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Joe Biden: Ein ungeheuerlicher Verdacht


Was machte Arzt im Weißen Haus?
Ein ungeheuerlicher Verdacht


Aktualisiert am 10.07.2024Lesedauer: 5 Min.
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Die Zeit läuft ab: Joe Biden muss die eigene Partei wieder hinter sich bringen.Vergrößern des Bildes
Die Zeit läuft ab: Joe Biden muss die eigene Partei wieder hinter sich bringen. (Quelle: Elizabeth Frantz)

Für den US-Präsidenten hat die wohl wichtigste Woche seines politischen Lebens begonnen. Wie Joe Biden darum kämpft, seine Kandidatur noch zu retten.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Der amerikanische Präsident bleibt ein Kandidat auf Bewährung. Zwar wurde Joe Biden anders als sein Vorgänger Donald Trump nicht wegen eines Verbrechens schuldig gesprochen. Aber im politischen Washington wirkt seine von Aussetzern geprägte Debattenleistung vom ersten TV-Duell viel stärker nach als der Schuldspruch seines republikanischen Herausforderers. Während Trumps Partei nahezu geschlossen hinter ihrem eigenen Kandidaten steht, fordern immer mehr von Bidens eigenen Leuten ihn zum Rückzug auf.

Bedrängt von Reportern, brachte der demokratische Senator Joe Manchin die politische Lage von Joe Biden mit den Worten zum Ausdruck: "Wenn Sie einfach bis zum Wochenende warten, glaube ich, dass wir einen besseren und klareren Überblick über das Geschehen bekommen." Es war seine verschlüsselte und zugleich vielsagende Antwort auf die Frage, ob er davon überzeugt sei, dass der Präsident weiter kandidieren sollte, und ob der 81-Jährige überhaupt für weitere vier Jahre im Amt geeignet sei.

Parkinson-Gerüchte statt Nato-Gipfel

Ausgerechnet der Nato-Gipfel, bei dem ab heute in der amerikanischen Hauptstadt das 75-jährige Bestehen des Militärbündnisses gefeiert werden soll, avanciert nun zur Bühne des innenpolitischen amerikanischen Zirkusses. Die Hauptrolle fällt wie geplant dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zu. Die alles entscheidende Frage aber ist plötzlich: Schafft Joe Biden es, sich als kompetenter Gastgeber zu präsentieren, oder tritt er als trauriger Clown auf?

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Statt des russischen Angriffskriegs in der Ukraine interessiert insbesondere die amerikanischen Reporter im Weißen Haus nur noch der Gesundheitszustand des Präsidenten. Bei der täglichen Pressekonferenz mussten sich Bidens Pressesprecherin Karine Jean-Pierre und der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, über eine Stunde lang damit auseinandersetzen, ob der Präsident womöglich Parkinson habe.

Die Antworten darauf waren deutlich. John Kirby sagte, er persönlich habe Joe Biden in den vergangenen zweieinhalb Jahren als durchgängig klar erlebt. "Noch heute Morgen hat er mir sehr detaillierte Fragen gestellt, die ich selbst nicht beantworten konnte", sagte Kirby. Die Pressesprecherin machte unmissverständlich klar: "Wurde der Präsident wegen Parkinson behandelt? Nein. Wird er wegen Parkinson behandelt? Nein, wird er nicht. Nimmt er Medikamente gegen Parkinson? Nein", entgegnete sie den anwesenden Reportern in einem hitzigen Wortwechsel.

Plötzlich in der Bringschuld

Die Spekulationen über eine mögliche Parkinson-Erkrankung haben nach der erneuten Berichterstattung in der "New York Times" zugenommen. Die Zeitung hatte berichtet, dass der Parkinson-Experte Dr. Kevin Cannard vom Walter Reed National Military Medical Center laut offiziellen Besucherprotokollen vom vergangenen Sommer bis zu diesem Frühjahr in acht Monaten achtmal das Weiße Haus besucht hatte.

Um Klarheit über diese Besuche zu schaffen, veröffentlichte das Weiße Haus daraufhin einen Brief von Kevin O'Connor, dem Leibarzt des Präsidenten. Darin gibt dieser an, Joe Biden habe den Neurologen nur zu seinen jährlich stattfindenden Untersuchungen getroffen, also insgesamt dreimal. Während der übrigen Besuche im Weißen Haus habe der Arzt Militärangehörige in der medizinischen Einheit des Weißen Hauses betreut, heißt es darin weiter.

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Jede Auffälligkeit im Gesundheitszustand des Präsidenten wird nun zum Thema. Das zeigt, wie desolat die Lage für die Demokraten mitten in der heißen Phase des amerikanischen Wahlkampfs ist. Es steht zudem der ungeheuerliche Verdacht im Raum, das Weiße Haus könnte eine Parkinson-Erkrankung verheimlichen. Beweise dafür gibt es zwar nicht. Die US-Medien scheinen dem Präsidenten und seinem Team aber längst nur noch zu misstrauen.

