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Ukraine-Krieg I Ukrainische Soldaten beklagen Folter – die Nacht im Überblick


Die Nacht im Überblick
Ukrainische Soldaten beklagen Folter in russischer Gefangenschaft

Von dpa, aj

Aktualisiert am 23.08.2022Lesedauer: 4 Min.
Ukrainischer Soldat aus Mariupol in russischer Gewalt.Vergrößern des Bildes
Ukrainischer Soldat aus Mariupol in russischer Gefangenschaft (Archivbild): Die Berichte freigelassener Soldaten sind schaurig. (Quelle: IMAGO/Alexey Kudenko)

Freigelassene ukrainische Soldaten beklagen schwere Misshandlungen in russischer Gefangenschaft. Präsident Putin hat die tote Nationalistin Dugina mit einem Orden ausgezeichnet. Ein Überblick.

Die kriegsgeplagte Ukraine mobilisiert zum zweiten Mal internationale Unterstützung für die Rückholung der 2014 von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Beim Onlinegipfel der sogenannten Krim-Plattform am Dienstag soll auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen. Angekündigt sind mehr als 50 Teilnehmende aus Europa, Asien, Amerika und Afrika. Das Format werde in diesem Jahr mit mehr Teilnehmern und mehr besprochenen Themen ausgeweitet, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Zugleich wächst in Kiew die Nervosität vor möglichen russischen Raketenangriffen auf ukrainische Städte, da wichtige Feiertage anstehen. Am Dienstag begeht die Ukraine den Tag ihrer blau-gelben Staatsfahne. Am Mittwoch ist Unabhängigkeitstag. Das Datum fällt mit einem halben Jahr der russischen Invasion zusammen, die am 24. Februar begonnen hatte. Der ukrainische Militärgeheimdienst mahnte die Bürger zu erhöhter Vorsicht: "Luftalarm ist ein ernsthaftes Signal, und alle sollten ihn beachten."

Der russische Präsident Wladimir Putin zeichnete derweil die bei einem Anschlag getötete Kriegsunterstützerin Darja Dugina posthum mit dem Tapferkeitsorden aus.

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Ex-Gefangener spricht von Fällen "schwerer Folter"

Bei der Schlacht um Mariupol gefangen genommene ukrainische Soldaten haben dem russischen Militär nach ihrer Freilassung aus der Kriegsgefangenschaft schwere Misshandlungen vorgeworfen. In einer Onlinepressekonferenz berichteten ehemalige Kämpfer des Asow-Regiments unter anderem von Gefangenen, denen durch Schläge Knochen gebrochen worden seien. Die Angaben der ehemaligen Soldaten konnten nicht unabhängig überprüft werden.

"Sie zogen uns aus und zwangen uns, nackt in der Hocke zu sitzen. Wenn einer der Jungen den Kopf hob, schlugen sie ihn sofort", sagte der ukrainische Soldat und Asow-Kämpfer Denys Tscherpouko am Montag auf der Pressekonferenz. Der frühere Gefangene Wladyslaw Schaiworonok sprach von Fällen von "schwerer Folter": "Manchen wurden Nadeln in die Wunden gestochen, manche wurden mit Wasser gefoltert."

Die Männer waren nach der russischen Einnahme von Mariupol im Mai gefangen genommen und später im Rahmen eines Gefangenenaustauschs freigelassen worden. Mariupol war im Mai nach wochenlangen heftigen Kämpfen endgültig unter russische Kontrolle geraten. Das Asow-Regiment ist ein ehemaliges Freiwilligenbataillon, das wegen seiner Verbindungen zu Rechtsextremisten umstritten ist und von Russland als "Neonazi-Gruppe" bezeichnet wird. 2014 wurde die Kampfgruppe formell in die ukrainische Nationalgarde integriert.

Krim-Plattform tagt zum zweiten Mal

Erstmals hatte die Ukraine 2021 mit internationalen Unterstützern beraten, wie die verlorene Krim zurückgeholt werden könnte. Als die Ukraine 2014 geschwächt war, hatte Russland die Halbinsel am Schwarzen Meer militärisch besetzt und nach einem international nicht anerkannten Referendum annektiert. Fast alle Staaten rechnen die Krim völkerrechtlich weiter zur Ukraine.

