Finanzen Heizen, Tanken, Strom: Was die Haushaltseinigung bedeutet
Nach nervenaufreibenden Haushaltsverhandlungen hat sich die Ampel-Koalition zusammengerauft. Sie kürzt und spart an zig Stellen im Etat für 2024. Das bringt für manche auch Belastungen.
Für viele Bürger und Unternehmen sind die Ampel-Beschlüsse kurz vor Weihnachten keine schöne Bescherung: Die Koalition musste nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts Milliarden zusammenkratzen, um Löcher zu stopfen. Zwar bleiben große Kürzungen vor allem im Sozialetat aus. Zugleich aber wird es wohl spürbare Belastungen unter anderem beim Tanken und beim Strom geben.
Die Koalitionäre mussten allein im Kernhaushalt für das kommende Jahr 17 Milliarden Euro zusammenkriegen, im Sonderfonds für Investitionen in Klimaschutz und eine moderne Wirtschaft noch einmal 12 Milliarden. Hier geht es auch Förderprogrammen an den Kragen, denn bis 2027 werden Ausgaben von 45 Milliarden gestrichen. Eine genaue Streichliste legte die Ampel nicht vor, doch einiges drang schon durch.
Die oppositionelle Union sprach von "massiven Abgabenerhöhungen zu Lasten der Bürger und der Wirtschaft". Im Finanzministerium dagegen weist man darauf hin, dass die Bürger ab Jahresbeginn über die Einkommensteuer parallel um 15 Milliarden Euro entlastet würden. Der Subventionsabbau diene zudem dem Ziel, die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe zu senken. Was die Einigung für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet:
Tanken und Heizen werden teurer
Der CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien soll angehoben werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagten, man kehre auf den alten Preispfad der großen Koalition zurück.
Das bedeutet, der CO2-Preis steigt zum 1. Januar 2024 nicht wie bisher geplant auf 40 Euro pro Tonne - sondern auf 45 Euro. Derzeit liegt er bei 30 Euro. Eine Erhöhung des CO2-Preises schon ab Anfang 2023 hatte die Koalition wegen der Energiekrise verschoben - und war damit vom Preispfad der Vorgängerregierung aus Union und SPD abgewichen.
2025 soll der CO2-Preis dann auf 55 Euro steigen. Die Einnahmen daraus fließen in den Klima- und Transformationsfonds, aus dem Projekte unter anderem für Klimaschutz finanziert werden. Genau diesem Fonds hatte das Bundesverfassungsgericht Mitte November 60 Milliarden Euro gestrichen. Durch den höheren Preis gibt es nun also Mehreinnahmen.
Nach Angaben des ADAC müssen Nutzer von Benzin-Pkw durch den schnelleren Anstieg mit Zusatzkosten von 1,4 Cent pro Liter rechnen. Insgesamt werde der Liter Benzin damit zum Jahreswechsel rechnerisch um rund 4,3 Cent teurer. Diesel-Fahrer müssten mit zusätzlichen 1,6 Cent gegenüber den ursprünglichen Planungen rechnen, so dass sich der Liter Diesel um rund 4,7 Cent verteuern dürfte.
Gas verteuert sich nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox um 0,39 Cent die Kilowattstunde, Heizöl um 4,8 Cent pro Liter. Eine Musterfamilie mit einem Heizbedarf von 20 000 Kilowattstunden habe dadurch jährliche Mehrkosten von 78 Euro beim Gas und 96 Euro bei einer Ölheizung.
Strompreise steigen
Verbraucher und Firmen müssen sich außerdem auf höhere Strompreise einstellen. Der Grund: Ein eigentlich geplanter 5,5 Milliarden schwerer Bundeszuschuss zu den Entgelten für das Stromnetz wird gestrichen. Die Netzentgelte für die Stromautobahnen sind ein Bestandteil des Strompreises. Wie die Übertragungsnetzbetreiber mitteilten, verdoppeln sich nun die Netzentgelte für 2024 auf im Mittel 6,43 Cent pro Kilowattstunde.
Das Unternehmen 50Hertz, ein Betreiber der Stromautobahnen, schätzt, dass das für einen Haushaltskunden mit durchschnittlichem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden im Jahr Mehrkosten von rund 60 Euro bedeutet. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer kritisierte, auch der Wirtschaft drohten in der gesamten Breite zum Jahreswechsel deutlich steigende Strompreise. Vor allem für große Industrieunternehmen gibt es aber deutlich reduzierte Netzentgelte.
