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Kamala Harris schwächelt in Umfragen, Trump holt auf: Das sind die Gründe


Demokraten verlieren in den Umfragen
"Geld spielt jetzt keine Rolle mehr"


21.10.2024 - 19:20 UhrLesedauer: 5 Min.
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Donald Trump: Er hat in Umfragen zuletzt aufgeholt. (Quelle: IMAGO/Delcia Lopez/imago)

Nach Wochen des Aufschwungs sinken die Umfragewerte von Kamala Harris, trotz mehr Geld, zahlreicher Interviews und prominenter Unterstützung. Wie kommt das?

Lange Zeit gab es für Kamala Harris’ Umfragewerte nur eine Richtung: nach oben. Nach der Bekanntmachung ihrer Präsidentschaftskandidatur für die Demokraten stieg ihre Beliebtheit in den ersten Wochen rasant an. Schnell machte sie die geringe Zustimmung für den amtierenden Präsidenten Joe Biden vergessen und überholte Donald Trump in nahezu allen Umfragen.

Doch der Höhenflug ist mittlerweile gestoppt. Neueste Umfragen zeigen, dass die Zustimmung für Harris zurückgeht und Trump aufholt. Sowohl landesweit als auch in einigen wichtigen Swing States hat Trump zuletzt Boden gut gemacht – und das rund zwei Wochen vor der Wahl. In der vergangenen Woche veröffentlichte Umfragen der großen US-Fernsehsender ABC, CBS und NBC zeigen allesamt Einbußen für Harris.

"Demokratische Partei war in gigantischer Depression"

Dabei hatte Harris ihren Widersacher Trump zuletzt in vielen Bereichen in den Schatten gestellt. Sie sammelte deutlich mehr Spenden und gab deshalb viel mehr Geld für den Wahlkampf aus. Zudem trat sie häufiger auf, gab zahlreiche Interviews und präsentierte zahlreiche prominente und beliebte Unterstützer. Doch geholfen hat das offenbar nicht. Warum sinkt ihre Popularität?

Für den Wahlkampfstrategen und USA-Experten Julius van de Laar kommt diese Entwicklung nicht überraschend. Um die Entwicklung zu verstehen, müsse man zunächst auf die Situation zu der Zeit schauen, als Harris Joe Biden als Kandidatin der Demokraten abgelöst hatte: "Vor Harris' Kandidatur war die Demokratische Partei quasi in einer gigantischen Depression. Niemand hat nach dem Debatten-Desaster von Joe Biden wirklich noch an den Wahlsieg geglaubt."

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(Quelle: Rainer Raffalski/imago)

Zur Person

Julius van de Laar ist Kampagnen- und Strategieberater. 2012 war er für die Wählermobilisierung für Barack Obama im Swing State Ohio zuständig. Bereits 2007 und 2008 war van de Laar in Obamas Präsidentschaftskampagne aktiv. Er hält Seminare und Vorträge zu Wahlkampfstrategien und politischer Kommunikation.

Zu der Zeit war sie trotz ihrer Rolle als Vizepräsidentin für viele US-Amerikaner ein unbeschriebenes Blatt, viele wussten nicht, wofür sie steht. Laut van de Laar sei sie zu einer Projektionsfläche für die Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen geworden. Jeder konnte in ihr sehen, was er wollte. Im Laufe der Zeit erfüllten sich manche dieser Hoffnungen nicht. Das sei aber eine absehbare Folge gewesen, findet van de Laar. "Wer dem Auf und Ab des US-amerikanischen Wahlkampfs schon länger folgt, weiß, dass das ein Zuckerhoch war und die Werte sich auch zwangsläufig wieder einpendeln würden."

"Harris hat Fehler gemacht"

Doch die sinkende Beliebtheit allein mit dem natürlichen Lauf der Dinge zu erklären, reicht nicht aus. Schließlich hat Harris auch Fehler gemacht, die sie nun zu spüren bekommt. So fallen ihr die zahlreichen Interviews der vergangenen beiden Wochen nun auf die Füße. Zwar zeigte sie Präsenz und schlug sich in vielen Gesprächen wacker, allerdings habe Harris in den Interviews "eine Handvoll Fehler gemacht, die Trump und dessen Kampagne effektiv ausschlachten", verdeutlicht van de Laar.

So antworte sie beispielsweise in der ABC-Sendung "The View" auf die Frage, was sie in den vergangenen dreieinhalb Jahren anders als Biden gemacht hätte, lediglich: "Mir fällt nichts ein." Angesichts von Bidens geringen Zustimmungswerten eine unglückliche Aussage, durch die ihre Gegner sie als 1:1-Ersatz für unpopulären Präsidenten darstellen konnten.

