Nach Referendum in Chile Zehntausende feiern Entscheidung für neue Verfassung
Die jahrzehntealte Verfassung in Chile soll reformiert werden. Dafür stimmte das Volk. Das Referendum galt auch als Abstimmung über die Politik der aktuellen Regierung.
In Chile haben Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Santiago die Entscheidung für eine neue Verfassung mit Feuerwerken und Jubelgesängen gefeiert. Am Sonntag hatten sich nach vorläufigen Ergebnissen mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Wähler dafür ausgesprochen, die noch aus der Zeit des Diktators Augusto Pinochet stammende Verfassung durch eine neue zu ersetzen. Auslöser des Referendums waren – vor dem Hintergrund einer angespannten wirtschaftlichen Lage – massive und oft gewalttätige soziale Proteste im vergangenen Jahr.
Zeichen von Misstrauen gegen Politiker in Chile
Die Chilenen sprachen sich in der Volksbefragung für die Bildung einer verfassungsgebenden Versammlung aus 155 Mitgliedern aus, die je zur Hälfte von Männern und Frauen besetzt sein soll. Sie verwarfen den Vorschlag, auch Parlamentarier an der Bildung der neuen Verfassung zu beteiligen – ein Zeichen des tiefen Misstrauens gegen Politiker in Chile. Im kommenden April soll das Gremium gewählt werden. Es hat dann ein Jahr Zeit, um einen Verfassungsentwurf zu erarbeiten. Danach muss das Volk darüber abstimmen.
Viele Wähler verbinden die neue Verfassung mit der Hoffnung, dass dem in Chile praktizierten, vergleichsweise ungezügelten Kapitalismus Schranken in Form von mehr Rechten bei der Gesundheitsversorgung, den Renten und der Bildung auferlegt werden. Zu den Wünschen gehört auch eine Reform der privatisierten Wasserversorgung. Diese hat derzeit zur Folge, dass Kleinbauern zum Teil einen erschwerten Zugang zu der Ressource haben. Zudem soll die Minderheit der indigenen Mapuche anerkannt werden.
- Nachrichtenagentur Reuters