Nach Rodungsstopp Veranstalter: 50.000 Demo-Teilnehmer am Hambacher Forst
Kerpen (dpa) - Viele Tausend Menschen haben am Samstag den Rodungsstopp für den Hambacher Forst gefeiert und gleichzeitig für den Kohleausstieg demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 50.000 Teilnehmern, die Polizei - die meist niedriger schätzt - wollte keine Angaben machen.
"Es ist die mit Abstand größte Demo, die das Rheinische Braunkohlerevier je gesehen hat", sagte Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND Nordrhein-Westfalen. Bei strahlender Sonne herrschte auf den Äckern am Saum des Waldes bei Köln Festivalstimmung mit Reden und Live-Musik .
Die Aktivistengruppe "Ende Gelände" rief zum Bau neuer Baumhäuser im Hambacher Forst auf. Tausende strömten vom Demonstrationsgelände in den Wald, was seit dem Ende der Räumungsarbeiten wieder erlaubt ist. Der Bau neuer Baumhäuser ist dagegen verboten. Bis Dienstag hatte die Polizei mit Millionenaufwand 86 Baumhäuser abgebaut.
Etwa 100 Aktivisten drangen auch in den Tagebau vor. Der Energiekonzern RWE hielt daraufhin zu ihrem Schutz einen der riesigen Bagger an, die dort eingesetzt werden.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte am Freitag einen vorläufigen Rodungsstopp für den Hambacher Forst verfügt. RWE wollte in den kommenden Monaten mehr als die Hälfte des verbliebenen Waldes fällen, um dort Braunkohle abzubauen. Bei der Kundgebung wurde aber nicht nur für den Erhalt des 12.000 Jahre alten Waldes demonstriert, sondern auch für einen schnellen Kohleausstieg.
"Wir brauchen jetzt ein Kohleausstiegsgesetz", forderte die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock: "Da ist vor allem die Bundesregierung in der Pflicht. Lorenz Gösta Beutin, Energie- und Klimapolitiker der Linken im Bundestag, sagte: "Der Konflikt um den Hambacher Forst war das Fukushima der Kohlewirtschaft." Die vergangenen Wochen hätten das Bewusstsein der deutschen Gesellschaft für Klimaschutz geschärft: "In der Bevölkerung hat sich der Wind spürbar gedreht, eine Mehrheit will den schnellen Kohleausstieg."
Die Gerichtsentscheidung vom Freitag sei "Rückenwind für die Arbeit in der Kohlekommission", sagte auch Greenpeace-Chef Martin Kaiser, der selbst Mitglied der Kommission ist. "Wir haben in den letzten Wochen und Monaten einen friedlichen und bürgerlichen Protest gesehen, der immer, immer größer wurde." Dies habe einerseits an den Provokationen von RWE gelegen, aber auch am Verhalten der Politik. Die NRW-Landesregierung habe den Konflikt "eigentlich noch geschürt, anstatt ihn zu moderieren und eine tragfähige Lösung zu finden", sagte Kaiser der Deutschen Presse-Agentur.