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Reaktionen auf Iran-Entscheidung: Obama warnt vor Krieg im Nahen Osten


Reaktionen auf Iran-Entscheidung
Obama warnt vor Krieg im Nahen Osten

Von dpa, afp, reuters, job

Aktualisiert am 09.05.2018Lesedauer: 5 Min.
Der frühere US-Präsident Barack Obama: Nach der Entscheidung Trumps, den Atomdeal mit Iran aufzukündigen, übte Obama seltene Kritik.Vergrößern des Bildes
Der frühere US-Präsident Barack Obama: Nach der Entscheidung Trumps, den Atomdeal mit Iran aufzukündigen, übte Obama seltene Kritik. (Quelle: Olivier Douliery/Pool/ABACAUSA.COM POOL/dpa)
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Die US-Regierung hat das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt. Die Entscheidung löst weltweit harsche Kritik aus. In China sieht man gar die Verhandlungen mit Nordkorea in Gefahr.

Auch nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran will Teheran an der Vereinbarung festhalten. Das versicherte der iranische Präsident Hassan Ruhani in einer Fernsehansprache. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump werde daran nichts ändern. Zugleich drohte er mit verstärkter Anreicherung von Uran.

"Wir lassen nicht zu, dass Trump diesen psychologischen Krieg gewinnt", sagte Ruhani. "Wir haben statt eines Abkommens mit sechs Staaten nun eines mit fünf." In den nächsten Wochen würden iranische Diplomaten mit den anderen fünf Verhandlungspartnern das weitere Verfahren besprechen.

Ruhani sagte, er habe die iranische Atomenergieorganisation angewiesen, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um gegebenenfalls "die unbegrenzte industrielle Anreicherung" von Uran wiederaufzunehmen. Der Iran werde aber "einige Wochen" mit der Umsetzung dieser Entscheidung warten und zunächst das Ergebnis der Gespräche mit den anderen Vertragspartnern abwarten.

Macron will an breiterem Abkommen arbeiten

Deutschland, Frankreich und Großbritannien bedauern die US-Entscheidung zum Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Das teilte Präsident Emmanuel Macron auf Twitter mit. Das internationale Regime zur Verhinderung der Verbreitung von Atomwaffen stehe auf dem Spiel.

Der französische Staatschef erklärte: "Wir werden kollektiv an einem breiteren Rahmen arbeiten." Dieser solle die nukleare Aktivität, die Zeit nach 2025, das Raketenprogramm und die Stabilität im Mittleren Osten abdecken, "insbesondere in Syrien, im Jemen und im Irak". Macron hatte bereits bei seinem US-Besuch im vergangenen Monat ein solches Gesamtkonzept für den Umgang mit dem Iran ins Gespräch gebracht.

Kritik auch aus der Union

Die EU ist "entschlossen", das Atomabkommen mit dem Iran aufrecht zu erhalten. Die Vereinbarung aus dem Jahr 2015 erfülle ihren Zweck, "dass der Iran keine Atomwaffen entwickelt", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini nach der Verkündung der Entscheidung. Mogherini zeigte sich "besonders besorgt" über die Ankündigung neuer Sanktionen gegen Teheran.

Der Außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, hat die Entscheidung Trumps als "schwerwiegende Fehlentscheidung" kritisiert. "Das Scheitern des Atomabkommens würde uns zu dem Punkt zurückführen, an dem der Iran unmittelbar vor dem Bau der Atombombe steht", sagte Hardt t-online.de. Der Iran müsse nun überzeugt werden, dass die Befolgung des Abkommens weiterhin im Interesse des Landes sei. "Deutschland und Europa sollten sich nicht an der Aufhebung der Aussetzung der Sanktionen beteiligen."

Stoltenberg will "umfassende politische Lösung"

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat dazu aufgerufen, eine "umfassende politische Lösung" für den Umgang mit dem Iran zu suchen. Es müsse nach dem Rückzug der USA aus dem Atomabkommen darum gehen, den Iran weiter von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten, sagte Nato-Sprecherin Oana Lungescu am Dienstagabend in Brüssel.

Eine Bewertung von Trumps Rückzugsentscheidung nahm Stoltenberg nicht vor. Lungescu verwies lediglich darauf, dass die Nato das Atomabkommen 2015 begrüßt hatte und den Iran zu seiner vollständigen Umsetzung aufgerufen hatte. Es sei nicht an dem Militärbündnis zu beurteilen, ob der Iran das Abkommen einhalte, sagte sie. Bündnispartner hätten aber ihre Besorgnis über das Raketenprogramm und die destabilisierenden Aktivitäten des Landes in der Region zum Ausdruck gebracht. Dabei gehe es auch um die Unterstützung von extremistischen Gruppen.