Die Koalition hält außerdem an der geplanten Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe fest. Die staatlichen Gas- und Strompreisbremsen dagegen laufen infolge des Urteils bereits Ende des Jahres aus und nicht wie eigentlich geplant Ende März.
Förderung von Elektroautos läuft früher aus
Bei der staatlichen Förderung von E-Autos ist es bereits zu Kürzungen gekommen, weitere sind geplant. Laut Habeck will die Koalition die Umweltprämie früher beenden als bisher geplant. Vorgesehen war das Ende der Kaufprämien für E-Autos eigentlich für 2025. Wann nun Schluss ist, blieb zunächst offen. Bereits gestellte Anträge dürfte das aber nicht betreffen.
Plastikprodukte könnten teuer werden
Auch aus Plastik hergestellte Produkte könnten teurer werden, denn die Hersteller sollen künftig eine Plastikabgabe an die EU selbst zahlen, die bisher aus Steuermitteln überwiesen wird. Es geht um 1,4 Milliarden Euro. Die Zusatzkosten könnten die Hersteller an die Endverbraucher weitergeben.
Im Finanzministerium wird betont, es handele sich eigentlich um eine Entlastung der Steuerzahler - denn sie müssten die Abgabe über ihre Steuern jetzt nicht mehr selbst finanzieren.
Innerdeutsche Flüge könnten teurer werden
Auch eine geltende Steuerbefreiung für Kerosin gilt vielen Umweltverbänden seit langem als klimaschädliche Subvention. Aus Kreisen des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums hieß es nun: "Unter anderem werden wir Kerosin im nationalen Luftverkehr zukünftig besteuern." Das stärke den Klimaschutz. Möglich wäre das dem Vernehmen nach nur für innerdeutsche Flüge - und es könnte sich auf die Flugpreise auswirken. Das letzte Wort scheint dazu in der Koalition aber noch nicht gesprochen.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft kritisierte: "Bereits heute hängt Deutschland in der Wiederbelebung des Luftverkehrs seit der Pandemie deutlich hinter fast allen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern zurück." In dieser Situation mit einem nationalen Alleingang den Zubringerverkehr zu deutschen Drehkreuzen zu verteuern, sei keine gute Idee. Es verschiebe Verkehr ins europäische und internationale Ausland.
Steuervergünstigen für Bauern sollen wegfallen
Kürzen will die Ampel auch bei Steuervergünstigungen für Land- und Forstwirte. Aktuell können sich solche Betriebe einen Teil der für ihren Kraftstoffverbrauch gezahlten Energiesteuer auf Antrag zurückerstatten lassen. Außerdem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit.
Agrarminister Cem Özdemir meldete Bedenken gegen mögliche weitgehende Einsparungen an. Er habe immer davor gewarnt, die Landwirtschaft überproportional zu belasten, sagte der Grünen-Politiker. "Wenn sowohl Agrardieselbeihilfe als auch Kfz-Steuer-Befreiung gestrichen werden, ist dies der Fall. Das halte ich für problematisch." Dies wäre ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern, die vergleichbare Subventionierungen anböten.
Woran nicht gerüttelt wird
Viele hatten während der Verhandlungen vor allem Kürzungen im Sozialbereich befürchtet. Doch diese bleiben nun weitgehend aus. Die Kindergrundsicherung soll 2025 wie geplant starten. Auch das Bürgergeld wird zum Jahreswechsel wie geplant erhöht. Gestrichen wird hier dem Vernehmen nach allerdings ein Bonus. Es geht um monatlich 75 Euro für diejenigen, die an Maßnahmen teilnehmen, die besonders dabei unterstützen, langfristig zurück in den Job zu finden.
Auch einige von Umweltverbänden als klimaschädlich eingestufte Subventionen bleiben bestehen. Darunter sind zum Beispiel der Steuervorteil für Diesel-Kraftstoff und die Dienstwagenpauschale, die aus Sicht von Kritikern den Verkauf großer Verbrennerautos fördert und oberen Einkommensgruppen zugutekommt. Auch an der Pendlerpauschale wird nicht gerüttelt.
Ihren mühsam ausgehandelten Kompromiss beim Heizungsgesetz tastet die Koalition in den Grundzügen ebenfalls nicht mehr an - ein sogenannter Geschwindigkeitsbonus beim Einbau einer neuen klimafreundlichen Heizung soll aber nicht ganz so hoch ausfallen wie geplant. Trotz der Haushaltskrise hält die Ampel auch an Milliardenzuschüssen für Industrieprojekte in Ostdeutschland fest, darunter die Chipfabriken von Intel bei Magdeburg und von TSMC bei Dresden.
- Nachrichtenagentur dpa