Von Jamaika zur Groko So holprig lief die Koalitionssuche nach der Bundestagswahl 2017
Die ersten Gespräche laufen: Welche Regierung künftig Deutschland regiert, liegt in der Hand von Grünen und FDP. Die Fehler nach der vorherigen Wahl wollen alle vermeiden. Denn der Weg zur Groko war steinig. Ein Rückblick.
Die Regierungsbildung wird schwierig – unabhängig davon, ob es zu einer Ampel-Koalition oder doch zu einem Jamaika-Bündnis kommt. Die Königsmacher von Grünen und FDP nahmen Vorgespräche auf, schon bald dürfte die Sondierungsphase starten – davor sind sich die Parteien immerhin in einem Punkt einig: So wie 2017 soll es nicht ablaufen. Ein Rückblick auf die Koalitionssuche nach der vorherigen Bundestagswahl:
Die Ausgangslage
Schon direkt nach der Wahl am 24. September 2017 war klar, dass es kompliziert wird. Mit dem damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz fuhr die SPD mit 20,5 Prozent ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis ein – und will in die Opposition gehen. "Mit dem heutigen Abend endet die Zusammenarbeit mit der CDU/CSU", erklärte Schulz noch am Wahlabend.
Als Alternative blieb ein Jamaika-Bündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP, für das es aber erhebliche, inhaltliche Differenzen zu überwinden galt. Eine erste Lehre daraus zeigte sich schon zwei Tage nach der diesjährigen Bundestagswahl: Vor ersten Sondierungsgesprächen setzten sich die Spitzen von Grünen und FDP ohne die potenziellen Partner aus SPD oder Union zusammen, um die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit auszuloten.
Überraschendes Jamaika-Aus nach Zähen Sondierungen
Im Oktober 2017 nahmen Union, Grüne und FDP Sondierungsgespräche auf. Am Anfang stand ein tagelanges Abtasten in der Parlamentarischen Gesellschaft – in Erinnerung bleiben aus dieser Phase besonders die Balkon-Fotos: In den Sitzungspausen zeigten sich viele Politiker plaudernd oder telefonierend auf dem Balkon des Gebäudes. Inhaltlich ging es nur zäh voran. Für Unmut sorgte, dass immer wieder Details aus den Verhandlungen nach außen drangen.
Auch daraus wollen die Parteien in diesem Jahr lernen: Es soll geräuschloser und vertraulicher zugehen. FDP-Parteichef Christian Lindner, Generalsekretär Volker Wissing sowie die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck beherzigten das schon – ihr erstes, geheim gehaltenes Treffen machten sie mit einem gemeinsamen Foto und wenigen dürren Zeilen im Online-Dienst Instagram publik.
Im Herbst 2017 gingen die Gespräche zwischen Union, FDP und Grünen nach der eher ernüchternden ersten Sondierungsphase im November in die entscheidende Phase. Am 19. November schließlich sollte in der Landesvertretung Baden-Württemberg im Zentrum der Bundeshauptstadt eine Entscheidung fallen. Fast 13 Stunden saßen die Spitzenpolitiker an jenem Sonntag noch einmal zusammen – eine Einigung schien sogar kurz bevorzustehen.
Doch um kurz vor Mitternacht trat FDP-Chef Lindner begleitet von seinem ganzen Team vor die Türen und überraschte alle mit den längst legendär gewordenen Worten: "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren."
Der lange Weg der SPD zurück in die Groko
Nach und nach bröckelte nach dem Jamaika-Aus bei den Sozialdemokraten der Widerstand gegen eine Neuauflage der ungeliebten großen Koalition. Noch vor Jahresende erklärte sich die SPD zu Gesprächen über eine Regierungsbildung bereit. Mitte Januar gelang den Spitzen von Union und SPD zunächst der Durchbruch bei den Sondierungsgesprächen, am 7. Februar 2018 präsentierten sie einen ausgehandelten Koalitionsvertrag.
Doch noch gab es eine letzte Hürde für die endgültige Neuauflage der großen Koalition: ein SPD-Mitgliedervotum. Die Zustimmung fiel aber dann mit 66 Prozent überraschend deutlich aus.
Am 14. März 2018 wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt – 171 Tage nach der Bundestagswahl. Auch das soll sich nicht wiederholen: Die Parteien drücken aufs Tempo und wollen noch in diesem Jahr eine neue Bundesregierung bilden.
- Nachrichtenagentur AFP