Chaos nach Abstimmung Referendum über Zukunft Mazedoniens gescheitert
Quorum verfehlt, aber trotzdem gewonnen? Die Volksabstimmung in Mazedonien endet im Chaos. Die Wahlkommission sieht die Abstimmung als gescheitert, der Premier spricht dennoch von Sieg.
Das mit Spannung erwartete Referendum in Mazedonien über den zukünftigen Weg des kleinen Balkanstaates endet am Sonntagabend überraschend. Die staatliche Wahlkommission gibt die Wahlbeteiligung bis eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale mit rund 34 Prozent an. Damit wäre die Abstimmung gescheitert, weil mehr als die Hälfte der 1,8 Millionen Stimmberechtigten hätten teilnehmen müssen. Dennoch tritt Regierungschef Zoran Zaev noch vor Ende der Auszählung vor die Presse und spricht von einem großartigen Sieg.
Bei der Entscheidung ging es um die vom Nachbarn Griechenland erzwungene Änderung des Staatsnamens, der in Zukunft Nord-Mazedonien heißen sollte. Athen hatte fast drei Jahrzehnte lang jede Annäherung des Balkanstaates an die Nato und EU blockiert, um Skopje zum Einlenken zu bewegen. Begründung: In Nordgriechenland gibt es eine gleichnamige Provinz. Nach einem Ja zum neuen Namen sollte Mazedonien schnell 30. Mitglied der Nato werden, hatten die USA angekündigt. Auch die EU, deren Beitrittskandidat Mazedonien seit 2005 ist, wollte Verhandlungen aufnehmen.
"Mazedonien wird Mitglied der Nato und EU werden"
Regierungschef Zaev sagte nun, eine "riesige Mehrheit" habe für die Mitgliedschaft des Landes in der Nato und EU gestimmt. Weitere Angaben machte er nicht. Jetzt müsse "dieser Wunsch in politische Aktivität des Parlaments umgesetzt werden". Noch am Abend kündigte er an, die Pläne für eine Namensänderung des Landes dem Parlament zur Abstimmung vorlegen zu wollen.
Die Volksvertretung solle das deutliche Ja zu der Namensänderung in Republik Nord-Mazedonien bestätigen, sagte Zaev am Sonntagabend der Nachrichtenagentur AFP. Er rief die Abgeordneten auf, sie sollten "den Willen der Mehrheit bestätigen".
Sollte die Opposition ihre Zustimmung verweigern, werde es vorzeitige Parlamentswahlen im kommenden Dezember geben, kündigte Zaev an: "Ich werde weiter dieses Land führen und Mazedonien wird Mitglied der Nato und EU werden." Zaev hatte das Namensabkommen mit seinem griechischen Kollegen Alexis Tsipras nach 27 Jahren Streit verabredet.
Im Parlament müsste Zaev eine Zweidrittelmehrheit von 80 der 120 Abgeordneten zustande bringen. Zuletzt hatten aber nur 69 Mandatsträger für den Vertrag gestimmt. Die Opposition lehnt das Abkommen strikt ab, weil ihrer Meinung nach damit die nationale Identität aufgegeben wird. Vertreter der Opposition feierten am Abend bei diversen Kundgebungen in Mazedonien den Misserfolg des Referendums.
Griechenlands Populisten begrüßten unterdessen das Scheitern des Mazedonien-Referendums. "Als ich sagte, das Referendum wird scheitern, hat man mich beschimpft. Nun haben 68 Prozent des Volkes das Abkommen (zur Beilegung des Namensstreits mit Griechenland) für ungültig erklärt", meinte Panos Kammenos, Chef des rechtspopulistischen Regierungspartners in Athen, per Kurznachrichtendienst Twitter.
- dpa, AFP