Rechtsextremismus-Studie Fast 80 Prozent der Deutschen lehnen Asylbewerber ab
Eine neue Studie zeigt, dass in Deutschland Ausländerfeindlichkeit und rechtsextreme Meinungen deutlich abnehmen. Die Kehrseite ist jedoch: Bestimmte Gruppen von Migrantinnen und Migranten werden dafür "umso deutlicher diskriminiert". Das sagte Oliver Decker, Psychologe und einer der Autoren der Studie "Die stabilisierte Mitte" der Universität Leipzig.
So ist die Ablehnung von Asylbewerbern mit 84,7 Prozent der Befragten in den neuen und 73,5 Prozent der Befragten in den alten Bundesländern sehr groß.
Aber auch Sinti und Roma lösen "bei mehr als der Hälfte der Deutschen Ressentiments" aus, und "fast die Hälfte der Deutschen lehnen Muslime ab", heißt es in der Studie.
"Die bringen uns was" als Kriterium
Decker erklärt, dass Migrantinnen und Migranten jetzt nicht mehr im Allgemeinen abgelehnt werden. Im Gegenteil: Viele Deutsche würden nun denken "Die bringen uns was". Aber jene, "die die Phantasie auslösen, sie seien grundlegend anders oder hätten ein gutes Leben ohne Arbeit, ziehen die Wut auf sich", so der Psychologe.
So lehnen es 76 Prozent der Befragten ab, dass der Staat Asylanträge großzügig prüfen soll. Im Jahr 2011 lag die Ablehnung nur bei 25,8 Prozent. Über die Hälfte geht davon aus, dass die meisten Asylbewerber nicht wirklich befürchten, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.
"Sinti und Roma aus der City verbannen"
Auch Sinti und Roma lösen mehr negative Urteile aus als bisher. So sind über 55 Prozent überzeugt, dass diese Menschen zur Kriminalität neigen. Und 47 Prozent wollen gar, dass sie ganz aus den Innenstädten verbannt werden.
33 Prozent der Befragten fordern, dass Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden soll. Und 43 Prozent fühlen sich "durch die vielen Muslime hier manchmal wie ein Fremder im eigenen Land".
Decker liefert auch einen Erklärungsansatz für diese "Ideologie der Ungleichwertigkeit". Er glaubt, dass die Stellung der Wirtschaft in Deutschland mit hineinspiele. Sie sei so etwas "wie eine nicht hinterfragbare Autorität geworden. Wenn sie stark ist, freuen sich die Menschen. Aber trotzdem müssen sie sich ihr unterordnen, und das produziert Aggressionen, die sich dann gegen Abweichende oder Schwächere richten."
Rechtsextreme Meinungen auf Rückzug
Insgesamt weist die Studie in allen Bevölkerungsgruppen eine rechtsextreme Einstellung nach. Jeder Fünfte ist demnach ausländerfeindlich; 13,6 Prozent der Befragten teilen chauvinistische Einstellungen, und fünf Prozent denken antisemitisch.
Allerdings - und das ist der positive Aspekt der Untersuchung - kommt die Studie auch zu dem Schluss, dass die rechtsextremen Meinungen in Deutschland im Vergleich zu vor zwölf Jahren deutlich zurückgegangen sind.
So habe sich der Anteil der Menschen mit einer fest gefügten rechtsextremen Weltanschauung seit 2002 von knapp zehn Prozent auf 5,6 Prozent nahezu halbiert.
Alle abgefragten Kategorien wie Befürwortung einer Diktatur, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus und Chauvinismus finden weniger Akzeptanz als noch 2012. Den Grund sieht Decker in der "wirtschaftlichen Gesamtentwicklung mit Wirtschaftswachstum und Exportsteigerung", die "so gut wie seit Jahren nicht mehr" seien. Das stabilisiere die Mitte der Gesellschaft und beeinflusse auch die politische Einstellung positiv.
Die Wissenschaftler untersuchen seit 2002 alle zwei Jahre die Entwicklung rechtsextremer Einstellungen in Deutschland. Grundlage 2014 war die bundesweite Befragung von 2500 Menschen.