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Bundesregierung reformiert Einwanderungsrecht: Ausländer rein!


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Reform des Einwanderungsrechts
Ausländer rein!

MeinungVon Miriam Hollstein

29.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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Eine dunkelhäutige Frau arbeitet in einem Lager (Symbolbild): Deutschland braucht Zuwanderung von Fachkräften. (Quelle: Vichaya Kiatying-Angsulee/dpa)
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Die Bundesregierung reformiert das Einwanderungsrecht, um mehr Fachkräfte nach Deutschland zu locken. Das ist ein wichtiger Schritt. Doch er reicht nicht aus.

Erinnern Sie sich noch an die Süssmuth-Kommission? 23 Jahre ist es her, dass der damalige Innenminister Otto Schily dieses Gremium unter Leitung der CDU-Politikerin Rita Süssmuth damit beauftragte, Vorschläge für eine gesteuerte Zuwanderung zu machen. Damals waren in Deutschland mit 3,9 Millionen Menschen deutlich mehr arbeitslos als heute (2,6 Millionen). Aber schon damals wurde spürbar, dass es an Fachkräften mangelte.

Die Süssmuth-Kommission machte viele Vorschläge, von denen einige auch übernommen wurden. Der warnende Appell des Abschlussberichts aber verhallte ungehört: "Deutschland ist faktisch ein Einwanderungsland." Das Land brauche eine dauerhafte, gesteuerte Zuwanderung.

Am Mittwoch hat das Kabinett eine Reform des Einwanderungsrechts beschlossen, die endlich in diese Richtung geht. Für ausländische Fachkräfte soll es deutlich leichter werden, nach Deutschland zu kommen. Es wird eine "Chancenkarte" nach dem Vorbild des kanadischen Punktesystems geben: Wer bestimmte Kriterien erfüllt, kann auch von außerhalb der EU nach Deutschland kommen und sich hier einen Job suchen. Der Nachzug von Familien wird erleichtert, Berufsabschlüsse können auch nachträglich anerkannt werden.

Das ist ein wichtiger Schritt. Aber er reicht nicht. Ein Vierteljahrhundert hat Deutschland quasi verloren, weil es sich weigerte, zu akzeptieren, dass es ein Einwanderungsland ist. Mehr noch: Weil es Zuwanderung dringend braucht, wenn es seinen Wohlstand künftig erhalten will. Denn das, was sich zu Zeiten der Süssmuth-Kommission noch zart abzeichnete, ist inzwischen in vielen Branchen bittere Realität. So fehlen Pflegekräfte, Handwerker, IT-Spezialisten. Arztpraxen werben sich gegenseitig mit Geldprämien die Schwestern ab oder suchen in fern entlegenen Ländern nach Pflegekräften, weil sonst der Betrieb zusammenbrechen würde. Längst reichen die Arbeitskräfte, die aus den europäischen Nachbarländern kommen, nicht mehr aus, um die Lücken zu stopfen.

Nicht nur in "Ausländer raus"-Kategorien denken

Bis zu sieben Millionen Fachkräfte könnten bis 2035, also in nur zwölf Jahren, fehlen, so die Prognosen. Dann sind die geburtenstarken Boomer-Jahrgänge in Rente, die hohe Ansprüche, aber wenig Kinder haben.

Trotzdem ist der Fakt, dass wir umdenken müssen, bei vielen Menschen noch nicht angekommen. Zum Thema Zuwanderung fällt ihnen – oft ausschließlich – das Stichwort "Flüchtlinge" ein.

Richtig ist: Die Kommunen sind derzeit von der hohen Zahl der Flüchtlinge völlig überfordert. Die Tatsache, dass straffällig gewordene Flüchtlinge oft nur sehr langsam oder gar nicht abgeschoben werden, sorgt für viel Verdruss. Deutschland muss klare Regeln haben und diese vor allem auch konsequent umsetzen. Wer abschiebt, ist kein Rassist, sondern handelt im Sinne von Sicherheit und gesellschaftlichem Frieden.

Richtig ist aber auch: Wir müssen aufhören, nur in "Ausländer raus"-Kategorien zu denken. Stattdessen sollten wir endlich anfangen, uns über "Ausländer rein" Gedanken zu machen – also darüber, welche Zuwanderer wir hier haben wollen, wie wir sie überzeugen können, zu uns zu kommen, und was wir dann dafür tun können, dass sie sich hier wohlfühlen und bleiben wollen. Dazu wird das Angebot einer beschleunigten Staatsbürgerschaft, aber auch ein völlig anderes gesellschaftliches Klima gehören. Wer eine dunkle Hautfarbe hat, darf sich an keinem Ort Deutschlands bedroht fühlen.

Wer keine Zuwanderung will, darf später nicht jammern

Natürlich kann man auch weiter auf dem Standpunkt stehen, dass man keine Fremden im Land haben will. Aber dann sollte man im Alter auch nicht jammern, wenn im Pflegeheim niemand mehr ist, der einen versorgt, weil es nicht genügend Pflegekräfte gibt. Man sollte sich nicht beklagen, dass die Rente nicht mehr sicher ist, weil dann niemand mehr da ist, der mit seiner Arbeitskraft die Beiträge finanzieren könnte. Und man sollte sich auch nicht wundern, dass Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig ist, weil alle hoch ausgebildeten Spezialisten sich für andere Länder entschieden haben.

23 Jahre ist es auch her, dass der nordrhein-westfälische CDU-Politiker Jürgen Rüttgers im Wahlkampf mit dem Slogan "Kinder statt Inder" antrat. Es müsse mehr für die Förderung des deutschen Nachwuchses getan werden, als nun auch noch IT-Spezialisten aus Indien anzuwerben. Rüttgers wurde Ministerpräsident, die Geburtenrate in Deutschland sank weiter und die indischen IT-Experten sind inzwischen in Kanada. Solche Fehler sollten wir nie wieder begehen. Im eigenen Interesse.

Verwendete Quellen
  • Bundesregierung: Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf einen Blick (https://www.make-it-in-germany.com/de/visum-aufenthalt/fachkraefteeinwanderungsgesetz)
  • Eigene Recherchen
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