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Hambacher Forst: Polizei kontrolliert vermummten Sechsjährigen


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Hambacher Forst
Polizei kontrolliert vermummten Sechsjährigen


Aktualisiert am 26.09.2018Lesedauer: 4 Min.
Gestellt: Max (6), zwischenzeitlich vermummt.Vergrößern des Bildes
Gestellt: Max (6), zwischenzeitlich vermummt. (Quelle: Theo Heyen)

Hat die Polizei Personalien aufgenommen, weil ein Sechsjähriger im Hambacher Forst einen Schal vor dem Gesicht hatte? Ja, sagen Zeugen. Die Polizei stellt es anders dar.

Max ist sechs und will später einmal Polizist bei einem SEK werden. Im Hambacher Forst hat er einen Polizeieinsatz in eigener Sache erlebt – angeblich wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot. So erzählen es seine Mutter und ein Journalist, der Zeuge war. Die Polizei Aachen bestreitet das und erklärt es mit Sorge um das Kind: Drei Tage im Wald, dazu barfuß – das sei ein Falls fürs Jugendamt.

Polizisten mit Sturmhauben nachgeahmt?

Es gibt Bilder, die zeigen Max mit einem hoch ins Gesicht gezogenen Schal im Hambacher Forst, wo Demonstranten gegen die Räumung und die Braunkohle-Pläne von RWE protestieren. Vielleicht hat Max Polizisten nachgeahmt, die dort zum Teil Sturmhauben tragen. Er hat auch eine Polizeimütze und spielt mit Playmobilpolizisten, wie Fotos der Mutter im Internet zeigen.

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Das Halstuch über dem Gesicht sei dann das Problem für Bereitschaftspolizisten gewesen. Die Polizisten hätten von Beweisvideos gesprochen, dass Max häufiger vermummt war und sie dafür verantwortlich sei, so die Mutter.

Journalist bestätigt, Polizei dementiert

So schildert es auch Journalist und Regisseur Theo Heyen, der seit 36 Jahren als Journalist etwa für ZDF, WDR oder stern-tv arbeitet hat und bei einem Dreh Zeuge der Situation war. "Die Polizei führt Personalienfeststellung durch, weil sich ein Sechsjähriger vermummt", schrieb er zu einem Foto der Situation.

"Das war die Begründung der Polizisten gegenüber der Mutter", sagte er t-online.de. "Sie hat zu dem Jungen noch gesagt, er soll ihr jetzt das Halstuch geben, weil sie sonst noch mehr Ärger bekommen könnten." Auch ein Polizist habe ihm das zunächst bestätigt. "Als ich die Kamera eingeschaltet habe, wollte er das aber nicht mehr sagen." Ob er die Szene auch in seinem geplanten Beitrag für Arte aufgreifen wird, lässt er noch offen.

Die Pressestelle der Polizei Aachen weist auf Nachfrage zurück, dass der Schal vor dem Gesicht irgendwie ein Problem gewesen sei. "Es ist doch gut, wenn er einen Schal hat, das Wetter war ja gar nicht mehr so gut die vergangenen Tage", sagte eine Sprecherin zu t-online.de. Ihre Kollegen hätten überprüfen wollen, "warum der kleine Mann drei Tage durch den Wald läuft". Und das barfuß.

Kein Strafverfahren

Wegen dieser Feststellung seien die Papiere verlangt worden, "nicht, weil der Junge vermummt war." Der Junge sei dazu auch "kurz gefilmt" worden, "das ist im Einzelfall so". Um eine Strafanzeige gehe es nicht, "es gibt kein Strafverfahren von unserer Seite wegen Vermummung oder was auch immer." Die Feststellungen würden nun per Post dem zuständigen Jugendamt übermittelt. "Das ist nun in der Pflicht, dem nachzugehen und das zu bewerten."

Die Mutter in Berlin hat sich auf mehrere Anfragen von t-online.de bisher nicht gemeldet. Sie gibt sich aber auf Twitter sehr gelassen: "Das Jugendamt darf von mir aus auch ne Woche bleiben und uns beobachten." Sie mache bestimmt wie jeder Mensch Fehler, "aber ich nehme meine Aufgabe als Mutter sehr ernst, und glaube nicht, dass ich was Schlimmes falsch mache." Sie will sich nach ihren Worten einen Anwalt nehmen.

Die Beamten hätten ihr auch gesagt, ihr Sohn sei dabei gefilmt worden, wie er vermummt herumgelaufen sei. "Wenn das ein Problem ist, hätten sie mich ja ansprechen können. Ich war immer bei ihm." Von acht Polizisten umrundet zu werden und gesagt zu bekommen, dass er an drei unterschiedlichen Tagen zur Beweissicherung gefilmt worden sei und mehrfach den Schal über den Mund gezogen habe: Für Max sei das kein Spaß mehr gewesen, schreibt sei auf Twitter.

Kinder besuchen "freie, demokratische Schule"

Sohn und Tochter besuchen nach ihren Angaben eine sogenannte freie, demokratische Schule und waren von der Einrichtung freigestellt, "um gelebte Demokratie zu sehen und zu berichten", twitterte sie. Die Tochter (15) sei für die Schülerzeitung dort gewesen, der Sohn habe nicht beim Papa bleiben, sondern mitkommen wollen. Er laufe seit fünf Jahren fast immer barfuß.

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Der Wald ist behördlich als "gefährlicher Ort" eingestuft. Das heißt, die Polizei darf dort verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen und ohne Angaben von Gründen die Personalien aufnehmen. Journalist Heyen ist nicht der Ansicht, dass der Aufenthalt im Wald besonders gefährlich ist: Er sei zugänglich und das Betreten erlaubt. Wenn die Polizei räume, werde darum abgesperrt. "Dann darf ich auch mit einem Sechsjährigen nicht zu einem Bundesliga-Spiel." Für die Darstellung der Polizei hat er nur eine Erklärung: "Die Pressestelle war nicht vor Ort und kann sich nur auf die Angaben beziehen, die sie von den Einsatzkräften bekommt."

Allerdings hat es auch vereinzelt Übergriffe im Hambacher Forst gegeben. So flogen aus den Bäumen Fäkalien auf Polizisten, es flogen Steine und Fahrzeuge wurden mit Molotowcocktails, ohne dass es zu einem Brand kam. Außerdem ist ein Kameramann von einem militanten Aktivisten attackiert worden. Auf der anderen Seite sind immer wieder Tausende Menschen aus der Umgebung zu Waldspaziergängen dort.

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