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Bericht einer Lehrerin: Lehrermangel – ja, aufgeben – nein!


Bericht einer Lehrerin
Lehrermangel – ja, aufgeben – nein!

Von t-online
07.09.2018Lesedauer: 3 Min.
Eine Lehrerin unterrichtet Mathematik in einer Klasse in Göttingen (Symbolbild): Durch den anhaltenden Lehrermangel müssen Lehrkräfte auch teilweise Fächer unterrichten, die sie nicht gelernt haben.Vergrößern des Bildes
Eine Lehrerin unterrichtet Mathematik in einer Klasse in Göttingen (Symbolbild): Durch den anhaltenden Lehrermangel müssen Lehrkräfte auch teilweise Fächer unterrichten, die sie nicht gelernt haben. (Quelle: imago-images-bilder)

Lange Arbeitstage und hohe Flexibilität: Der Personalmangel wird zu einer immer größeren Belastung für Lehrkräfte. Eine Lehrerin berichtet für t-online.de anonym über ihren Alltag.

Ich bin Lehrerin – und musste nicht lange nach einem Job suchen. Genau genommen habe ich mich nicht mal klassisch beworben.

Das Referendariat und somit mein Studium habe ich vor eineinhalb Jahren abgeschlossen. Studiert habe ich Gymnasiallehramt. Ich hatte große Pläne, wollte in einem anderen Bundesland Fuß fassen. Wie das im Leben oft so ist, kam alles ganz anders – aus persönlichen Gründen haben sich diese Pläne kurzfristig zerschlagen. Ich hatte die Bewerbungsfristen in Berlin bereits verpasst und stand zwei Monate vor meinem geplanten Arbeitsantritt ohne Plan da.

Kurze Jobsuche

In kleineren Städten und besonders im ländlichen Raum gibt es viele offene Stellen. Das ist überall zu lesen. Klar, die jungen Absolventen zieht es in die größeren Städte. In Berlin ist es zum Beispiel gar nicht so einfach eine Stelle an einem Gymnasium zu bekommen – besonders, wenn man nicht in den MINT-Fächern abgeschlossen hat. Viele meiner Kommilitonen mussten sich ganz schön strecken, um einen der begehrten Plätze zu bekommen.

Ich hingegen wollte gar nicht ans Gymnasium. Zwischen Studium und Referendariat habe ich als Aushilfslehrerin an einer Sonderschule gearbeitet und mich dort sehr wohl gefühlt. Also habe ich nach Ablauf der Bewerbungsfrist drei verschiedene Schulen angerufen. Und wurde sofort zu Vorstellungsgesprächen eingeladen, hatte nach kurzer Zeit zwei konkrete Jobangebote – die Bewerbungsunterlagen habe ich unkompliziert nachgereicht. Ich war überrascht, wie schnell das ging.


Der Lehrermangel kam mir also zunächst entgegen. Ich entschied mich für eine Sonderschule in einem Problembezirk. Dort, fernab der Gymnasien, ist das Problem Lehrermangel für mich besonders spürbar gewesen. Ich musste dort nicht nur unterrichten, sondern auch erziehen und an vielen Stellen fast wie ein Sozialarbeiter fungieren. Zu meiner studierten Fächerkombination habe ich noch Musik unterrichtet. Der Bedarf war eben da. Und ja, es war anstrengend. Aber es war eine schöne und erfüllende Arbeit. Denn gerade diese Kinder brauchen Aufmerksamkeit, jemanden, der sich auf sie einlässt.

Einen Traumjob

Es kommt generell nicht selten vor, dass Lehrer fachfremd unterrichten. Klar ist es besser, wenn man das lehrt, was man auch gelernt hat. Aber das ist einfach nicht immer möglich. Das heißt für mich als Lehrerin: selber pauken und kreativ sein. Sich mit anderen Lehrern austauschen und mich auf Neues einlassen. Das ist herausfordernd, stressig und kostet viel Zeit.

Die meisten denken, Lehrer haben ein leichtes Leben. Mittags Schluss, an den Wochenenden immer frei und ellenlange Ferien. Was sie nicht sehen: Lehrer bereiten nach dem Unterricht die Stunden der nächsten Tage vor, sie erstellen und korrigieren Klausuren, grübeln über den Umgang mit ihren Schülern, konferieren und organisieren. Und sie springen ein, wenn ein anderer Kollege ausfällt. Denn den Unterricht einfach ausfallen zu lassen ist das letzte Mittel.

Idealerweise wird das Fach unterrichtet, das auf dem Lehrplan steht. Wenn ich mich nicht mit dem zuständigen Fachlehrer austauschen kann, aber etwas Zeit habe, suche ich woanders Rat und Materialien. Ansonsten gucke ich, was ich selber anbieten kann, um den größtmöglichen Mehrwert zu schaffen. Es passiert aber auch, dass ich eines meiner Fächer stattdessen unterrichte. Von mir wird Flexibilität verlangt.

Das war mir zum Glück von Anfang an klar und so kann ich mich gut darauf einlassen. Trotzdem kostet es Zeit und Nerven. Auch wenn ich bis Mitternacht vor den Materialien brüte, bin ich fest davon überzeugt, dass ich einen Traumjob habe und hoffe, dass die Lage sich in Zukunft wieder etwas entspannt. Ich persönlich habe leider kaum Einfluss darauf, aber ich kann für mich versuchen, das Beste daraus zu machen.

Die Autorin dieses Textes hat darum gebeten, anonym zu bleiben.

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