Angriff auf Flugzeug Trotz Waffenruhe: Kämpfe im Sudan gehen wohl weiter
In dem umkämpften Land wurde sich auf eine weitere Feuerpause geeinigt. Allerdings wird sie offenbar nicht eingehalten.
Die rivalisierenden Militärblöcke im Sudan haben sich gestern auf eine Verlängerung der Waffenruhe um weitere 72 Stunden geeinigt. Das teilten die an der Vermittlung beteiligten Länder USA und Saudi-Arabien mit. Trotzdem kam es Augenzeugenberichten zufolge weiter zu Kämpfen.
Vor allem aus der westlichen Region Darfur wurden schwere Gefechte gemeldet. Mindestens 74 Menschen wurden in der Regionalhauptstadt Geneina allein Montag und Dienstag getötet, für die anderen Tage der Woche gibt wegen der anhaltenden Kämpfe noch keinen Überblick, wie die Ärztevereinigung des Landes am Freitag mitteilte.
Die Gewalt habe sich nach dem Abzug der Ausländer verstärkt, berichtete die Ärztevereinigung. Demnach kam es zu einem "Massaker" mit "dutzenden Toten und Verletzten". Augenzeugen in Darfur berichteten von heftigen Konflikten und Plünderungen. Die Kämpfe hätten sich "fast auf die gesamte Stadt" ausgebreitet und Kämpfer hätten "Märkte, öffentliche Gebäude, Lager mit Hilfsmitteln und Banken" geplündert und in Brand gesteckt, erklärte die Anwaltsvereinigung. Sie forderte die Konfliktparteien auf, "diesen törichten Krieg, der auf dem Rücken der Zivilisten ausgetragen wird, sofort zu beenden".
Türkischer Flieger beschossen
Freitagmorgen wurde zudem ein türkisches Transportflugzeug des Typs C-130 mit leichten Waffen beschossen. Wie das türkische Verteidigungsministerium auf Twitter mitteilte, war die Maschine auf dem Weg zum Militärflughafen Wadi Seidna im Norden der Hauptstadt Khartum, um türkische Staatsbürger zu evakuieren. Das Flugzeug sei trotz des Beschusses sicher gelandet. Es gebe keine Verletzten, das Flugzeug werde auf Schäden hin überprüft.
Im Sudan kämpft de-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan mithilfe des Militärs seit dem 15. April gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo. Dieser ist Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die beiden Generäle hatten die Führung des Landes mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsame Militärcoups 2019 und 2021 übernommen. Experten hatten gewarnt, dass der Machtkampf auch weitere regionale Konflikte erneut befeuern könnte.
Waffenruhe hielt nur sporadisch
Seit Dienstag war im Sudan eine erste 72-stündige Waffenruhe in Kraft gewesen. Sie lief gestern Abend aus. In dieser Zeit konnten Tausende Zivilisten fliehen, unter anderem in den Tschad und nach Ägypten, mehrere Länder evakuierten ihre Staatsangehörigen und weitere Menschen aus dem Krisenland. Auch diese Waffenruhe hielt nur sporadisch. Beide Seiten beschuldigten sich gegenseitig, die Feuerpause immer wieder zu brechen.
Gestern stimmten zunächst laut dem UN-Sondergesandten im Sudan, Volker Perthes, die sudanesischen Streitkräfte Verhandlungen in Juba zu, der Hauptstadt des benachbarten Südsudan. Am späten Abend stimmte auch der RSF zu.
Pistorius empfängt Soldaten
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, wollen heute in Wunstorf bei Hannover die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Empfang nehmen, die mehr als 700 Menschen aus dem nordostafrikanischen Land ausgeflogen haben.
Die Bundeswehr hatte von Sonntag bis Mittwoch in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt und der Bundespolizei nach eigenen Angaben mehr als 700 Menschen aus mehr als 40 Nationen aus dem Sudan ausgeflogen. Darunter waren mehr als 200 Deutsche. Der Sammelpunkt des Einsatzes war ein Militärflugplatz bei Khartum, der sudanesischen Hauptstadt. Zeitweise waren für den Evakuierungseinsatz etwa 1.000 Soldaten tätig. Der Bundestag hatte dem Einsatz der Bundeswehr am Mittwoch nachträglich mit einer ungewöhnlich deutlichen Mehrheit zugestimmt.
- Nachrichtenagentur dpa