t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikAusland

«Ausgehungert» - Israel schockiert über Zustand der Geiseln


Waffenruhe in Nahost
"Ausgehungert" - Israel schockiert über Zustand der Geiseln

Von dpa
Aktualisiert am 08.02.2025 - 17:10 UhrLesedauer: 4 Min.
Nahostkonflikt - Freilassung von GeiselnVergrößern des Bildes
Eli Scharabi auf einem undatierten Bild vor der Entführung und bei seiner Freilassung aus der Geiselhaft. (Quelle: Uncredited/Abdel Kareem Hana/Hostage's Family Forum/AP/dpa/dpa-bilder)
News folgen

Drei weitere aus Israel Verschleppte kommen aus der Gewalt der Hamas frei. Der Anblick der Geiseln hat viele schockiert. Israel entlässt im Gegenzug wieder Dutzende Palästinenser aus Gefängnissen.

Die islamistische Hamas hat im Rahmen eines Waffenruhe-Abkommens mit Israel drei weitere Geiseln freigelassen. Israel entließ im Gegenzug 183 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen. Die Hamas ließ Ohad Ben Ami (56), Or Levy (34) und Eli Scharabi (52) nach 16 Monaten Geiselhaft im Gazastreifen frei. Ihr abgemagertes und blasses Aussehen sorgte in Israel für Entsetzen.

Aufnahmen der Geiselübergabe an Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) zeigten, wie die drei schwach wirkenden Israelis zunächst von vermummten und bewaffneten Hamas-Mitgliedern auf eine Bühne in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens geführt wurden. Israelischen Medien zufolge bedankten sie sich in dem von der Hamas choreografierten Auftritt bei ihren Geiselnehmern.

Auf der Bühne war auch eine Faust mit einer palästinensischen Flagge zu sehen. Die militärisch nach 16 Monaten Krieg extrem angeschlagene Islamistenorganisation nutzte die Freilassungen in den vergangenen Wochen stets als Machtdemonstration. Hunderte Schaulustige verfolgten das inszenierte Prozedere vor Ort, wie in Live-Übertragungen zu sehen war. Israels Staatspräsident Izchak Herzog sprach von einem "zynischen und grausamen Spektakel".

Bestürzung in Israel nach Anblick der Geiseln

Angehörige und Politiker in Israel reagierten angesichts des augenscheinlich schlechten Zustands der freigelassenen Männer bestürzt. Die Tochter von Ohad Ben Ami (56), sagte israelischen Medien zufolge, sie habe ihren Vater kaum wiedererkannt. Sie wolle ihn einfach nur umarmen, sagte Ella Ben Ami.

Der Bruder von Or Levy sagte israelischen Medien zufolge, es sei schwer, ihn so zu sehen, nach allem, was er durchgemacht habe. Dessen dreijähriger Sohn sei aufgeregt und könne es kaum erwarten, seinen Vater wiederzusehen, sagte Tal Levy demnach. Die Mutter des Kindes war bei dem Hamas-Massaker im Süden Israels am 7. Oktober 2023 auf dem Nova-Musikfestival getötet worden.

Die Angehörigen von Eli Scharabi, dessen Frau zusammen mit den beiden gemeinsamen Töchtern am 7. Oktober von Terroristen ermordet wurde, zeigten sich erleichtert über dessen Freilassung. Gleichzeitig seien sie "betrübt, aber nicht überrascht" über den schlechten körperlichen Zustand der freigelassenen Männer, hieß es.

Israels Präsident: Geiseln "ausgehungert" und "abgemagert"

"So sieht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus", erklärte der israelische Staatspräsident Isaac Herzog angesichts des Zustands der Geiseln. "Die ganze Welt muss auf Ohad, Or und Eli blicken, die nach 491 Tagen Hölle, ausgehungert, abgemagert und leidend, zurückkehren."

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, die "schockierenden Bilder" würden nicht unbeantwortet bleiben. Er kündigte Maßnahmen an - ohne Details zu nennen. Regierungsangaben zufolge beschwerte sich Israel bei den zwischen dem Land und der Hamas vermittelnden Staaten Katar, Ägypten und den USA.

