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Nordkorea: Die Gegner der Versöhnung haben nun Oberwasser


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Nordkorea-Krise
Die Gegner der Versöhnung haben nun Oberwasser

MeinungEin Kommentar von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 25.05.2018Lesedauer: 4 Min.
Nordkoreas Diktator Kim Jong Un und US-Außenminister Mike Pompeo: Dem Treffen folgte nichts Greifbares. Geschichte wird noch nicht geschrieben.Vergrößern des Bildes
Nordkoreas Diktator Kim Jong Un und US-Außenminister Mike Pompeo: Dem Treffen folgte nichts Greifbares. Geschichte wird noch nicht geschrieben. (Quelle: dpa)
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Erst wollten sie, dann weniger und am Ende sagte Donald Trump das Unternehmen Versöhnung ab. Jetzt drohen sich Nordkorea und Amerika wieder mit nuklearer Verwüstung. Was ist da passiert?

Ich würde jetzt gerne Mike Pompeo interviewen, den amerikanischen Außenminister, der zweimal in Pjöngjang war. Er hat mit Kim Jong Un geredet und den Gipfel in Singapur vorbereitet, der nun abgesagt ist. Wenn jemand beurteilen kann, was der große Führer des ruhmreichen Nordkorea anbieten wollte und was er sich dafür erhoffte, dann Pompeo. Nicht dass ich ihn besonders schätze, aber er ist der einzige Kronzeuge, den es gibt.

Zwischenrufer und Querschläger

Bei Verhandlungen von historischer Größenordnung geht es nie nur geradeaus. Immer gibt es Zwischenrufer, mischen sich Querschläger ein und haben verbündete Länder andere Interessen. Bevor die Bundesrepublik Anfang der 1970er-Jahre die Entspannungsverträge mit der Sowjetunion, Polen und der DDR schloss, brach Willy Brandts sozial-liberale Koalition fast auseinander; die Opposition im Bundestag und in den konservativen Zeitungen verursachten ein Trommelfeuer gegen den "Ausverkauf deutscher Interessen" und "die fünfte Kolonne der Kommunisten" hierzulande.

Oder der historische Ausgleich zwischen Amerika und China gegen Ende des Vietnamkriegs: Nichts ging glatt, groß der Widerstand hier wie dort, riskant das beispiellose Unternehmen, aber erfolgreich.

Besonders wichtig: die "Back Channels"

Wenn zwei Länder nach 55 Jahren Frieden schließen und diplomatische Beziehungen aufnehmen wollen, kommt es darauf an, wie ernst sie es meinen und wie konsequent sie vorgehen. Gegner gibt es immer, auf beiden Seiten. Verlierer gibt es auch immer, wenn Entspannung und Ausgleich möglich werden, und deshalb organisieren sie die Gegenwehr. Um so wichtiger sind verlässliche Verbindungen: Das sind die berühmten "Back Channels", nämlich von den Führern beider Länder ausgewählte Vertrauenspersonen, die sich insgeheim austauschen und ihren Chefs Erklärungen und Deutungen liefern, wenn plötzlich da oder dort seltsame Verlautbarungen ertönen, die ein Abkommen torpedieren könnten.

Alle Informationen über den abgesagten Nordkorea-Gipfel:
Analyse: Trumps Absage an Kim – Der Dealmaker verzockt sich
Dokumentation: Trumps Brief an Kim Jong Un im Wortlaut

Soweit ich sehe, hat es in Nordkorea und Amerika an verlässlichen "Back Channels" gemangelt. Wie auch, Trump verlässt sich am liebsten auf Trump und geschäftsmäßige Diplomatie ist ihm fremd. Ihm ist Kim nicht unähnlich: Alles bin ich und auf mich kommt es an und alle müssen mich toll finden. Die beiden fanden ein Zeit lang Gefallen daran, Geschichte zu schreiben. Sie frönten ihrem Größenwahn, schwadronierten über die Abschaffung der Nuklearwaffen, die Kim doch gerade erst zur Rettung des Vaterlandes vor dem bösen Feind in Amerika aufgerüstet hatte.

Als aber der 12. Juni näher rückte, stellte sich Widerstand ein, wie es eben üblich ist, wenn viel auf dem Spiel steht.

Ein Akt der Sabotage

In Washington redeten plötzlich Weltstaatsmänner wie der Nationale Sicherheitsberater John Bolton mit, der am liebsten persönlich auf einer Bombe Richtung Iran und Nordkorea reiten würde. Dazu Vize-Präsident Mike Pence, dem unter normalen Umständen niemand zuhören würde, hätte er nicht das Ohr von Donald J. Trump. Das Beispiel Libyen kursierte und das kann niemandem in Nordkorea gefallen. Muammar al-Gadaffi verzichtete 2003 auf den Bau der Bombe. Acht Jahre später war er tot. Das eine hat zwar mit dem anderen wenig zu tun, aber als Modell für Abrüstung fällt Libyen damit aus. Dass Bolton wie Pence dennoch innerhalb kurzer Zeit Nordkorea dieses Beispiel ans Herz legten, war ein Akt der Sabotage.

Kim erhielt zwei Vorladungen aus China, bei denen Xi Jinping ihm die Flausen austrieb: nicht zu schnell, mein Junge, nicht zu viel hergeben, kühl bleiben, und was du anbieten kannst, besprichst du gefälligst mit uns, denn ohne uns wärst du nichts. Prompt sprach Kim fortan mit zwei Zungen: Einerseits hielt er sich an die Absprache und zerstörte gestern unterirdische Nukleartestanlagen, wozu er ausländische Journalisten eingeladen hatte, immerhin. Andererseits ließ er seine stellvertretende Außenministerin mit der nuklearen Verwüstung Amerikas drohen. Was denn nun?

Ohne Ausdauer lässt sich keine Geschichte schreiben

Der Brief, den Trump an Kim schrieb, ist ambivalent, wenn nicht wirr. Er bedauert, dass er Singapur absagen muss und hofft darauf, dass später zustande kommt, was heute scheitert. Er prahlt aber auch mit seiner "gewaltigen und machtvollen" nuklearen Streitmacht, die er, Gott verhüte, niemals einsetzen möchte. Was denn nun?

In meiner Kolumne am Montag habe ich geschrieben, es komme darauf an, was Trump will und was Kim darf. Dazu meinte ich, auf Trumps Egowahn sei am ehesten Verlass. Er hat ja öffentlich davon geträumt, wie er huldvoll den Friedensnobelpreis in Empfang nimmt. Daraus habe ich gefolgert, dass Singapur an ihm nicht scheitern werde. Daneben gelegen, Pech gehabt.

Ich glaube, dass Trump wie Kim es anfangs ernst meinten, aber die Schwierigkeiten der historischen Zäsur unterschätzten. Dann wurden sie halbherzig und niemand war da, der zwischen ihnen vermittelt hätte. Keine vertrauensbildenden Maßnahmen durch einen "Back Channel", wieder nur das alte Hin und Her, dieser ermüdende Austausch von Unfreundlichkeiten. Die Gegenspieler einer Versöhnung in Washington und Peking bekamen Oberwasser, und schon war es vorbei. Ohne festen Willen, ohne Ausdauer, ohne Rückhalt lässt sich Geschichte nun mal nicht schreiben.

Zu wenig diesmal. Schade drum.

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