Nach Konflikt mit Studentin Kieler Universität verbietet Vollverschleierung
Vollverschleierung ist im Hörsaal der Kieler Universität künftig tabu. Der Nikab einer Studentin hatte für Diskussionen gesorgt. Auf dem Campus gilt das Verbot nicht.
Die Kieler Christian-Albrechts-Universität hat nach einem Konflikt mit einer muslimischen Studentin eine Vollverschleierung des Gesichts in Lehrveranstaltungen verboten. Die deutsche Studentin der Ernährungswissenschaften konvertierte zum Islam und besuchte im Nikab ein Tutorium zu einer Botanik-Vorlesung. Der Dozent wollte nicht, dass eine seiner Studentinnen so seinen Unterricht besuchte und meldete den Vorfall der Hochschulleitung.
Die verbot daraufhin die Vollverschleierung in den Universitäts-Gebäuden. "Auf dem Campus könnten Studierende aber eine Burka oder ein Nikab, die nur einen Augenschlitz zulässt, tragen", erklärte Uni-Sprecher Boris Pawlowski.
Bildungsministerin Karin Prien aus Schleswig-Holstein begrüßt den Beschluss und kündigt ebenfalls bis zum Sommer 2020 ein Verbot an Schulen an. Es gebe "keinen aktuellen Fall", bisherige Einzelfälle seien schulintern einvernehmlich geregelt worden.
"Die Entscheidung der Universität ist ein Fehler"
Das Verbot in Kiel hat das Uni-Präsidium am 29. Januar erlassen: "Es soll dafür Sorge tragen, dass die Mindestvoraussetzungen für die zu Erfüllung universitärer Aufgaben erforderliche Kommunikation in Forschung, Lehre und Verwaltung sichergestellt sind." Und weiter: "Dazu gehört die offene Kommunikation, welche auch auf Mimik und Gestik beruht." Aus diesem Grund dürfe ein Gesichtsschleier "in Lehrveranstaltungen, Prüfungen und Gesprächen, die sich auf Studium, Lehre und Beratung im weitesten Sinne beziehen, nicht getragen werden".
In der Jamaika-Koalition des Landes zeigte sich aber ein Riss nach dem Vorstoß der Ministerin. Während CDU und FDP das Verbot an der Uni und Priens Initiative unterstützen, gehen die Grünen auf Distanz. Der Grüne-Abgeordnete Lasse Petersdotter gibt an: "Die Entscheidung der Universität ist ein Fehler. Dozierende und Professoren sind weder in der Lage noch beauftragt, die Mimik und Gestik der Studierenden zu bewerten."
Universität Gießen hat auch ein Nikab-Verbot
Uni-Sprecher Pawlowski räumt ein, dass das Vollverschleierungsverbot nichts Neues sei. Die Universität Gießen hat schon vor einigen Jahren ein solches Verbot erlassen. Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages von 2014 bewertete eine Verankerung eines Verschleierungsverbots im Grundgesetz als nicht unproblematisch. Aber es verwies auf andere Möglichkeiten: In Betracht kommen demnach etwa ein Verbot der Gesichtsverschleierung in öffentlichen Gebäuden, bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes sowie bei Schülerinnen.
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Sprecher der Kultusministerkonferenz (KMK) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) konnten zunächst nicht sagen, in wie vielen Schulgesetzen der Länder Vollverschleierungen verboten sind beziehungsweise von wie vielen Hochschulen in Deutschland.
Ein Sprecher des Zentralrats der Muslime (ZMD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, in Deutschland seien kaum vollverschleierte Frauen unterwegs. Daher sei ein offizielles Verbot unnötig.
- Nachrichtenagentur dpa