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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prorussische Meinungsmache Verfassungsschutz und BND analysieren Fake-Kampagne
Massenhaft gefälschte Artikel und Videos deutscher Medien, die von Fake-Accounts im großen Stil verbreitet werden: Jetzt wird aus der Politik Handeln gefordert.
Nach der t-online-Enthüllung über eine groß angelegte prorussische Kampagne zur Beeinflussung der Meinung in Deutschland mahnt der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz Handeln bei Netzwerken, Sicherheitsdiensten und Politik an. "Wir dürfen nicht zulassen, dass entsprechende Aktivitäten dazu führen, dass öffentliche Debatten derart verzerrt werden", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen zu t-online. Von Notz steht auch an der Spitze des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste.
Die Dimension von Desinformationskampagnen zur intransparenten Manipulation demokratischer Diskurse habe ein "besorgniserregendes Ausmaß" angenommen, so von Notz. Die Sicherheitsbehörden seien aufgefordert, sehr genau hinzuschauen. Von Plattformbetreibern erwarte er entschlossenes Handeln. Entsprechende Inhalte müssten nach nachvollziehbaren Kriterien geprüft und gegebenenfalls gelöscht werden. Aber auch die Politik müsse reagieren, so von Notz: "Wir brauchen neue und bessere Strukturen zur Erkennung und Abwehr dieser hybriden Bedrohungen." Beispiele für die Fake-Beiträge sehen Sie hier im Video.
Vorgehen hat neue Qualität
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst analysieren die Kampagne nach Informationen von t-online, äußerten sich aber bisher nicht oder nur sehr zurückhaltend. Das Phänomen gefälschter Beiträge von Medien sei nicht grundsätzlich neu, heißt es vom Verfassungsschutz. Etwa in der Flüchtlingskrise gab es entsprechende Beiträge: "Ziel ist, durch eine möglichst identische grafische Gestaltung Falschinformationen und Propagandainhalte glaubhaft erscheinen zu lassen." Nur galt bislang: "Bei genauerer Betrachtung wurden zumeist inhaltliche und technische Widersprüche offenbar." So ausgefeilt wie jetzt waren die Versuche in der Vergangenheit nicht. Die Verteilung über Netzwerke sei nicht überraschend: "ein vergleichsweise günstiges und mit geringem Aufwand verbundenes Mittel, um Reichweite zu generieren."
Während das Bundespresseamt bestätigte, dass auch auf Regierungsseiten die Fake-Links gepostet wurden, konnte das Bundesinnenministerium solche Links auf seiner Seite und auf jener von Ministerin Nancy Faeser nicht feststellen. Ein Sprecher erklärte, zum Thema Desinformation sei das Ministerium im stetigen Austausch mit anderen Social-Media-Redaktionen der Bundesregierung, um Strategien zu erkennen und diese zu widerlegen. Seit einigen Jahren gibt es bereits eine Arbeitsgruppe "Hybrid", in der sich Ministerien und Behörden regelmäßig über die sogenannten "hybriden Bedrohungen" austauschen.
- Anfrage an die Grünen, Bundespresseamt, Bundesinnenministerium, Verfassungsschutz und BND
- tagesschau.de: Kampf gegen die Lüge