In dem von Putin befohlenen Krieg nutzt Russland die Krim für Angriffe auf die Südukraine. In den vergangenen zwei Wochen haben Explosionen auf russischen Militäranlagen den Krieg jedoch zurück auf die Touristen-Halbinsel getragen. Selenskyj und seine Führung sprechen von einer kommenden Rückeroberung der Krim.

Bei der Krim-Plattform sollen neben Scholz auch Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Japans Ministerpräsident Fumio Kishida und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprechen.

Russische Flugabwehr über Sewastopol im Einsatz

Wie in den Nächten zuvor war die russische Flugabwehr auf der Krim auch am Montag im Einsatz gegen mutmaßliche ukrainische Drohnen. Über Sewastopol, dem Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, hörten Anwohner Explosionen. "Ein Objekt wurde in großer Höhe abgeschossen. Deshalb war der Krach in verschiedenen Teilen der Stadt zu hören", schrieb Verwaltungschef Michail Raswoschajew auf Telegram. Meldungen über Schäden gab es nicht. In Kiew kündigte Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak an, die Intensität solcher Angriffe werde zunehmen.

Im größtenteils besetzten Gebiet Cherson griffen ukrainische Truppen am Montag den Staudamm von Nowa Kachowka am Dnipro an, um ihn für russische Truppen unpassierbar zu machen. Dabei seien die Mehrfachraketenwerfer Himars aus den USA eingesetzt worden, teilte die russische Besatzungsverwaltung mit. Zwei Menschen seien getötet worden. Eine Bestätigungen durch die Ukraine gab es nicht. Mit solchen Angriffen versucht die ukrainische Armee aber systematisch, die Versorgungswege für russische Truppen auf dem rechten Ufer des Dnipro abzuschneiden.

Im Osten der Ukraine gingen die russischen Attacken mit schwerem Artilleriefeuer und Luftangriffen weiter, wie der ukrainische Generalstab mitteilte. Nach Selenskyjs Angaben hat Russland seit Kriegsbeginn 3.500 Marschflugkörper auf die Ukraine abgefeuert. Die Artilleriegeschosse seien nicht zählbar, so intensiv sei das Feuer.

Orden von Putin für tote Nationalistin Dugina

Zwei Tage nach dem Tod der nationalistischen Publizistin Daria Dugina zeichnete Präsident Putin sie mit dem Tapferkeitsorden aus. Gewürdigt wurde nach Angaben des Kremls ihre "Tapferkeit und Hingabe bei der Erfüllung ihrer professionellen Aufgabe". Dugina, Tochter des rechtsnationalistischen und imperialistischen Philosophen Alexander Dugin, war am Sonntag durch einen Autobombe getötet worden. Quellen im Sicherheitsapparat sagten der Agentur Tass, dass der Anschlag wirklich der 29-Jährigen gegolten habe, nicht dem Vater.

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB teilte am Montag angebliche Ermittlungsergebnisse, wonach eine Ukrainerin im Auftrag Kiewer Geheimdienste Dugina ermordet haben soll. Danach sei sie mit ihrer Tochter nach Estland ausgereist. Die Ukraine bestreitet jede Verantwortung für den Anschlag. Experten verwiesen auf zahlreiche Ungereimtheiten in den angeblichen Beweisen, die der FSB vorlegte.

Der estnische Außenminister Urmas Reinsalu wies die Behauptung einer Flucht der angeblichen Attentäterin in sein Land zurück. Nach gegenwärtiger Einschätzung des Außenamts in Tallinn handele es sich um russische Propaganda, sagte er im estnischen Rundfunk.

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Ukraine arbeitet enger mit ihren Nachbarn zusammen

Die Ukraine und ihre EU-Nachbarländer haben zur Stärkung ihrer regionalen Zusammenarbeit die sogenannte Kiewer Initiative gegründet. Das teilte Selenskyj in Kiew mit. Er nannte die Nachbarn Polen, Rumänien, Slowakei und Ungarn sowie die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen als Teilnehmer. Die Zusammenarbeit stehe anderen Ländern offen. Man wolle vor allem in Sicherheitsfragen kooperieren.

Das wird am Dienstag außerdem wichtig

Russland hat für Dienstag den UN-Sicherheitsrat in New York wegen der Kämpfe um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja angerufen. Moskau begründete das mit angeblich andauerndem ukrainischem Beschuss auf das Kraftwerksgelände, das russische Truppen besetzt haben. Kiew wiederum betont stets, die Russen würden das AKW selbst beschießen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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