Trump hingegen vermied TV-Interviews ebenso wie eine zweite TV-Debatte, stattdessen folgten teils skurrile Wahlkampfauftritte wie am Sonntag in einer McDonald's-Filiale in Pennsylvania. Trump solidarisierte sich mit den einfachen Arbeitern und attackierte zugleich seine Konkurrentin Harris, deren zwischenzeitlichen Nebenjob bei der Fast-Food-Kette Trump nach wie vor anzweifelt. Ein solcher Auftritt sei "deutlich kontrollierbarer als ein TV-Interview und bringt für Trump vielleicht sogar noch mehr Publicity", erklärt van de Laar. Trump sei es so gelungen, gute Bilder zu produzieren und Kamala Harris das Feld nicht zu überlassen.

Trotz Rekordeinnahmen hat Harris kaum einen Vorteil

Doch nicht nur ihre mediale Überlegenheit zahlte sich für Harris nicht aus, schließlich hatte sie auch finanziell deutliche Vorteile gegenüber Trump. So sammelte Harris bis Mitte Oktober bereits eine Milliarde US-Dollar ein, so viel wie kein Kandidat vor ihr. Diese Ressourcen spiegeln sich auch in den Ausgaben wider. Die Demokratin gab im vergangenen Monat mehr als dreimal so viel aus wie Trump. Aber Vorteile konnte sie daraus zuletzt nicht ziehen.

Schließlich hat Trump zwar weniger ausgeben, doch auch er investierte mehrere hundert Millionen US-Dollar im Wahlkampf. Ab einer bestimmten Summe machen zusätzliche Millionen einfach keinen großen Unterschied mehr, glaubt van de Laar: "Das ist wie, wenn ich jemanden mit einem Bulldozer überfahre und noch ein zweites Mal darüber rolle. Die Person ist bereits beim ersten Mal platt." Deshalb glaubt er: "Geld spielt jetzt quasi keine Rolle mehr."

Elon Musk bringt Trump Aufmerksamkeit

Zu Harris' rasantem Aufstieg trug auch ihre prominente Unterstützerschaft bei. Sowohl Taylor Swift als auch George Clooney und LeBron James sympathisierten in den vergangenen Wochen offen mit Harris und mobilisierten ihre Anhängerschaft. Doch auch wenn Trump weniger prominente Unterstützer vorweisen kann, so steht ein Anhänger aktuell besonders im Fokus: Elon Musk.

Der Tesla-Chef trat an Trumps Seite auf und steht mittlerweile im Mittelpunkt eigener Solo-Wahlkampfveranstaltungen. Ebenso wie Trump verbreitet er dabei Falschinformationen, Verschwörungstheorien und streitet Trumps Niederlage bei der vergangenen Wahl ab. Dazu will er bis zum Wahltag täglich eine Million Dollar an Trump-Anhänger verlosen, die eine Petition für das Recht auf Waffenbesitz unterstützen. Sie wirkt ebenso wie Musks Auftreten. Er polarisiert und bringt Trump in den Fokus der Öffentlichkeit. "Musk ist ein integraler Bestandteil der Trump-Kampagne", resümiert van de Laar.

Zeit des Umstimmens ist vorbei

Denn während Harris' vereinzelte Fehler in den Interviews der vergangenen Wochen sie Zustimmung kosteten, so sind Trumps Anhänger bereits an Fehler, Eskapaden und Skandale gewöhnt. Juristische Niederlagen, sexuelle Übergriffe und Beleidigungen ganzer Volksgruppen: Das alles hat seine Anhänger bisher nicht gestört. Daher glaubt van de Laar nicht, dass Trumps Anhängerschaft etwas abschrecken könnte: "Was soll noch passieren?"

Allerdings gehe es nun ohnehin nicht mehr darum, dem anderen Lager noch Wähler abzujagen, glaubt van de Laar. "Jetzt geht es nicht mehr primär darum, noch jemanden umzustimmen. Jetzt geht es fast ausschließlich um Mobilisierung."

Und in einem Großteil des Landes ist der Wahlkampf ohnehin schon vorbei. Denn in zahlreichen Staaten sind die Umfragen so klar, dass beide Kandidaten ihre Aktivitäten dort bereits nahezu eingestellt haben. Offen sind noch die sieben sogenannten Swing States, in denen es traditionell keine demokratische oder republikanische Mehrheit gibt. Dabei handelt es sich um die Staaten Pennsylvania, North Carolina, Georgia, Michigan, Wisconsin, Arizona und Nevada.

Dort gibt es teils ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Ein Sieger in den Staaten ist schwer vorhersehbar. Deshalb glaubt van de Laar nun: "Die Botschaften werden auf der Zielgeraden noch spitzer und polarisierender werden, weil das eines der besten Mittel ist, um die Wahlbeteiligung in der eigenen Basis noch mal nach oben zu treiben – frei nach dem Mantra: Keine Mobilisierung ohne Polarisierung!"

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