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Björn Höcke vor Gericht: Viele Ermittlungen, bisher kein Urteil


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Die Strafakte Björn Höcke
Achtmal ermittelt, achtmal ist nichts passiert


18.04.2024Lesedauer: 5 Min.
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Björn Höcke am Landgericht Halle: Der AfD-Politiker steht trotz zahlreicher früherer Ermittlungen am Donnerstag erstmals vor Gericht. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)

Seit er für die AfD Politik macht, hatte Björn Höcke schon viel Kontakt mit der deutschen Justiz. Für einen Gerichtsprozess hat es nie gereicht – bis zum April 2024. Doch warum wurde gegen Höcke in der Vergangenheit ermittelt?

Für ihn ist es nur ein "Allerweltsspruch", für die deutsche Justiz hingegen könnte damit ein Straftatbestand erfüllt sein: Am Donnerstag muss sich Björn Höcke vor Gericht verantworten – zum ersten Mal trotz zuvor zahlreicher Ermittlungen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem thüringischen AfD-Landeschef vor, Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verwendet zu haben. In gleich zwei Reden soll er die verbotene Losung "Alles für Deutschland" der Sturmabteilung (SA), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, verwendet haben. Von den Auftritten gibt es Videomitschnitte.

Höcke steht also ab heute vor dem Landgericht im sachsen-anhaltinischen Halle an der Saale. Für den AfD-Politiker sind Ermittlungen der Justiz nichts Neues: Bereits acht Mal hat der Rechtsausschuss des thüringischen Landtags seine Immunität aufheben lassen, damit Staatsanwaltschaften gegen Höcke ermitteln können. Bisher blieben solche Untersuchungen stets folgenlos. Doch worum ging es in den Verfahren? t-online gibt einen Überblick.

Video | Björn Höcke vor Gericht – Prozessbeginn in Halle
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Quelle: reuters

2015: Ermittlungen wegen Betrugs

Im Jahr 2015 hebt der thüringische Landtag erstmals Höckes Immunität zeitweise auf. Der AfD-Fraktionsvorsitzende sitzt als Abgeordneter gerade erst rund ein Jahr im Landesparlament. Die Erfurter Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug vor: Höcke soll Scheingehälter für einen Wahlkreismitarbeiter abgerechnet haben. Der AfD-Politiker weist das als "frei erfunden" zurück. 2016 stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein.

2016: Ermittlungen wegen Volksverhetzung

Im selben Jahr kommt Höcke nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Halle (Saale) wegen Volksverhetzung ohne Prozess davon. Auf einer Tagung des rechtsextremen "Instituts für Staatspolitik" in Schnellroda (Sachsen-Anhalt) hatte Höcke von einem "lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp" gesprochen, es ging um das angebliche Fortpflanzungsverhalten von Menschen aus Europa und Afrika. Die Ermittlungen werden eingestellt, weil sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben habe.

2017: Höckes "Denkmal der Schande"-Rede

Die nächsten Ermittlungen lassen nicht lange auf sich warten. Schon ein Jahr später gibt Höcke der deutschen Justiz erneut Grund für ein Verfahren wegen Volksverhetzung: Wie so oft hatte er sich bei einer Rede vor der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) in Dresden doppeldeutig geäußert, das Holocaust-Mahnmal im Zentrum Berlins ein "Denkmal der Schande" genannt.

Ob er damals ein "schändliches Denkmal" oder ein "Denkmal zur Erinnerung an die Schande" meinte, war nicht vollständig klar. Höcke selbst gibt sich danach "erstaunt über die Berichterstattung zu dem Thema". In derselben Rede hatte er jedoch auch die deutsche Erinnerungskultur als "dämliche Bewältigungspolitik" bezeichnet und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" gefordert.

Die Staatsanwaltschaft Dresden nimmt infolgedessen Ermittlungen wegen Volksverhetzung auf. Und sogar die AfD prüft, ob ein Parteiausschluss möglich ist. Sowohl die sächsischen Strafverfolger als auch die in Teilen rechtsextremistische Partei kommen dann aber zum gleichen Schluss: Höckes Aussagen bleiben folgenlos.

2018: Vorwürfe des Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz

Nur ein Jahr später wird Höckes Justizakte um einen Eintrag reicher: Dieses Mal nimmt die Staatsanwaltschaft Chemnitz Ermittlungen gegen den AfD-Mann auf. Höcke soll gegen das Kunsturhebergesetz verstoßen haben. Anzeige stellen die Eltern einer damals 28-Jährigen, die im Sommer 2018 in Spanien von einem Marokkaner ermordet worden war. Sie wollen verhindern, dass der Tod ihrer Tochter von Rechtsextremen genutzt wird, um Stimmung gegen Geflüchtete zu machen.

