Ampelstreit um Heizungsgesetz Mützenich wettert gegen FDP: "Das nervt mich"
Angespannte Stimmung in der Koalition: Die FDP blockiert weiter das neue Heizungsgesetz. Die SPD erhöht den Druck.
Das geplante Heizungsgesetz stößt in der Regierungskoalition weiterhin Streitigkeiten an. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kritisierte das aus seiner Sicht bremsende Verhalten des Koalitionspartners FDP: "Das bedauere ich, und das nervt mich auch", sagte er am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Es bringe stundenlange Diskussionen nicht nur zwischen den Fachabgeordneten mit sich, "sondern es nervt auch die Fraktionsspitzen".
Die Koalition wollte den Gesetzentwurf zu den Plänen zum Austausch alter Öl- und Gasheizungen ursprünglich in dieser Woche im Bundestag einbringen. Die Freidemokraten jedoch verzögern den Prozess und begründen dies mit den Personalverwerfungen im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne), die aus Sicht der Liberalen die Beratungen über das Gesetz erschweren.
"Wir sind in einer Koalition"
Nach dem vom Bundeskabinett bereits beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer bis zum Alter von 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben, kaputte repariert werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaftsministerium durch Förderung sozial abgefedert werden – die Details dazu sind aber umstritten.
Eigentlich hatte sich die Ampelregierung nach langen Diskussionen darauf geeinigt, das Vorhaben noch vor der Sommerpause durch den Bundestag zu bringen. Das Gesetz gilt als wichtiger Baustein des Vorhabens, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen.
Die FDP habe nun 24 Stunden Zeit, der ersten Lesung des Gesetzes zuzustimmen, sagte Mützenich und forderte weiter: "Die FDP muss in der Lage sein, auch zu belastbaren Beratungen im Deutschen Bundestag zu kommen. Das kann man nicht außerparlamentarisch machen. Wir sind in einer Koalition."
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"Wir plädieren dafür, jetzt den Druck rauszunehmen"
Der Koalitionspartner wies die Kritik zurück: Teile der SPD wollten scheinbar "ein handwerklich schlechtes Gesetz" schnell durch das Parlament bringen, um davon abzulenken, dass sie in der Vergangenheit selbst zu wenig getan habe, sagte der FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist im Interesse von allen in dieser Koalition, ein gutes Gesetz auf den Weg zu bringen, das Menschen und Betriebe nicht überfordert – auch wenn das etwas länger dauert."
Auch der Deutsche Verband für Wohnungswesen und Städtebau befürwortet einen weniger ambitionierten Zeitplan. "Wir plädieren dafür, jetzt den Druck rauszunehmen", sagte Verbandspräsident Mike Groschek der Zeitung "Neue Westfälische" (Montag). "Das 65-Prozent-Ziel kann nicht sozialverträglich ab 2024 realisiert werden. Es sollte in unseren Augen frühestens 2025 kommen." Groschek war in Nordrhein-Westfalen einige Jahre lang Bauminister und zeitweise Vorsitzender der Landes-SPD.
SPD-Co-Chefin Saskia Esken sprach sich gegen eine Verzögerung aus. "Wenn wir klimaneutral werden wollen, und das müssen wir ja, dann muss die Wärmewende jetzt eingeleitet werden, auch ambitioniert eingeleitet werden", sagte Esken dem Fernsehsender Phoenix.
"Beim Verkehr sind wir ganz schlecht"
Der Klimaforscher Mojib Latif warnte, wenn das Gebäudeenergiegesetz verschoben würde oder gar nicht komme, dann laufe Deutschland Gefahr, seine Klimaziele "krachend" zu verfehlen. "Das wäre ein Desaster für die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf der internationalen Bühne."
Latif kritisierte an der Debatte über das Gebäudeenergiegesetz, dass Ängste der Bevölkerung vor finanzieller Überforderung "teilweise bewusst geschürt oder existierende Ängste nur benutzt" würden, um die Wärmewende zu blockieren. "Aus meiner Sicht versuchen manche Politiker, die Geschichte um den inzwischen abgelösten Staatssekretär Patrick Graichen zu nutzen, um die gesamte Wärmewende auszuhebeln", sagte Latif dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montagsausgabe).
"Daran, welche Parteien sich an diesen Versuchen beteiligen, sieht man auch, wem Klimaschutz am Herzen liegt und wem nicht", fuhr Latif fort. Viele Menschen hätten den Eindruck, "dass es letzten Endes nicht um die Sache geht, sondern um Parteipolitik".
Bei der Reduktion der CO2-Emissionen und beim Umstieg auf erneuerbare Energien gehe es um drei Bereiche: Strom, Wärme und Verkehr. "Beim Strom sind wir gut. Bei der Wärme sind wir nicht so gut. Und beim Verkehr sind wir ganz schlecht", fasste Latif zusammen. "Deshalb müssen wir gerade die Bereiche Wärme und Verkehr angehen." Wenn sich die Bundestagsparteien "in dieser Art und Weise" stritten, "dann kommen wir nur in Trippelschritten weiter und werden unsere Klimaziele nicht erreichen".
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP