Privatisierungen nach der Wende Ramelow fordert Aufarbeitung der Treuhand-Aktivitäten
Bodo Ramelow fordert eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Treuhand-Aktivitäten in der Wendezeit. Viele Ostdeutsche seien noch heute von den Auswirkungen betroffen.
Der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow (Linke), hat sich für eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Treuhand-Aktivitäten in der Wendezeit ausgesprochen. Zwar könnten nicht tausende Betriebsabwicklungen aufgearbeitet werden, sagte er der "Welt am Sonntag". "Aber wir sollten uns die Frage stellen: Wie ist damals mit den Menschen umgegangen worden?" Auch heute noch hätten "viele Ostdeutsche das Gefühl, sie würden wie Bürger zweiter Klasse behandelt".
Diese Emotionen stammen nach Ansicht Ramelows aus der Zeit, "als die Treuhand das Zepter führte". An dieses Gefühl knüpfe die AfD an, sagte der Linken-Politiker. Ostdeutsche mit Investitionsbegehren seien damals schlechter behandelt worden als Westdeutsche, sagte Ramelow. "Da konnte der Ossi ein noch so gutes Konzept haben, er wurde benachteiligt", sagte Ramelow.
Die deutsche Einheit sei von den Ostdeutschen erkämpft worden. "Doch dann haben sich viele fremd im eigenen Land gefühlt", sagte der Linken-Politiker. Heute müsse man "den Stolz der Ostdeutschen stärken", sagte er. "Sie haben viel durchgemacht, aber auch viel erreicht."
Viele werfen Treuhand "Ausverkauf" vor
Die Treuhandanstalt war zwischen 1990 und 1994 dafür zuständig, die Planwirtschaft der ehemaligen DDR in eine Marktwirtschaft zu überführen. Eine Ende 2017 veröffentlichte Studie ergab, dass viele Ostdeutsche ihre negativen Umbruchserfahrungen in der Wendezeit mit der Treuhandanstalt verbinden.
Sie werten demnach die Arbeit der umstrittenen Organisation bei der Privatisierung der volkseigenen Betriebe der ehemaligen DDR überwiegend als "Ausverkauf" und "Abwicklung". Die Treuhand gilt vor allem für ältere Ostdeutsche als eine Art "Bad Bank der Wiedervereinigung", so die Studie der Ruhr-Universität Bochum.
- AFP