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Treffen zwischen Trump und Kim Jong-Un – Was ist der Preis?


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Entspannungspolitik
Trump und Kim: Was ein Deal mit Nordkorea kosten könnte

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 12.03.2018Lesedauer: 4 Min.
Gummi-Puppen von US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un auf einem Straßen-Markt in Hongkong: Im Mai werden Donald Trump und Kim Jong-un erstmals aufeinander treffen.Vergrößern des Bildes
Gummipuppen von US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un auf einem Straßenmarkt in Hongkong: Im Mai werden Donald Trump und Kim Jong Un erstmals aufeinandertreffen. (Quelle: Gudrun Menze/dpa)

Kim Jong Un und Donald Trump lästern nicht mehr übereinander, sondern wollen über die Denuklearisierung Nordkoreas verhandeln. Fragt sich nur: Was ist der Preis dafür?

Wie Wachsfiguren stehen sie sich gegenüber, breitbeinig, starre Blicke aufeinander gerichtet, blaue Baracken rechts und links. Das ist Panmunjeom, das Grenzdorf in der entmilitarisierten Zone, die Südkorea von Nordkorea trennt, bewacht von amerikanischen und nordkoreanischen Soldaten. Hier ist der schreckliche Krieg noch nicht vorbei, der vor 55 Jahren ohne Friedensvertrag zu Ende ging. Den Norden rettete China vor dem Süden. Den Süden rettete Amerika vor dem Norden.

33.000 amerikanische, 1,5 Millionen chinesische und nordkoreanische Soldaten und 415.000 südkoreanische Soldaten kamen ums Leben, dazu starben zwei Millionen Zivilisten auf beiden Seiten. Und wofür? Für nichts. Korea blieb geteilt. Keinen Zentimeter an Boden hat irgendjemand gewonnen, aber die Erde mit Blut getränkt. Der 38. Breitengrad ist nach wie vor eine gespenstische Grenze mit gespenstischen Ritualen.

Als Deutschland wiedervereinigt werden konnte, weil das bipolare Zeitalter mit der Selbstaufgabe des Kommunismus in Europa vorüber war, dachten wir alle, Korea würde es bald schon nachmachen. Kam anders. Der Norden, der sein Volk gerne mal hungern ließ, verwandelte sich in eine Atommacht, die mit ihren Langstreckenraketen das amerikanische Festland erreichen kann.

Die beiden seltsamsten Figuren der Weltpolitik

Jetzt könnte etwas passieren. Kim Jong Un hat Erstaunliches von sich gegeben und Donald Trump hat mit Erstaunlichem geantwortet. Bald schon, im Mai, werden sich diese beiden seltsamsten Figuren der Weltpolitik Auge in Auge gegenüberstehen: der junge, pummelige Raketenmann und der ältliche Präsident mit der absurden Frisur. Die Welt wird fasziniert hinschauen, wie sie sich die Hände schütteln und dann zu Gesprächen zurückziehen, die die Welt verändern. Oder auch nicht.

Beide denken riesengroß von sich. Beide spielen rasend gerne mit dem Feuer. Der eine ist ein Diktator, der das alte Establishment reihenweise exekutieren ließ, darunter seinen Onkel und Halbbruder. Der andere ist ein launischer Autokrat, der richtige Alleinherrscher bewundert, weil sie sich nichts sagen lassen müssen. Witzigerweise ist Kim, vermutlich 32, mit sieben Jahren Berufserfahrung ein Veteran und Trump, 40 Jahre älter, mit einjähriger Amtszeit ein Neuling.

Will China Ruhe in seiner Einflusssphäre?

Wieso schwirren plötzlich freundliche Botschaften zwischen diesen beiden hin und her, wo sie doch gerade noch einen Atomkrieg führen wollten? Ich vermute, dass die nordkoreanische Schutzmacht China Ruhe in ihrer Einflusssphäre haben möchte. Die üble Nachrede, mit der sich Kim Jong Un und Donald Trump überzogen haben, und das Nuklearkriegsgetöse sind ja nicht nur lächerlich, sondern stören auch den systematischen Gang der Dinge: die Transformation Chinas in eine neue Kaiserzeit mit permanenter Regierungszeit für Xi Jinping und der Fortsetzung des Wirtschaftswunders unter erschwerten Umständen wie dem Wirtschaftskrieg, den der amerikanische Präsident angezettelt hat.

Es gibt einige Länder, die über die Entwicklung wenig amüsiert sind. Aus der Sicht Japans ist dieses Amerika ein Albtraum, weil es ein Ausbund an Unberechenbarkeit ist. Anstatt dabei zu bleiben, eine antichinesische Allianz zu schmieden, zu der kleinere Länder wie Vietnam, die Philippinen, Malaysia, Myanmar, aber eben auch Japan und Australien gehören, schwenkt Donald Trump radikal um und will mit dem Protektorat der kommenden Weltmacht verhandeln, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt.

Welchen Preis muss Trump zahlen?

Vor China schützt Japan und die anderen Länder Asiens das atomare Arsenal Amerikas. Nun könnte es sein, dass die Denuklearisierung Nordkoreas, mit der dieser junge Kim palmwedelt, einen Preis haben wird, den Trump womöglich zahlt, weil er als wirkungsmächtiger Weltveränderer in den Geschichtsbüchern auftauchen möchte: den Rückzug der amerikanischen Truppen aus Südkorea. Darin liegt das historische Interesse Chinas, das einen Friedensvertrag plus Nuklearfreiheit für die beiden Koreas anbieten könnte. Daraufhin würde Japan zweifellos reagieren und dann vorantreiben, was Trump gestern noch unbedingt erstrebenswert fand: das Ende der militärischen Zurückhaltung und die Umwandlung ziviler in militärische Kernenergie.

In der globalen Welt hängt vieles mit vielem zusammen. Jede Bewegung löst andere Bewegungen aus. Große Ereignisse erzeugen große Kollateralschäden. Es geht nie nur voran, sondern gleichzeitig immer auch zurück. Gewinn und Verlust liegen nahe beieinander.

China ist an Beruhigung und Fortschritt in nahen Konfliktzonen interessiert. Heute denkt Xi Jinping an Nordkorea und morgen wird er an Taiwan denken. Amerika von seinen asiatischen Bündnispartnern zu lösen, ist eine kluge Überlegung, die geschmeidig eingeleitet wird.

China beherrscht das Strategiespiel besser als Amerika

Trumps Amerika ist schwach im strategischen Denken. Es denkt immer nur von jetzt auf gleich. Was es aus Verhandlungen mit Nordkorea an Nutzen ziehen kann, hängt von Nordkorea ab, also von China. Zum ersten Mal stehen sich Amerika und China im 21. Jahrhundert direkt gegenüber. Das Bilaterale zieht der amerikanische Präsident vor und deshalb bekommt er es auch. In Wirklichkeit ist die Welt aber multilateral geordnet und dieses Schachspiel auf mehreren Ebenen beherrscht die chinesische Führung besser.

Deshalb kann China nur gewinnen. Es lässt Nordkorea ein Angebot unterbreiten, das der amerikanische Präsident sofort angenommen hat, ohne auch nur kurz darüber nachzudenken. Was will Kim Jong Un dafür haben, dass er sein schönes, teures Spielzeug aufgibt wie Muammar al-Ghaddafi vor ihm? Nur einen Nichtangriffspakt in Form eines Friedensvertrags? Wohl kaum.

Amerika zieht sich aus der Weltpolitik zurück

Manchmal mag es ja richtig sein, enorm komplexe Probleme eindimensional zu behandeln, damit sie sich lösen lassen. Raketenmann will reden, also reden wir. Raketenmann lädt mich ein, also fahre ich hin. Diplomatie bedeutet, dass Feinde mit Feinden ins Gespräch kommen und sich hinterher womöglich weniger feindselig gegenüberstehen. Das wüste Geschwätz von gestern lassen sie hinter sich und schauen, was herauszuholen ist. Den Versuch ist es wert, auch wenn der eine mehr zu verlieren hat als der andere. Aber jeder amerikanische Präsident sollte gerade dann die multilaterale Weltpolitik im Auge behalten, wenn er ein komplexes Problem bilateral lösen möchte.

Entspannung ist gut. Aber Entspannung löst anderweitig Spannungen aus, so ist das nun mal. Amerika hat die Neigung, sich aus der Weltpolitik zurückzuziehen und so Vakanzen zuzulassen, siehe den Irak und Syrien oder auch Afghanistan und Pakistan. Asien ist der Schauplatz, in dem sich die abklingende Weltmacht Amerika mit der neuen Weltmacht China messen wird. Dafür ist Nordkorea der erste Testfall.

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