Neue Umfrage Macron und Le Pen – Schlagabtausch im TV-Duell erwartet
In wenigen Stunden werden sich die Präsidentschaftskandidaten Macron und Le Pen in einem TV-Duell in Frankreich gegenüber stehen. Einer der beiden liegt in den Umfragen vorn.
Sie suchte in Aktenordnern nach Informationen, verwechselte französische Großkonzerne und blamierte sich mit fehlgeschlagenen Angriffen auf Emmanuel Macron, statt eigene Themen zu setzen. Die rechte französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen will ihr Debakel von 2017 auf keinen Fall wiederholen, wenn sie am Mittwochabend (21 Uhr) vor den Augen Frankreichs erneut ihrem Kontrahenten Macron in der zentralen und einzigen TV-Debatte gegenübersteht. In den vergangenen Tagen hieß es für die 53-Jährige daher vor allem: vorbereiten und ausruhen.
Dass die Debatte für Le Pen vor der Stichwahl am 24. April oberste Priorität haben würde, das drang aus ihrem Wahlkampfteam schon unmittelbar nach der ersten Wahlrunde nach außen. Le Pen gönnt sich vor dem entscheidenden Fernsehauftritt mehr Ruhe als noch 2017, wie ihr Umfeld französischen Medien verriet. Damals war ihr Terminplan noch bis in die frühen Morgenstunden des Debattentags randvoll. Diesmal solle Le Pen ausreichend Schlaf bekommen, hieß es. Le Pen selbst wollte offenbar dem Eindruck entgegentreten, sie blicke mit Sorge auf die Debatte: Sie bereite sich ganz "normal" darauf vor, bei sich zu Hause, wie auf alle anderen Sendungen auch, sagte sie jüngst in einem Interview.
Macron liebt Debatten
Amtsinhaber Macron ließ derweil nicht viel über die Vorbereitung für den medialen Zweikampf nach außen dringen. Klar ist aber: Der 44-jährige Eliteabsolvent ist eloquent, schlagfertig und liebt Debatten. "Politico" zitierte sein Umfeld jedenfalls mit den Worten, als Präsident habe Macron kein PR-Training nötig.
Die Debatte war sowohl für den proeuropäischen Mitte-Politiker Macron und seine rechtsnationale Herausforderin Le Pen eine der letzten Chancen, die Französinnen und Franzosen von sich zu überzeugen – und wurde dementsprechend mit großer Spannung erwartet. Die beiden Kontrahenten stehen sich am Sonntag in der Endrunde um die Präsidentschaft gegenüber. Am 10. April hatten sie sich in der ersten Wahlrunde unter zwölf Kandidatinnen und Kandidaten durchgesetzt. Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2017 hatte es ein Duell zwischen den beiden gegeben. Umfragen gehen nun von einem knapperen Rennen aus. Gerade deshalb könnte dem medialen Schlagabtausch Experten zufolge besondere Bedeutung zukommen.
Mehrere Millionen Menschen werden wohl Debatte anschauen
Die traditionelle TV-Debatte zwischen den beiden Wahlrunden wird simultan auf mehreren französischen Kanälen übertragen. 2017 schalteten rund 16,4 Millionen Zuschauer ein. Damals war die Diskussion von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt. Beobachtern zufolge geht es für Le Pen und Macron nun besonders darum, linke Wähler zu bezirzen. Auf deren Stimmen wären beide für einen Wahlsieg angewiesen. Die Strategien unterscheiden sich jedoch.
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Le Pen, die im Wahlkampf betont freundlich und gemäßigt auftritt, wird sich wohl auch in der Debatte als Fürsprecherin ärmerer Bevölkerungsschichten inszenieren – und ihren Gegner als abgebrühten Mann der Eliten darstellen. Zuletzt sagte sie gar, sie wolle Frankreich wie eine Mutter anführen. 2017 wurde ihr noch vorgeworfen, sie sei bei all ihren Angriffen auf Macron zu wenig auf eigene Inhalte eingegangen. Dies dürfte Le Pen diesmal anders machen wollen und einen Abriss ihrer Politikpläne vorstellen: also etwa ihre Ideen zur Erhöhung der Kaufkraft, was auch das erste Debattenthema ist.
Über das Thema Umwelt als einen der acht Debattenkomplexe dürfte sich wohl vor allem Macron freuen, der seit Tagen versucht, mit Klimaversprechen jüngere und weiter links eingestellte Menschen zu gewinnen. Erwartet wird auch, dass er beim Punkt Internationales die früher offen zur Schau gestellte Russland-Nähe Le Pens aufspießen dürfte. Es liegt zudem nahe, dass er angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine vor einer bröckelnden Einheit des Westens im Falle eines Wahlsiegs der Herausforderin warnt.
Macron wird "Ruf als Präsident der Reichen" nicht los
Abseits aller Inhalte wird Macron sich wohl auch um sein Image bemühen müssen, gilt er doch vielen als arrogant und wird den Ruf eines "Präsidenten der Reichen" nicht los. Auch er wird aber versuchen, Le Pens Kreidefresserei der vergangenen Jahre zu offenbaren und sie eindeutig als rechts zu brandmarken.
Wie schon vor fünf Jahren dürfte Macron Schwächen in Le Pens Wahlprogramm aufzeigen und etwa fragen, wie sie ihre zahlreichen Versprechen zu finanzieren gedenkt. Le Pen hingegen wird diesmal bessere Chancen haben, mit ihren Attacken auf Macron zu punkten. Denn als Amtsinhaber bietet er nun deutlich mehr Angriffsfläche.
Macron hat derweil den Vorsprung in den Umfragen ausgebaut. In drei Befragungen vor der Stichwahl kam Macron im Schnitt auf 55,83 Prozent. Dies war gut ein Punkt mehr als am Freitag. Damit zeichnet sich ein weniger enges Rennen ab, als es vor der ersten Runde der Präsidentenwahl laut Umfragen zu erwarten war. Doch Ministerpräsident Jean Castex warnte davor, den Sieg voreilig auszurufen. "Das ist noch nicht in trockenen Tüchern", sagte er dem Hörfunksender France Inter.
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa