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Rechtsextremismus-Forscher: "Sachsen hat ein Problem mit Verharmlosung"


Experte für Rechtsextremismus
"Sachsen hat ein Problem mit einer jahrelangen Verharmlosung"

Von dpa
Aktualisiert am 29.08.2018Lesedauer: 2 Min.
Rechter Demonstrant in Chemnitz: "Sachsen hat ein Problem mit einer jahrelangen Verharmlosung von Rechtsextremismus und Rassismus".Vergrößern des Bildes
Rechter Demonstrant in Chemnitz: "Sachsen hat ein Problem mit einer jahrelangen Verharmlosung von Rechtsextremismus und Rassismus". (Quelle: Wolfgang Rattay/Reuters-bilder)

Die Amadeu Antonio Stiftung beklagt zunehmende Aggression gegen Zuwanderer – nicht nur in Sachsen. Auch wenn Politik und Polizei das Problem dort noch verschärften.

Angesichts der jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz hat die Amadeu Antonio Stiftung zunehmende Aggression und Gewaltbereitschaft gegen Zuwanderer beklagt. "Der Rassismus bricht sich unverhohlen Bahn", sagte der Experte für Rechtsextremismus der Stiftung, Robert Lüdecke, dpa.

"Die Gesellschaft ist stark polarisiert, Menschen äußern immer unverhohlener, welche Menschen sie in Deutschland haben möchten und welche nicht." In den sozialen Netzwerken werde ungehemmt gehetzt und viele, die sich dort entsprechend äußerten, wähnten sich "einer gefühlten Mehrheit" zugehörig, so Lüdecke.

Eskalation nur mit Mühe verhindert

Am Sonntag war bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Angehörigen verschiedener Nationalitäten in Chemnitz ein 35-jähriger Deutscher tödlich verletzt worden. Gegen die mutmaßlichen Täter, einen Syrer und einen Iraker, wurden am Montag Haftbefehle erlassen. Nach der Tat marschierten Anhänger rechter Gruppierungen in der Innenstadt auf. Auf Videos ist zu sehen, wie Menschen aus der Masse heraus attackiert werden.

Am Montagabend gab es in Chemnitz erneut Proteste, zu denen Tausende Rechtsradikale und Gegendemonstranten kamen. Die Polizei konnte nur mit Mühe eine Eskalation und ein Aufeinandertreffen beider Lager verhindern.

"Grassierende alltägliche Hetze und Gewalt"

"In dieser Dimension, wie wir es gerade in Chemnitz erleben, ist es natürlich schon eine Ausnahmesituation", stellt Lüdecke fest. Allerdings hätten zuletzt schon mehrfach Menschen als wütender Mob die Auseinandersetzung mit der Polizei gesucht oder Flüchtlinge oder deren Unterkünfte angegriffen. Jenseits davon gebe es eine "grassierende alltägliche Hetze und Gewalt vor allem gegen Geflüchtete."

Aus Sicht des Experten ist es nicht verwunderlich, dass dabei immer wieder Orte in Sachsen eine Rolle spielen. "Sachsen hat ein Problem mit einer jahrelangen Verharmlosung von Rechtsextremismus und Rassismus", erklärt Lüdecke. "Das Problem wurde jahrelang nicht ernst genommen und kleingeredet, vor allem von den politisch Verantwortlichen, aber leider auch von den Sicherheitsbehörden. Und das rächt sich nun."

Polizei lässt rechte Szene gewähren

Zudem gebe es immer wieder Vorfälle, "wo sich die Polizei eher auf die Seite derjenigen stellt, die Flüchtlinge angreifen", und die rechte Szene gewähren lasse, so Lüdecke.

Gerade die rechtsextreme Szene ist Lüdecke zufolge sehr gut vernetzt. "Sie haben inzwischen leider auch jahrelange Erfahrungen, wie sie schnell mobilisieren können." Soziale Netzwerke spielten dabei eine entscheidende Rolle, "um auch über den eigenen Dunstkreis hinaus Mitstreiter für Demonstrationen und andere Aktionen zu finden".

In Chemnitz gebe es eine organisierte rechtsextreme Szene und "das klassische Pegida-Mitläufertum", unterstützt durch die Hooligan-Szene. "Wir haben auch vereinzelt lokale AfD-Kommunalpolitiker oder Abgeordnete, die in diese rassistische Stimmungsmache mit einsteigen."

Verwendete Quellen
  • dpa
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