Dramatische Infektionslage Biden erlässt Impfpflicht für Beamte – Opposition wittert "Diktatur"
US-Präsident Joe Biden geht hart mit den Amerikanern ins Gericht, die sich nicht impfen lassen. Jetzt greift er mit einer deutlichen Ausweitung der Vorschriften zur Impfpflicht durch.
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie verschärft US-Präsident Joe Biden die Impfvorgaben für Bundesangestellte und Unternehmen. Wie Biden am Donnerstag im Weißen Haus ankündigte, gilt fortan eine Impfpflicht für alle Mitarbeiter von Bundesbehörden sowie für Mitarbeiter von Auftragnehmern der Regierung. Außerdem werden Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten sicherstellen müssen, dass ihre Mitarbeiter geimpft sind oder ein Mal pro Woche getestet werden. Die neuen Vorgaben gelten laut Biden für rund hundert Millionen Menschen.
Bei der Vorstellung einer "Sechs-Punkte-Strategie" gegen die Pandemie ging der Präsident hart mit jenen ins Gericht, die sich nicht impfen lassen. "Eine bestimmte Minderheit von Amerikanern, die von einer bestimmten Minderheit von gewählten Volksvertretern unterstützt wird, verhindert, dass wir über den Berg kommen", sagte Biden. "Was es unglaublich frustrierender macht ist, dass wir die Werkzeuge haben, um Covid-19 zu bekämpfen."
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Biden sprach von einer "Pandemie der Ungeimpften". Rund 80 Millionen Menschen, die sich impfen lassen könnten, hätten dies bislang nicht getan. "Das ist eine Minderheit von 25 Prozent", sagte der Präsident. "Diese 25 Prozent können viel Schaden anrichten, und das tun sie. Ungeimpfte überfüllen unsere Krankenhäuser, Notfallaufnahmen und Intensivstationen. Sie lassen damit keinen Platz für Menschen mit einem Herzanfall, einer Bauchspeicheldrüsenentzündung oder Krebs." Biden warnte, die "Geduld" mit Ungeimpften sei bald am Ende.
Dramatischer Anstieg der Infektionszahlen
Die USA haben in den vergangenen Wochen einen dramatischer Anstieg der Infektionszahlen erlebt, der vor allem auf die Ausbreitung der Delta-Variante zurückgeht. Derzeit werden im Wochenschnitt täglich rund 150.000 Neuinfektionen und 1.500 Todesfälle registriert. Betroffen sind vor allem konservativ regierte Bundesstaaten im Süden der USA wie Florida, Texas und Mississippi, wo Krankenhäuser wieder zunehmend überlastet sind.
Die Infektions- und Todeszahlen waren in den ersten Amtsmonaten Bidens dank rascher Fortschritte bei der landesweiten Impfkampagne stark zurückgegangen. Später kam die Impfkampagne aber angesichts einer großen Zahl von Impfgegnern und Impfskeptikern ins Stocken.
Inzwischen haben in den USA 208 Millionen Menschen – knapp 63 Prozent der Gesamtbevölkerung – mindestens eine Impfdosis erhalten, 53 Prozent sind vollständig geimpft. Bei den Erwachsenen beträgt der Anteil 75 beziehungsweise knapp 65 Prozent.
Insbesondere bei Anhängern der konservativen Republikaner von Ex-Präsident Donald Trump gibt es Widerstand gegen Impfungen und gegen das Maskentragen. Republikanische Politiker sind entschieden gegen eine Impf- oder Maskenpflicht.
Biden: Es geht darum, sich und andere zu schützen
Angesichts der weitgehenden Befugnisse der Bundesstaaten sind Bidens Möglichkeiten im Kampf gegen die Pandemie begrenzt. Seine Regierung hatte nach der vollständigen Zulassung des Corona-Impfstoffes von Biontech/Pfizer bereits eine Impfpflicht für alle Angehörigen der Streitkräfte erlassen. Bundesangestellte hatten bislang die Wahl, sich impfen oder regelmäßig testen zu lassen. Diese Option fällt nun weg.
Die Vorgabe für Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern, eine Impfung oder einen regelmäßigen Test bei ihren Angestellten sicherzustellen, soll über eine Notverordnung des Arbeitsministeriums eingeführt werden, wie Biden am Donnerstag sagte. "Wir werden geimpfte Arbeiter vor ungeimpften Kollegen schützen."
Der Demokrat appellierte an alle, sich jetzt impfen zu lassen. "Hier geht es nicht um Freiheit oder persönliche Entscheidungen, es geht darum, sich und andere zu schützen", sagte Biden in seiner Rede. Die Republikaner reagierten auf diese Äußerung umgehend mit Kritik: "Das klingt ziemlich nach Diktatur", schrieb die Republikaner-Fraktion im Repräsentantenhaus im Kurzbotschaftendienst Twitter.
- Nachrichtenagentur afp