiker Knut Fleckenstein argumentierte: "Wir sind in Brüssel etwas ratlos, welches Ziel die Bundeskanzlerin mit der Balkan-Konferenz in Berlin verfolgt." Grundsätzlich sei es gut, "wenn die Kanzlerin die EU dabei unterstützt, den Versöhnungsprozess voranzubringen und den Ländern des westlichen Balkans eine Zukunftsperspektive zu bieten – gerne mit einem deutsch-französischen Motor, der für Antrieb sorgt." Allerdings erstaune der Zeitpunkt so kurz vor der Europawahl. "Vorherige Konsultationen wären sicher auch für sie hilfreich gewesen."
Der Präsident des Kosovos, Hashim Thaci, lehnt einen Landtausch mit Serbien strikt ab. "Ich werde niemals einem Austausch von Territorien zustimmen, ich treibe keinen Handel mit Territorien des kosovarischen Staatsgebiets", sagte Thaci vor dem Westbalkan-Treffen der dpa am Sonntag. Er sei allerdings für eine "Korrektur von Grenzen" und die Eingliederung mehrerer mehrheitlich albanisch bevölkerter serbischer Gemeinden in das Staatsgebiet des Kosovos. Serbien solle im Gegenzug dafür eine Perspektive für einen EU-Beitritt erhalten.
Aussöhnung zwischen Serbien und dem Kosovo
Lambsdorff hielt dagegen: "Ein kategorischer Ausschluss von Gebietsveränderungen ist in dieser Situation falsch." Allerdings dürften solche Schritte nicht von außen erzwungen werden.
Serbien führt seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können. Das fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo war früher eine serbische Provinz und hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien hat dies nie anerkannt und betrachtet seine ehemalige Provinz weiterhin als eigenes Staatsgebiet – obwohl mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, das Kosovo als Staat anerkennen.
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Der AfD-Bundestagsabgeordnete Siegbert Droese kritisierte, nur zwei Länder, Frankreich und Deutschland, verhandelten für 25 andere EU-Länder und das ganz ohne Auftrag. "Die EU muss erst ihre eigenen Probleme lösen. Das schafft Stabilität, aber keine abenteuerlichen Erweiterungspläne. Die Konferenz von Berlin wird jedenfalls dem Balkan nicht weiterhelfen."
- Nachrichtenagentur dpa