Kritik an Drohgebärden gegen Taiwan Baerbock legt sich mit China an
Außenministerin Baerbock warnt China von New York aus vor einem Überfall auf Taiwan. Peking reagiert mit einem offiziellen Protest.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat mit scharfer Kritik an Chinas Drohgebärden gegenüber Taiwan die Führung in Peking gegen sich aufgebracht. Der Abteilungsleiter für Europa im chinesischen Außenministerium, Wang Lutong, protestierte am Dienstag offiziell bei der neuen deutschen Botschafterin in Peking, Patricia Flor. Er sprach von "falschen Kommentaren" Baerbocks, wie aus einem Tweet des hohen chinesischen Diplomaten hervorging. Die Taiwan-Frage sei eine "innere Angelegenheit Chinas".
Baerbock war am Montag nach New York gereist, um dort an der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags teilzunehmen. Nach ihrer Ankunft hatte sie gesagt: "Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China." Baerbock fügte hinzu, mit Blick auf den "brutalen russischen Angriffskrieg" gegen die Ukraine sei es wichtig, klar zu machen, dass die Weltgemeinschaft solches Verhalten nicht akzeptiere.
Baerbock: Aggressive Rhetorik führt zu gefährlichem Handeln
Am Dienstag legte Baerbock in einer Rede zu den transatlantischen Beziehungen an einer New Yorker Hochschule noch einmal nach. "Wir haben schmerzhaft in den letzten Monaten seit dem 24. Februar gelernt, dass aggressive Rhetorik zu gefährlichem Handeln führen kann", sagte sie. "Chinas Äußerungen mit Blick auf Taiwan haben ernsthafte Fragen aufgeworfen." Baerbock fügte hinzu: "Es kann nicht in unserem Interesse sein, wenn China zusätzlich noch ausufernde wirtschaftliche Abhängigkeiten in der Region kreiert."
Kurz vor den Äußerungen Baerbocks am Dienstag war die US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi zu einem Besuch in Taiwan gelandet. Der Aufenthalt der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses ist für die demokratische Inselrepublik der ranghöchste Besuch aus den Vereinigten Staaten seit einem Vierteljahrhundert. Schon zuvor hatten sich die Spannungen mit China verschärft. Peking sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik an. Offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh lehnt es entschieden ab.
Eigentliches Thema der Rede Baerbocks in New York waren die Beziehungen zwischen Europa und Nordamerika. Der Titel: "Den transatlantischen Moment nutzen: unsere gemeinsame Verantwortung in einer neuen Welt". Baerbock warb für eine transatlantische "Partnerschaft in Führung", die auf drei Säulen basiert: auf einer Sicherheitskooperation, der regelbasierten internationalen Ordnung und der Stärkung der Demokratie. Sie betonte, dass die Verbindungen zwischen Europa und Nordamerika angesichts des Ukraine-Kriegs heute "vielleicht enger als jemals zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges" seien.
Baerbock unterstützt Recht auf Abtreibung
Baerbock unterstützte in der Rede die Protestbewegung für das Recht auf Abtreibung in den USA. Die Grünen-Politikerin würdigte die mehreren Hunderttausend Demonstranten, die in den USA für Frauenrechte auf die Straße gingen. "Als eine Frau und eine Mutter von zwei Kindern teile ich ihre Gefühle von ganzem Herzen", sagte Baerbock. "Jede Frau hat das Recht, über ihren eigenen Körper zu entscheiden."
Der Supreme Court – das oberste Gericht in den USA – hatte Ende Juni das seit fast 50 Jahren bestehende Recht auf Abtreibung gekippt. Da es kein landesweites Gesetz gibt, das das Recht zum Schwangerschaftsabbruch schützt, liegt die Gesetzgebung nun bei den Bundesstaaten. Vor allem republikanisch regierte Staaten versuchen, möglichst schnell ein restriktives Abtreibungsrecht zu verankern. Sie wurden dabei teilweise von örtlichen Gerichten zumindest vorübergehend wieder gestoppt.
Am Abend wollte Baerbock nach Kanada weiterreisen. In Montreal wird sie bei ihrem Antrittsbesuch Außenministerin Melanie Joly treffen. Kanada ist Nato-Partner Deutschlands und gehört zur G7 führender demokratischer Wirtschaftsmächte. Deutschland hat derzeit den Vorsitz in dieser Staatengruppe.
- Nachrichtenagentur dpa