Schauplatz im Wahlkampf Trump ermutigt Briefwähler zu doppelter Stimmabgabe
Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat Briefwähler bei der Wahl im November zum Versuch ermutigt, zusätzlich auch im Wahllokal abzustimmen, und damit für einen Eklat gesorgt.
Sollte das Briefwahl-System so gut funktionieren, wie von dessen Befürwortern angegeben, "dann werden sie nicht in der Lage dazu sein", argumentierte Trump. Mehrere Bundesstaaten betonten, dass eine doppelte Stimmabgabe illegal wäre. Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany bestritt, dass der Präsident zu einer Rechtsverletzung aufgerufen habe.
Nach US-Bundesrecht kann die Abgabe von mehr als einer Stimme bei einer Präsidentschafts- oder Kongresswahl eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Dollar (8450 Euro) und/oder Haft von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. "Zweifach abzustimmen ist illegal, ganz egal, wer Sie dazu ermuntert", hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme des Bundesstaats Michigan. Trumps Sprecherin McEnany erklärte, dieser habe vor dem Betrugspotenzial durch Briefwahl warnen wollen.
Trump schrieb am Donnerstag auf Twitter, es gehe darum, dass Wähler sicherstellen sollten, dass ihr Stimmzettel tatsächlich gezählt und nicht verloren oder "zerstört" werde. Facebook und Twitter gingen am Donnerstag gegen Beiträge mit seinen Äußerungen vor, weil sie die Integrität der Wahlen gefährden könnten.
Die Demokraten um den Präsidentschaftskandidaten Joe Biden fordern angesichts der Corona-Pandemie, eine Briefwahl möglichst vielen Amerikanern möglich zu machen. Nach einer Umfrage des Instituts Pew aus der vergangenen Woche würden 58 Prozent der Wähler, die für Biden stimmen wollen, Briefwahl bevorzugen. Das gilt demnach nur für 19 Prozent der Wähler, die ihre Stimme Trump geben wollen.
Experten widersprechen Trumps wiederholter Behauptung, wonach Briefwahl Betrug Vorschub leistet. Trump hat dafür selber keine Belege präsentiert. US-Justizminister William Barr räumte ein, Trumps Warnungen basierten lediglich auf "Logik". Er habe keine Erkenntnisse, die auf Betrugspläne hinwiesen.
Biden traf sich unterdessen heute mit der Familie des bei einem Polizeieinsatz schwer verletzten Afroamerikaners Jacob Blake. Er sprach auch am Telefon mit Blake, wie dessen Anwälte mitteilten. Biden besuchte auch die Stadt Kenosha, in der ein Polizist Blake sieben Mal in den Rücken geschossen hatte. Ein Video von dem Polizeieinsatz löste Protest und Ausschreitungen in Kenosha sowie breite Empörung im Land aus.
Biden reiste nach Kenosha zwei Tage nach einem Besuch Trumps in der Stadt. Trump hatte sich dort mit Vertretern von Sicherheitskräften und von Krawallen betroffenen Unternehmern getroffen. Ein Gespräch mit der Blake-Familie gab es nicht. Biden traf sich in einer Kirche mit Vertretern verschiedener Bevölkerungsgruppen. Biden sagte vor der Reise, der Polizist, der auf Blake schoss, sollte seiner Ansicht nach angeklagt werden - auch wenn letztlich die Ermittlungen ihren Weg gehen müssten.
Trump legte unterdessen den Grundstein dafür, von Demokraten regierten "anarchistischen" Städten den Geldhahn aus Washington zuzudrehen. Der Präsident wies Barr am Mittwoch in einem Memorandum an, binnen 14 Tagen eine Liste von Städten und Bundesstaaten aufzustellen, die "Anarchie, Gewalt und Zerstörung" zulassen. Spätestens in 30 Tagen sollen dann Empfehlungen vorliegen, wie weit Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt an sie gestoppt werden können. Für die Regionen geht es um Milliarden Dollar.
Trump erwähnte in seinem Memorandum speziell Seattle, Portland, die Hauptstadt Washington sowie New York - alles demokratisch regierte Städte. Trump hat Kriminalität und Gewalt am Rande von Protesten - speziell in von Demokraten regierten Städten - zu einem zentralen Thema in seinem Wahlkampf gemacht. Das Leitmotiv ist, dass bei einem Sieg Bidens niemand mehr in Amerika sicher sein werde. Trump verspricht den Bürgern dagegen "Recht und Ordnung". Zugleich weigert sich der Präsident, Gewalt durch seine Anhänger zu verurteilen.