Kohleausstieg in Deutschland Bund und Länder wollen zügig Plan für Strukturwandel
Deutschland steht eine große Herausforderung bevor: es braucht Antworten nach dem Kohlekompromiss – die Politik ist in der Pflicht. Bis Mai will Bundeskanzlerin Merkel ein neues Gesetz erarbeiten.
Bund und Länder wollen beim geplanten Kohleausstieg zügig einen Fahrplan für den milliardenteuren Strukturwandel erarbeiten. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte bis zum Mai ein Gesetz über Maßnahmen in den betroffenen Regionen an. Dazu habe sich die Bundesregierung verpflichtet, sagte sie nach einer Konferenz mit den Regierungschefs der 16 Bundesländer am Donnerstag in Berlin. Die Länder wollten zudem ein Gesetz, um Planungen zu beschleunigen. "Beides werden wir in Angriff nehmen."
Bei dem Maßnahmengesetz geht es zum Beispiel um Investitionen in die Infrastruktur, Investitionsanreize für Unternehmen und die Ansiedlung von Bundesbehörden in den Kohleregionen.
Merkel bezeichnete den Kohleausstieg als eine riesige Aufgabe. Die Bundesregierung werde die damit verbundenen Kosten sehr sorgfältig prüfen. Der breite Konsens in der von der Regierung eingesetzten Kohlekommission zeige aber eine "gesamtgesellschaftliche Verantwortung", sagte die CDU-Politikerin. Dieser wolle die Bundesregierung nachkommen. Eine "sehr große Aufgabe" sei der Ausbau der Stromnetze im Zuge der Energiewende. Der Netzausbau kommt bisher nicht voran.
Spitzentreffen im Kanzleramt
Merkel und die Regierungschefs der vier Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg sowie mehrere Bundesminister wollten am Abend noch über die Empfehlungen der von der Regierung eingesetzten Kohlekommission beraten. Auch Vertreter der Kohlekommission wurden erwartet. Bei dem Treffen im Kanzleramt gehe es vor allem um einen Zeitplan, wie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Deutschlandfunk sagte.
Die von der Regierung eingesetzte Kommission hatte nach langen Verhandlungen ein Konzept für einen Ausstieg aus der Kohle-Verstromung bis spätestens 2038 vorgelegt. Dieses sieht unter anderem 40 Milliarden Euro Strukturhilfen aus dem Staatshaushalt für den Strukturwandel vor. Vor allem in der Lausitz, im Mitteldeutschen sowie im Rheinischen Revier hängen noch tausende Jobs an der Kohle.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte vor einer Betriebsversammlung des Bergbau- und Energieunternehmens Leag in Cottbus mit Blick auf Maßnahmen zum Strukturwandel: "Jetzt ist die Zeit, schnell in die Gänge zu kommen, um die vereinbarten Dinge zu verwirklichen." Der Region und den Arbeitnehmern könne damit Sicherheit geboten werden.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte mitgeteilt, der Abschlussbericht der Kohlekommission werde nun "im Detail und sorgfältig" ausgewertet, die zuständigen Ministerien nähmen im Februar erste Bewertungen vor. Dann gebe es Gespräche mit Ländern und Energieunternehmen.
Scholz: Brauchen konkrete Projekte
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte dem "Handelsblatt", Strukturhilfen müssten aus den laufenden Etats der Bundesministerien geleistet werden. "In den Haushalten haben wir hohe Investitionsmittel vorgesehen, die sich beispielsweise in den Etats des Verkehrs-, des Wirtschafts-, des Wissenschafts- oder des Bauministeriums befinden." Scholz warnte davor, "dass nur irgendwelche Summen aufgerufen werden, ohne dass dahinter konkrete Projekte stehen".
Der Präsident des Umweltverbands BUND, Hubert Weiger, forderte, auch ein Gesetz für den Kohleausstieg in Eckpunkten bis März vorzulegen. "Die vorgeschlagenen Hilfen für die Reviere müssen klar an Klimaschutz geknüpft sein", teilte er mit.
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Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD) wiesen in einem Brief an Merkel darauf hin, dass die Stilllegung von Steinkohlekraftwerken schwerwiegende wirtschaftliche Folgen auch für das Saarland haben könnte. Das Schreiben lag dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND/Freitag) vor. "Wir werden gegenüber der Bundesregierung konkrete Strukturhilfen für unser Bundesland einfordern", kündigte Rehlinger an.
Wirtschafts-Staatssekretär Oliver Wittke (CDU) sagte im Bundestag zu den bevorstehenden Gesprächen mit den Ländern: "Einfach nur Geld zu überweisen, wird zu wenig sein." Das Geld müsse zielgerichtet eingesetzt werden.
- Nachrichtenagentur dpa