Deutscher Staatsbürger im Iran hingerichtet Tochter von Sharmahd fordert "schwere Strafe"
Trotz internationaler Kritik vollstreckt der Iran das Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd. Seine Tochter hatte lange um die Rettung des Mannes gekämpft.
Die Tochter des mutmaßlich hingerichteten Deutsch-Iraners Djamshid Sharmahd hat Beweise für den Tod ihres Vaters und eine "schwere Strafe" für den Iran gefordert. In einem Beitrag im Onlinedienst X erklärte Gazelle Sharmahd am Dienstag, sie warte darauf, die US- und die Bundesregierung zu sprechen und zu prüfen, ob diese Beweise für die Hinrichtung ihres Vaters haben. Sie forderte die "sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig)" und eine "schwere Strafe für die Mörder des islamischen Regimes".
Die iranische Justiz hatte am Montag erklärt, dass Jamshid Sharmahd hingerichtet worden sei. Das Todesurteil gegen ihn sei am Montagmorgen "nach Durchlaufen des gerichtlichen Verfahrens und der endgültigen Genehmigung der Gerichtsentscheidung durch den Obersten Gerichtshof" vollstreckt worden, teilte die Justiz auf ihrer Internetseite Misan Online mit. Deutschland hatte die Aufhebung des Urteils gefordert.
Sharmahd wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, wuchs in Deutschland auf und lebte zuletzt in den USA. Von dort aus setzte sich auch seine Tochter vergeblich für die Rettung ihres Vaters ein. Weder flehende Appelle noch politischer Druck zeigten Wirkung. Gazelle Sharmahd warf sowohl der Bundes- als auch der US-Regierung vor, ihren Vater in Verhandlungen "im Stich gelassen" und seine Familie ignoriert zu haben.
Scholz bezeichnet die Hinrichtung als "Skandal"
Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Hinrichtung im Onlinedienst X als "Skandal". Zuvor hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bereits "schwerwiegende Folgen" angekündigt. Nach Angaben Scholz' hatte sich die Bundesregierung "immer wieder intensiv für Herrn Sharmahd eingesetzt".
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CDU-Chef Friedrich Merz hatte eine politische Patenschaft übernommen. Er verurteilte die Hinrichtung als "scheußliches Verbrechen" und forderte, den iranischen Botschafter in Berlin auszuweisen. "Die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen auf die Geschäftsträgerebene ist angezeigt", schrieb Merz auf der Plattform X.
Renata Alt (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, sprach von einer "schrecklichen Nachricht". Die brutale Hinrichtung sei "ein weiterer Beleg dafür, dass mit diesem Terrorregime keine konstruktiven Verhandlungen möglich sind".
Urteil um die Exil-Oppositionsgruppe "Tondar"
Ein Revolutionsgericht hatte Sharmahd im Frühjahr 2023 wegen Terrorvorwürfen verurteilt. Hintergrund dürfte sein Engagement in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner) sein. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Sharmahds Familie und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen vehement zurück.
In blau gestreifter Gefangenenkleidung, wie sie im Iran üblich ist, saß Sharmahd vor Gericht. Staatliche Medien veröffentlichten immer wieder Fotos des 69-Jährigen – mal mit Brille, mal mit Gesichtsmaske und weit geöffneten Augen. Die bedrückenden Bilder sind die letzten öffentlich bekannten Aufnahmen vor seiner Hinrichtung. Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt.
Kritiker bezeichneten den Prozess als grob unfair – Sharmahd durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Der Deutsch-Iraner war im Sommer 2020 unter mysteriösen Umständen während einer Reise aus Dubai in den Iran verschleppt worden; mehrere Berichte sprechen von einer Entführung durch den iranischen Geheimdienst. Seitdem saß er in Isolationshaft.
Nach der Protestwelle im Iran im Herbst 2022 und dem gewaltsamen staatlichen Vorgehen gegen die Demonstranten haben sich die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa verschlechtert. Auch für ihre Nahost-Politik und die militärische Unterstützung Russlands steht die Iran-Regierung in der Kritik.
Vorsitz im Prozess hatte "Richter des Todes"
Hinrichtungen europäischer Staatsbürger sind im Iran außergewöhnlich. Doch mit der Vollstreckung von Todesurteilen gegen einen Schweden und einen Briten, die beide auch die iranische Staatsbürgerschaft besaßen, löste die iranische Justiz im vergangenen Jahr einen Aufschrei aus. Experten kritisierten immer wieder, dass der Sicherheitsapparat des Iran Ausländer inhaftiert, um wichtige Funktionäre im Ausland freizupressen. Auch Sharmahds Familie hoffte bis zuletzt auf einen solchen Deal.
Der Fall des Deutsch-Iraners ist politisch äußerst brisant. Das zeigte sich auch in iranischen Reaktionen auf Kritik aus Berlin. Anfang 2023 erklärte der damalige Außenamtssprecher Nasser Kanaani, dass Deutschland zu emotional reagiere. "Die Islamische Republik Iran wird niemanden um Erlaubnis fragen, um gegen Terrorismus vorzugehen."
Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als "Richter des Todes", der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa