Nach Druck aus Rom Deutschland nimmt 50 Bootsflüchtlinge aus Italien auf
Vor der italienischen Küste liegen zwei Schiffe mit 450 aus Seenot geretteten Migranten. Italien will die Flüchtlinge nicht an Land lassen. Nun greifen mehrere EU-Länder ein.
Deutschland hat sich dazu bereit erklärt, 50 der am Wochenende vor der italienischen Küste geretteten 450 Migranten von Italien zu übernehmen. "Deutschland und Italien sind übereingekommen, dass Deutschland im Blick auf die laufenden Gespräche über eine intensivere bilaterale Zusammenarbeit im Asylbereich, in diesem Fall bereit ist, 50 Menschen aufzunehmen", erklärte eine Regierungssprecherin.
Zuvor hatten sich nach Angaben der Regierung in Rom bereits Malta und Frankreich bereiterklärt, jeweils 50 Menschen aufzunehmen. Ein Schiff der EU-Grenzschutzagentur Frontex und ein zweites der italienischen Steuerfahndung hatten die Migranten nahe der Insel Linosa von einem Holzboot geholt.
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Die italienische Regierung will die Migranten nicht in Italien von Bord gehen lassen und sucht nach aufnahmewilligen EU-Ländern. "Italien ist nicht mehr dazu bereit, ein Problem alleine zu lösen, dass alle europäischen Länder betrifft", sagte eine Person im Umfeld von Regierungschef Guiseppe Conte.
Italien fordert mehr europäische Unterstützung
Die Ereignisse im Mittelmeer bestätigten, dass die Errungenschaften des EU-Gipfels Ende Juni schnellstens und ohne Zögern verwirklicht werden müssten, schrieb Conte in einem Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs. In Brüssel hatte Conte darauf gedrungen, dass die übrigen Mitgliedsländer dem Land an der Außengrenze Europas mehr Flüchtlinge abnehmen und sich an der Aufnahme aus Seenot geretteter Menschen beteiligen. Am Samstag rief er seine Kollegen zu einem "unmissverständlichen Zeichen" geteilter Verantwortung auf: zur Aufnahme eines Teils der Migranten. Auch an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk hatte er einen Brief geschrieben.
Italien fühlt sich seit langem allein gelassen in der Migrationskrise. Die neue Regierung in Rom und allen voran der rechte Innenminister Matteo Salvini pochen auf mehr Unterstützung von den EU-Partnern. Um den Druck auf sie zu erhöhen, wurden in den vergangenen Wochen mehrfach Schiffe mit geretteten Migranten auf dem Meer blockiert. Hilfsorganisationen war die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt worden.
Seit Wochen kommen weniger Flüchtlinge
Transportminister Danilo Toninelli von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung schrieb auf Twitter, die Regierung habe in 45 Tagen mehr Ergebnisse erzielt als in vielen Jahren zuvor. Italien habe international Glaubwürdigkeit wiedererlangt. Auch Salvini verbuchte die Einigung mit Malta und Frankreich als Erfolg und twitterte: "Willen ist Macht."
In Italien kommen jedoch bereits seit Monaten signifikant weniger Flüchtlinge an. Die Vorgängerregierung hatte die Zusammenarbeit mit Libyen verstärkt, wofür sie vielfach scharf kritisiert wurde.
- Reuters, dpa