Migrationspolitik Scharfe Kritik an Scholz-Witz: "Zum Fremdschämen"
Die geplante Asylreform der EU ist selbst in den Regierungsparteien umstritten. Scholz wollte sie verteidigen – und erntet scharfe Kritik für einen Witz.
Olaf Scholz (SPD) hat mit einem Witz über Migrationspolitik scharfe Kritik ausgelöst. Auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg sagte der Bundeskanzler: "Deutschland muss einen großen Strand am Mittelmeer haben." Es kämen mehr Geflüchtete in Deutschland an, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, als in den Staaten, die an das Mittelmeer grenzen, führte der Kanzler fort. Diesen Witz habe er schon beim Europäischen Rat gemacht, so Scholz.
Die Hilfsorganisation "Sea Watch" kritisierte die Aussagen auf Twitter scharf. Es gebe allein 2023 über 1.150 Tote im Mittelmeer und was Scholz dazu einfällt, sei ein schlechter Witz. "Wer darüber lachen kann, sollte keinen Staat regieren", schrieb die Organisation.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Auch aus der Politik kam Gegenwind. SPD-Mitglied Lilly Blaudszun twitterte: "So sollte ein sozialdemokratischer Bundeskanzler niemals über Menschen sprechen." Laut dem stellvertretenden Parteivorsitzenden der Linken, Lorenz Gösta-Beutin, ist es "eine Schande, dass er Bundeskanzler werden konnte". CDU-Politiker Matthias Hauer fand es "zum Fremdschämen, worüber Olaf Scholz so Witze macht".
Scholz verteidigt umstrittene Pläne
Scholz verteidigte die geplante Reform der europäischen Asylregeln auf dem Kirchentag. Es müsse aufhören, dass Länder mit dem Finger auf andere zeigten und sich nicht zuständig fühlten. "Deshalb ist die Verabredung, dass wir einen Solidaritätsmechanismus etablieren", sagte der Bundeskanzler.
Die EU-Innenminister hatten am Donnerstag in Luxemburg mehrheitlich für eine umfassende Reform gestimmt. So sollen zum Beispiel ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern nach dem Grenzübertritt in haftähnlich kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort soll innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob ein Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Änderungen sind noch möglich
Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren ausgenommen werden. Um den Durchbruch zu ermöglichen, musste sie letztlich akzeptieren, dass dies doch möglich war. Denkbar ist aber, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt.
Scholz sagte, es müsse "endlich, endlich" ein solidarisches System der Verteilung von Flüchtlingen in Europa etabliert werden. Er versprach zügigere Asylverfahren und mehr Digitalisierung bei den Abläufen. Man müsse es "fertigbringen", jemanden zurückzuschicken, der nicht in Europa bleiben könne.
- twitter.com: Beitrag von @LillyBlaudszun
- twitter.com: Beitrag von @seawatchcrew
- twitter.com: Beitrag von @lgbeutin
- twitter.com: Beitrag von @MatthiasHauer
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa