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Drohnenangriff auf Al-Kaida-Chef: So spürten die USA al-Sawahiri auf


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Tödlicher Drohnenangriff
So spürten die USA den "Terror-Doktor" auf


02.08.2022Lesedauer: 5 Min.
Regierung der Vereinigten Staaten bestätigt Mission: Der Al-Kadia-Führer wurde bei einem US-Angriff getötet. (Quelle: Glomex)
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Über zwei Jahrzehnte lang hielt sich der Nachfolger Bin Ladens erfolgreich versteckt. Doch dann erhielten amerikanische Geheimdienste einen entscheidenden Hinweis.

Er war einer der meistgesuchten Terroristen der Welt: Mehr als zwei Jahrzehnte lang war Aiman al-Sawahiri erfolgreich untergetaucht – in einem Antiterroreinsatz der CIA am Wochenende sei der 71-jährige Al-Kaida-Anführer nun in der afghanischen Hauptstadt Kabul ausgeschaltet worden, so das Weiße Haus. Seine Tötung kam überraschend, kurz vor dem ersten Jahrestag des Truppenabzugs aus Afghanistan.

Al-Sawahiri galt neben seinem Vorgänger Osama bin Laden als Drahtzieher der verheerenden Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA, bei denen rund 3.000 Menschen ums Leben kamen. Bin Laden war 2011 in Pakistan bei einem aufsehenerregenden Einsatz von einer US-Spezialeinheit getötet worden. Auch nach al-Sawahiri, zunächst Bin Ladens Stellvertreter und dann sein Nachfolger, wurde unter Hochdruck gefahndet: Die USA hatten ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (rund 24,4 Millionen Euro) auf ihn ausgesetzt.

"Aber er hat sich geirrt"

"Der Schlag, bei dem der Al-Kaida-Führer Aiman al-Sawahiri getötet wurde, ist ein großer Erfolg der US-Terrorismusbekämpfung", wird der ehemalige CIA-Offizier Mick Mulroy in der "New York Times" zitiert. "Er ist das Ergebnis unzähliger Stunden nachrichtendienstlicher Arbeit über viele Jahre hinweg", so der ehemalige hochrangige Pentagon-Beamte. "Er hat wahrscheinlich geglaubt, dass wir niemals in der Lage sein würden, ihn aufzuspüren. Aber er hat sich geirrt."

Über Jahre war der genaue Aufenthaltsort von al-Sawahiri unbekannt. Experten hatten vermutet, dass er sich im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan versteckt halte. Auch Gerüchte über seinen Tod hatte es gegeben. Diese widerlegte al-Sawahiri unter anderem durch einen öffentlichen Auftritt im vergangenen September, genau 20 Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September. In einer Videobotschaft rief er seine Anhänger damals dazu auf, die Staaten im Westen und ihre Verbündeten im Nahen Osten zu bekämpfen.

Dass er sich versteckt halten musste, hinderte ihn offenbar nicht an seiner Arbeit: "Von seinem Versteck aus koordinierte er die Zweigstellen von Al-Kaida in der ganzen Welt, wobei er unter anderem Prioritäten für die Bereitstellung operativer Anleitungen setzte und zu Anschlägen gegen US-Ziele aufrief und diese inspirierte", so US-Präsident Joe Biden.

Familie zog in ein Haus in Kabul

Anfang dieses Jahres hätten amerikanische Geheimdienstquellen erfahren, dass al-Sawahiris Frau, seine Tochter und seine Enkelkinder in ein Haus in Kabul gezogen seien, so die "New York Times". Dies sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter am Montagabend während einer Telefonkonferenz mit Reportern. Die Familie habe dabei versucht, ihre Spuren zu verwischen und zu verhindern, dass ihnen jemand folgt. Offenbar erfolglos.

Für die amerikanischen Geheimdienste hätten sich in der Folge die Hinweise verdichtet, dass sich al-Sawahiri ebenfalls in dem Haus aufhalte, so der Beamte. Über Monate hätten die Geheimdienstler daran gearbeitet, nachzuweisen, dass es sich bei dem Mann in dem Haus tatsächlich um al-Sawahiri handele.

Schließlich wurde klar: Auch der Al-Kaida-Anführer war Anfang des Jahres nach Kabul gekommen – offenbar in dem Glauben, dass er dort sicher sei, so die US-Behörden. "Vielleicht ließ seine Wachsamkeit nach, nachdem die Taliban Kabul erobert und die USA im August vergangenen Jahres aus Afghanistan vertrieben hatten", schreibt das "Wall Street Journal".

Dank verschiedener Quellen und geheimdienstlicher Methoden soll schließlich eine Art Verhaltensmuster-Aufzeichnung entstanden sein. Zudem sei auch das Gebäude genau analysiert worden, um Möglichkeiten für einen gezielten Angriff zu identifizieren.

Biden gab vor einer Woche grünes Licht

Den Angaben zufolge befindet sich das Haus in dem Viertel Sherpur, mitten im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul. Dieses gilt als Diplomatenviertel, in dem einst zahlreiche westliche Botschaften untergebracht waren und in der heute einige hochrangige Taliban-Beamte leben.

Nachdem al-Sawahiri aufgespürt worden war, sei die Attacke über Monate vorbereitet worden, so eine ranghohe Vertreterin der US-Regierung. Vor rund einer Woche erhielt die CIA die Erlaubnis des US-Präsidenten zum Zugriff. Joe Biden betonte am Sonntag, er habe einen "Präzisionsschlag" genehmigt.

Zwei Hellfire-Raketen treffen ihn auf dem Balkon

Am Samstagabend (Ortszeit) wurde der 71-jährige Terror-Chef schließlich getötet, als er auf den Balkon des Hauses trat – durch zwei von einer Drohne abgefeuerte Raketen vom Typ Hellfire. "Die Mission war ein Erfolg", sagte Biden am Montag im Weißen Haus. Es habe keine zivilen Opfer gegeben, keiner der mit dem Al-Kaida-Führer lebenden Verwandten sei verletzt worden.

Biden sagte, der Einsatz sei ein klares Signal an jeden Feind der USA: "Egal, wie lange es dauert, egal, wo du dich versteckst: Wenn du eine Bedrohung für unsere Bevölkerung bist, werden die USA dich finden und ausschalten." Zugleich hoffe er, dass al-Sawahiris Tötung den Angehörigen der Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 helfen werde, Frieden zu finden.

"Jetzt wurde der Gerechtigkeit Genüge getan und dieser Terroristenführer ist nicht mehr da", sagte Biden. Al-Sawahiri habe auch andere Gewalttaten geplant, darunter den Selbstmordanschlag auf den Zerstörer USS Cole in Aden im Oktober 2000, bei dem 17 US-Matrosen getötet wurden, und die Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998, bei denen 223 Menschen starben. Der Al-Kaida-Chef habe auch weiter zu Anschlägen gegen die USA aufgerufen und daher eine Bedrohung dargestellt, so eine Regierungsmitarbeiterin.

Auch "Terror-Doktor" genannt

Al-Sawahiri galt als ideologisches Rückgrat des Terrornetzwerks. Bereits bevor er nach Bin Ladens Tod an die Spitze aufgerückt war, hatte sich der gelernte Arzt aus Kairo den Spitznamen "Terror-Doktor" erworben. "Er führte ein Leben voller Geheimnisse, Verrat, Verschwörung und Gewalt", schreibt die "New York Times".

Al-Sawahiri hatte zwar nicht Bin Ladens Charisma, war dafür aber für seine analytischen Fähigkeiten bekannt. Ihm wird ein tiefgreifender Einfluss zugesprochen, der Bin Laden erst geholfen haben soll, sich von einem charismatischen Prediger zu einem tödlichen Terroristen mit globaler Reichweite zu entwickeln. Als "das organisierte und gebildete Alter Ego von Bin Laden", wird er in der "New York Times" beschrieben.

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"Al-Sawahiri war entscheidend für das Überleben von Al-Kaida in den zehn Jahren seit Bin Ladens Tod", sagt Bruce Hoffman, ein Terrorismusforscher beim Council on Foreign Relations. Dafür sei auch seine strategische Vision wichtig gewesen. Hoffman sagt voraus, dass die Nachfolge in der Führung von Al-Kaida reibungsloser verlaufen werde, als von einigen Analysten vorhergesagt. "So oder so", sagte er, "wird der Krieg, den Bin Laden vor über einem Vierteljahrhundert ausgerufen hat, auf irgendeiner Ebene weitergehen."

Kritik am Afghanistan-Einsatz

Die Tatsache, dass sich al-Sawahiri in Afghanistan versteckte, wirft unterdessen eine unangenehme Frage auf: Was hat der dortige Krieg gegen den Terror gebracht? Ein 20 Jahre langer Militäreinsatz, der Unsummen verschlang und Zehntausende das Leben kostete – und der begann, weil das Land Al-Kaida-Terroristen Unterschlupf gewährt hatte.

US-Präsident Biden war wegen des chaotischen Abzugs der Truppen aus Afghanistan vor rund einem Jahr massiv in die Kritik geraten. Befürchtet worden war auch, dass Afghanistan ein Rückzugsort für Al-Kaida und die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) werden könnte. Beobachter halten den IS schon seit langer Zeit für eine größere Gefahr als Al-Kaida.

Taliban sollen gewusst haben, wo sich al-Sawahiri versteckte

Amerikanischen Erkenntnissen zufolge hätten Mitglieder der aktuellen Taliban-Führung gewusst, dass sich der Al-Kaida-Chef in der afghanischen Hauptstadt aufhielt, so eine amerikanische Regierungsvertreterin. Sie hätten damit klar gegen Vereinbarungen mit den USA verstoßen. In dem Abkommen von Doha aus dem Jahr 2020 hatten die Taliban im Gegenzug für den Abzug internationaler Truppen unter anderem zugesichert, dass von Afghanistan keine Terrorgefahr durch andere Gruppen wie Al-Kaida mehr ausgehen werde.

In Hintergrundgesprächen mit US-Beamten hat die BBC erfahren, dass Personen, die den Taliban zugeschrieben werden, al-Sawahiris Haus aufgesucht haben sollen – um Beweise für seine Anwesenheit zu vernichten.

Die radikalislamischen Taliban verurteilten die Attacke und werteten den Drohnenangriff der Amerikaner ihrerseits als Vertragsbruch – auch wenn für die Aktion keine Soldaten auf afghanischem Boden waren. US-Beamte erklärten, die Operation habe eine rechtliche Grundlage gehabt.

Der Drohnenangriff ist der erste bekannte US-Angriff in Afghanistan, seit die US-Truppen und Diplomaten das Land verlassen haben. Dieser Schritt könnte die Glaubwürdigkeit der Zusicherungen Washingtons stärken, dass die Vereinigten Staaten auch ohne militärische Präsenz in Afghanistan Bedrohungen aus dem Land bekämpfen können.

Verwendete Quellen
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