ICAN: "Höchst unverantwortlich"

Die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Internationale Kampagne für ein Atomwaffenverbot (ICAN) hat die Entscheidung von US-Präsident Trump als "höchst unverantwortlich" kritisiert. "Sie sprengt ein funktionierendes Abkommen und versetzt der Glaubwürdigkeit der USA als Vertrags- und Diplomatiepartner einen bedeutenden Schlag", schrieb die Organisation auf Twitter. "Nordkorea wird das zweifellos beobachten."

Russische Außenpolitiker haben den Ausstieg der USA scharf kritisiert. US-Präsident Trump provoziere geradezu, dass Teheran wieder an einer eigenen Bombe arbeite, sagte Senator Wladimir Dschabarow, Vize im Außenausschuss des Föderationsrates. Der Ausstieg sei "zerstörerisch, wenn nicht katastrophal". Russland will sich allerdings um den Erhalt des Abkommens bemühen. Die russische Führung sei in Kontakt mit der EU und dem Iran, zitiert die Nachrichtenagentur RIA den russischen Botschafter bei der EU.

Warnungen von Obama und Biden

Trumps Vorgänger Barack Obama kritisierte die Entscheidung scharf. "Ohne das Atomabkommen könnten die Vereinigten Staaten vor die negative Entscheidung gestellt werden, ob sie einen atomar aufgerüsteten Iran akzeptieren wollen oder einen weiteren Krieg im Nahen Osten", erklärte der frühere US-Präsident, unter dessen Ägide das Abkommen zustande kam. Obama hatte sich zuletzt nur äußerst selten zu tagesaktuellen Entscheidungen geäußert.

Obamas Vizepräsident Joe Biden erklärte, Trumps Entscheidung werde die USA international isolieren und einen atomar bewaffneten Iran wieder wahrscheinlicher machen. Zudem drohten die USA dadurch wieder, "auf einen Pfad zu einem Krieg mit dem Iran" zu gelangen.

China sieht Nordkorea-Verhandlungen in Gefahr

Auch Chinas Staatsmedien kritisieren den Ausstieg aus dem Atomabkommen scharf. Die Tageszeitung "China Daily" sprach von "einer Bedrohung für die Weltordnung". Wenn der Iran-Deal auseinanderfallen sollte, könnte das auch Hoffnungen für eine Lösung ähnlicher Krisen und Verhandlungen wie über den Atomkonflikt mit Nordkorea einen Schlag versetzen.

Indem die USA einseitig ein multilaterales Abkommen aufkündigten, gäben sie ein "sehr schlechtes Beispiel". "In einer Welt der gegenseitigen Abhängigkeiten ist kein Raum für reinen Egoismus", schrieb der Kommentator. "Wenn Trumps Amerika-zuerst-Doktrin bedeutet, dass die USA ihre eigenen Interessen auf Kosten anderer Länder verfolgen, werden die USA früher oder später zunehmend isoliert auf der Weltbühne dastehen."

UN-Generalsekretär António Guterres zeigt sich "zutiefst besorgt" über die US-Entscheidung. Das Abkommen sei eine "wesentliche Errungenschaft" beim Versuch, die Verbreitung von Atomwaffen einzudämmen, teilte Guterres nach der Ankündigung von US-Präsident Trump mit. Der Deal habe zu Frieden und Sicherheit in der Region sowie in anderen Teilen der Welt beigetragen. Andere Partner des Abkommens rief Guterres auf, sich weiter an gemachte Vereinbarungen zu halten.

Die Türkei hat den einseitigen Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran bedauert und zu einer Verhandlungslösung in dem Konflikt aufgerufen. Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO habe in regelmäßigen Abständen bestätigt, dass der Iran sich an die Vorgaben gehalten habe, teilte das Außenministerium in Ankara mit. Vor diesem Hintergrund sei es ein "unglücklicher Schritt", dass die USA das Abkommen einseitig aufgekündigt hätten. Ankara rief dazu auf, das Abkommen unter Kontrolle der IAEO weiterhin "in voller Transparenz, ohne Unterbrechung und vollständig umzusetzen".

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Netanjahu: "Mutig und richtig"

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Entscheidung des US-Präsidenten hingegen als "mutig und richtig" gelobt. "Wenn das Atomabkommen mit dem Iran so geblieben wäre wie zuvor, hätte dies dem Iran ermöglicht, binnen einiger Jahre genug Uran anzureichern, um ein ganzes Arsenal von Atombomben zu produzieren", sagte Netanjahu. Er forderte die Weltgemeinschaft dazu auf, ebenfalls aus dem Atomabkommen auszusteigen, neue Sanktionen gegen den Iran zu verhängen und "die iranische Aggression in unserer Region zu stoppen, vor allem in Syrien".

Trump hatte zuvor in Washington den Rückzug aus dem von ihm immer wieder kritisierten Atom-Deal bekannt gegeben, das den Iran am Bau von Kernwaffen hindern soll. Der Iran hatte sich 2015 verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffen bauen zu können. Im Gegenzug wurden Sanktionen gegen den Iran aufgehoben oder ausgesetzt und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen in Aussicht gestellt.

Verwendete Quellen
  • dpa, AFP, Reuters
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