Auf einem "Trauermarsch" von AfD und Pegida in Chemnitz hatten Teilnehmer unter anderem ihr Bild gezeigt. Höcke teilte eine Aufnahme der Demonstration auf Facebook, auf der auch ein Foto des Mordopfers zu sehen war. Abermals hebt der Thüringer Landtag die Immunität des Abgeordneten auf.

Im März 2019 stellt die Staatsanwaltschaft der sächsischen Stadt die Ermittlungen ein. Höcke sei weder Anmelder noch Versammlungsleiter des "Trauermarsches" gewesen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass er sich an der Herstellung und Verwendung des Bildes der ermordeten Frau beteiligt habe.

2020: Ermittlungen gegen Höcke in zwei Fällen

Im Jahr 2020 ermittelt die Staatsanwaltschaft Mühlhausen in gleich zwei Fällen gegen Björn Höcke. Im ersten Fall geht es um den Vorwurf der Volksverhetzung und Verleumdung. Höcke hatte auf sozialen Medien ein Foto der Seenotretterin Carola Rackete geteilt und es mit der Zeile "Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert" versehen. Der Verdacht: Der AfD-Politiker könnte damit Geflüchtete pauschal als Kriminelle stigmatisieren.

Im zweiten Fall geht es um den Verdacht auf üble Nachrede und wieder dreht er sich um einen Beitrag Höckes auf sozialen Medien. Dieser soll damals eine Frau auf Facebook als "Ex-Terroristin" bezeichnet haben, die Fremden dabei helfe, den Sozialstaat zu plündern.

Im Zuge der Ermittlungen wegen Volksverhetzung lässt die Staatsanwaltschaft Mühlhausen im Mai 2021 sogar Höckes Wohnsitz im Landkreis Eichsfeld durchsuchen. Die Ermittler versprechen sich davon Erkenntnisse zur Urheberschaft der Äußerungen gegen Rackete. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass der Straftatbestand erfüllt ist. Einen Beweis für die Urheberschaft kann sie aber nicht erbringen. Das Verfahren wird genauso wie das zweite eingestellt.

2023: Erneut Ermittlungen wegen Volksverhetzung – Anklage

Vor rund einem Jahr, im März 2023, hebt der Justizausschuss des Thüringer Landtags abermals Höckes Abgeordnetenimmunität auf. Wieder geht es um den Vorwurf der Volksverhetzung, wieder hatte Höcke kompromittierendes Material im Internet verbreitet. Auf dem Kurznachrichtendienst Telegram hatte der AfD-Mann sich über eine Gewalttat in Ludwigshafen im Jahr 2022 ausgelassen. Ein Somalier hatte zwei Männer erstochen und einen weiteren lebensgefährlich verletzt. Der Mann wird wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen, muss aber in die Psychiatrie.

Höcke schrieb nach der Tat auf Telegram: "Wahrscheinlich ist der Täter psychisch krank und leidet an jener unter Einwanderern weit verbreiteten Volkskrankheit, welche die Betroffenen 'Allahu Akbar' schreien lässt und deren Wahrnehmung so verzerrt, dass sie in den 'ungläubigen' Gastgebern lebensunwertes Leben sehen."

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Der AfD-Landeschef muss sich deshalb bald vor Gericht verantworten. Das Landgericht Mühlhausen hat die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen. Ein Termin steht noch nicht fest, doch noch im ersten Halbjahr 2024 könnte es zum Prozess kommen.

2024: Anklage wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen

Im April 2024 steht Höcke erstmals vor Gericht. Dem Thüringer Parteichef wird vorgeworfen, Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verwendet zu haben. Es geht um eine Rede im sachsen-anhaltinischen Merseburg im Jahr 2021, in der der 52-Jährige eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA) verwendet haben soll.

Außerdem wird dem Politiker vorgeworfen, die Losung im vergangenen Dezember bei einer Veranstaltung der AfD im thüringischen Gera verwendet zu haben. In Gera soll Höcke als Redner den Angaben zufolge den ersten Teil "Alles für" selbst gesprochen und das Publikum durch Gesten animiert haben, "Deutschland" zu rufen.

Höcke hatte seine Wortwahl zuvor unter anderem im TV-Duell mit dem CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt verteidigt. Er nannte die SA-Losung einen "Allerweltsspruch" und gab an, nicht gewusst zu haben, dass die paramilitärische Organisation der NSDAP die Parole für sich genutzt hatte. Höcke war früher als Geschichtslehrer tätig.

Kurz vor Beginn des Prozesses ist der Umfang der Anklage verändert worden. Die Kammer habe beschlossen, die Anklagepunkte zum Verwenden der verbotenen Parole "Alles für Deutschland" in Gera wieder von dem Fall in Merseburg abzutrennen, sagte Gerichtssprecherin Adina Kessler-Jensch am Donnerstagmorgen in Halle. Grund dafür sei, dass die Verteidiger von Höcke kurzfristig gewechselt haben. Ob Höcke überhaupt verurteilt wird, ist noch unklar. Es sind vier Verhandlungstage angesetzt.

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