Notplan: Briefe, Interviews und Telefonate

Mit zahlreichen Notfall-Aktionen versucht Joe Biden darum mitten in der Nato-Gipfel-Woche seinen politischen Befreiungsschlag. In einem offenen Brief wandte sich der Präsident an die demokratischen Abgeordneten und Senatoren in amerikanischen Kongresskammern. Darin appellierte er unter anderem an die Geschlossenheit seiner Partei. Das große gemeinsame Ziel sei es, Donald Trump zu schlagen. Er bleibe im "Rennen bis zum Schluss", so Biden.

Sein Hauptargument für die eigene Kandidatur war dabei, dass er in zahlreichen Vorwahlen eindeutig zum Nominierten der Demokraten gewählt worden sei. Darum seien die stimmberechtigten Delegierten für den Parteitag im August eben seine Delegierten. Man könne nicht für den Bestand der Demokratie kämpfen, wenn man die eigenen demokratischen Prozesse nicht respektiere, schrieb Biden.

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Die besorgten Parteimitglieder dürfte dieses Argument aber auch weiterhin nicht überzeugen. Immerhin hatten die Vorwahlen vor jener Debatte im TV stattgefunden, in der Biden ein so schwaches Bild abgab. Bei vielen Demokraten herrscht die ängstliche Gewissheit: Die Debatte um Joe Bidens kognitive Fähigkeiten werden sie und ihr Kandidat bis zum Wahltag nicht mehr los. Ginge es nach ihnen, sollte daher besser heute als morgen Kamala Harris von der Vize- zur Spitzenkandidatin gemacht werden.

Biden muss seine Zweifler also überzeugen. Dazu soll er seit Tagen zahlreiche Telefonate mit Abgeordneten geführt haben, um sie zurück auf seine Seite zu holen. Als Verbündeten hat Biden offenbar nach wie vor den Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus. Aber auch Hakeem Jeffries sah sich gezwungen, seine Unterstützung für Joe Biden noch einmal deutlich zu wiederholen, um seine Fraktion auf Linie zu halten. An seiner nach der Fernsehdebatte geäußerten Position habe sich "nichts geändert", teilte er Reportern mit. Die Aktion gelingt offenbar in Teilen. Einige Abgeordnete, die sich zuvor für Bidens Rücktritt ausgesprochen haben, stellen sich nun wieder hinter ihn.

Die Gegenattacke ist angelaufen

Die Gegenattacken des Präsidenten gehen über solche politischen Initiativen hinaus. Auch medial schießt er zurück. In einem Interview beim Fernsehsender MSNCB schimpfte Joe Biden auf die "Eliten", die hinter der vernichtenden Berichterstattung gegen ihn stecken würden. Es ist eine Wortwahl, die man bislang eher von Donald Trump kannte als von ihm. Wie schon Dutzende Male in den vergangenen Tagen stellte Biden auch dieses Mal klar, er "gehe nirgendwo hin", sondern trete wie geplant an.

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Biden geht neben seinem Wahl- und zunehmendem innerparteilichen Abwehrkampf konsequent seinen Amtsgeschäften nach. Das Programm des Präsidenten unter Parkinson-Verdacht wurde zum Nato-Gipfel vollgestopft mit offiziellen und öffentlichen Terminen. Jeder von ihnen birgt Gefahren. Besteht Biden diese Bewährungsproben jedoch und sorgt für gute Bilder, steigen seine Chancen wieder. Jeder Tag, an dem er sich den Angriffen widersetzt, ist für ihn ein gewonnener. Denn je näher der Nominierungsparteitag rückt, desto unwahrscheinlicher wird ein Kandidatenwechsel.

Trump hofft darauf, dass Biden bleibt

Joe Bidens Herausforderer Donald Trump hält sich derweil mit Attacken deutlich zurück. In einem Interview beim Fernsehsender Fox News wollte der Ex-Präsident nicht einmal die Frage beantworten, ob er sich wünsche, dass Joe Biden aus dem Rennen aussteigt. Trump sagte lediglich: "Nun, wir haben uns auf ihn eingestellt." Tatsächlich müsste sein Wahlkampfteam sich eine komplett andere Strategie einfallen lassen, sollten die Demokraten Joe Biden wirklich noch absägen.

Trump scheint geradezu darauf zu hoffen, dass ihm sein Erzfeind erhalten bleibt. Im Interview übernahm er nämlich ausgerechnet die Argumentation von Joe Biden, als er sagte: "Er hat alle Macht. Er hat die Delegierten, er muss nicht aufgeben. Es gibt nichts, was sie tun können, um ihn rauszuwerfen. Also wird er die Nominierung bekommen." Es dürfte inhaltlich der einzige Punkt sein, bei dem Joe Biden seinem Rivalen zustimmen würde. Der Präsident ist Donald Trump in dieser Hinsicht derzeit näher als seiner eigenen Partei.

Verwendete Quellen
  • Telefon-Interview von Donald Trump bei Fox News (Englisch)
  • Interview von Joe Biden bei MSNBC (Englisch)
  • Presskonferenz des Weißen Hauses am 8. Juli 2023 (Englisch)
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