Unter Familien der Geiseln, die erst in einer zweiten Phase des Deals freikommen sollen, verschärften die Bilder der Männer die Angst um den Zustand ihrer Angehörigen in der Gewalt der Islamisten.

Von der Regierung veröffentlichte Aufnahmen zeigten, wie die Männer von der Armee empfangen wurden. Dem freigelassenen, hageren Or Levy scheint das Laufen schwer zu fallen. Er wurde in eine Klinik im Zentrum des Landes gebracht. Auch die beiden anderen Männer sollten in Kliniken geflogen werden.

Baerbock: Geisel-Freilassung Grund zur Hoffnung

Außenministerin Annalena Baerbock begrüßte die Freilassung der Geiseln. "Das ist ein Grund zur Freude und gibt Hoffnung", teilte die Grünen-Politikerin auf der Plattform Bluesky mit. "Es ist gleichzeitig unerträglich, dass die Hamas die drei Männer auch im letzten Moment noch einmal öffentlich vorführt und zu "Interviews" zwingt."

Sie sei in Gedanken besonders bei der Deutsch-Israelin Raz Ben Ami, der Ehefrau des freigelassenen Ohad Ben Ami - diese war selbst in den Gazastreifen verschleppt worden und im November 2023 freigekommen. "14 Monate nach ihrer eigenen Freilassung kann sie ihren Mann Ohad endlich wieder in die Arme schließen", schrieb Baerbock.

Jubel in Ramallah nach Freilassung von Häftlingen

In Ramallah im Westjordanland warteten Hunderte auf die Ankunft der palästinensischen Häftlinge aus dem Ofer-Gefängnis, meldete die örtliche Nachrichtenagentur Wafa. Eine weitere Gruppe Häftlinge habe ein Gefängnis in der Negev-Wüste in Israel verlassen und sei auf dem Weg in den Gazastreifen, meldete die "Times of Israel".

Zu dieser Gruppe gehören 111 Palästinenser, die im Zuge des Gaza-Kriegs festgenommen worden waren, sowie 20 Menschen, die schon zuvor zu hohen Haftstrafen verurteilt worden waren. 42 Gefangene kehrten Berichten zufolge ins Westjordanland und drei nach Ost-Jerusalem zurück. Sieben Häftlinge werden im Rahmen des Abkommens aufgrund ihrer schweren Straftaten ins Ausland verbannt.

Noch 76 Geiseln im Gazastreifen - 35 sollen tot sein

Palästinensische Terroristen hatten die Geiseln während des Hamas-Massakers am 7. Oktober 2023 in Israel verschleppt. Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Januar hat die Hamas damit bereit 16 von insgesamt 33 israelischen Geiseln freigelassen, die während der ersten Phase der dreistufigen Vereinbarung von der Hamas übergeben werden sollen. Außerdem ließ die Terrororganisation fünf Thailänder frei, dies aber nicht als Teil der Vereinbarung mit Israel.

Die Hamas hatte zuvor mitgeteilt, dass acht der 33 israelischen Geiseln tot seien. Um wen genau es sich dabei handelt, ist unklar.

Nun werden noch insgesamt 76 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. 35 von ihnen sind israelischen Angaben zufolge tot. Die nächsten Geiseln sollen am kommenden Wochenende freikommen. Insgesamt sollen in der ersten Phase des Abkommens mehr als 1.900 palästinensische Häftlinge im Austausch für die Geiseln freikommen.

Verhandlungen über zweite Phase der Waffenruhe laufen

Die Waffenruhe war bei mühsamen indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens ausgehandelt worden. Es laufen Bemühungen um eine Einigung auf eine zweite Phase der Vereinbarung, die zu einem endgültigen Ende des Kriegs und zur Freilassung der restlichen Geiseln, die noch am Leben sind, führen soll. Für eine dritte Phase ist die Rückgabe von Leichen Entführter und der Wiederaufbau des schwer zerstörten Gazastreifens vorgesehen.

Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Der Überfall war der Auslöser des Kriegs in dem abgeriegelten Küstengebiet, wo seither laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 48.100 Menschen getötet wurden. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel



Telekom