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Macron sieht sich in der Tradition eines legendären Franzosen


Durchmarsch des 39-Jährigen
Macron sieht sich in der Tradition einer Legende

Von dpa
18.06.2017Lesedauer: 4 Min.
Emmanuel Macron Macron will seine Machtfülle nutzen, um sein Land aus dem wirtschaftlichen Schlamassel zu holen.Vergrößern des Bildes
Emmanuel Macron Macron will seine Machtfülle nutzen, um sein Land aus dem wirtschaftlichen Schlamassel zu holen. (Quelle: Alexander Zemlianichenko/dpa-bilder)

Durchmarsch - so lautet die Devise des Lagers von Präsident Emmanuel Macron bei der heutigen Endrunde der Parlamentswahl. Mit einer starken Hausmacht im Rücken kann der 39-Jährige Reformen angehen. Auch für den EU-Gipfel in Brüssel hat er neue Ideen bereit.

Der 18. Juni ist in Frankreich ein besonderer Tag. Dann wird feierlich an den Widerstands-Appell von Charles de Gaulle erinnert. Der damals unbekannte General rief 1940 von London aus zum Kampf gegen Hitler-Deutschland auf. Emmanuel Macron wird es sich am Sonntag als neugewählter französischer Staatschef nicht nehmen lassen, in der Nähe von Paris an den berühmten Appell des Weltkriegshelden zu erinnern. Zuvor will der 39-jährige Senkrechtstarter seine Stimme bei der zweiten Runde der Parlamentswahl im Badeort Le Touquet am Ärmelkanal abgeben.

Die Erinnerung an De Gaulle, der in Frankreich wie ein Heiliger verehrt wird, und das Wahlfinale hängen für Macron durchaus zusammen. Der jüngste Staatspräsident aller Zeiten beruft sich ganz unbescheiden auf die Tradition des legendären Vorgängers, der 1958 die noch immer existierende Fünfte Republik auf der Taufe hob. Diese gibt dem Staatschef eine erhebliche Machtfülle. Macron will sie nutzen, um sein Land aus dem wirtschaftlichen Schlamassel mit hoher Arbeitslosigkeit und einem Schuldenberg zu holen. Zudem will er seinen verunsicherten Landsleuten wieder mehr Selbstvertrauen geben.

Der als Außenseiter gestartete Macron kündigte im endlos langen Präsidentenwahlkampf eine Revolution an - und erreichte sie. Er wurde aus dem Stand zum Staatschef gewählt. Auch seine zunächst belächelte Absicht, sich eine stabile Parlamentsmehrheit zu schaffen, wird an diesem Sonntag aller Voraussicht nach wahr werden.

Macrons Lager kann nach Umfragen mit bis zu 470 der 577 Sitze in der Nationalversammlung rechnen. Seine inzwischen zur Partei mutierte Bewegung La République en Marche (REM) gründete der damalige Wirtschaftsminister erst vor 14 Monaten.

Keine Präsidentenpartei war in den vergangenen Jahrzehnten so stark wie die von Macron. Die Hälfte der Macron-Kandidaten sind Politneulinge, die Hälfte Frauen - wie die Biobäuerin Sandrine Le Feur aus der Bretagne oder die Wissenschaftlerin Sheerazad Boulkroun aus der Pariser Vorstadt Ivry sur Seine.

Hollandes Partei dürfte 90 Prozent der Parlamentssitze verlieren

Macrons Neustart der politischen Mitte krempelt das politische Leben in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone komplett um. Bürgerliche Rechte und Sozialisten, die über Jahrzehnte die Geschicke des Landes bestimmten, sind an den Rand gedrängt und zerstritten.

Die Sozialisten von Macrons glücklosem Amtsvorgänger François Hollande dürften 90 Prozent ihrer Parlamentssitze verlieren. Die konservativen Republikaner sind gespalten in Macron-Sympathisanten und Macron-Gegner. In der Tat ist die Lage für die gemäßigte Rechte äußerst kompliziert, denn in der Macron-Regierung sitzen prominente Vertreter ihres Lagers wie Premier Edouard Philippe und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire.

Das vielleicht erstaunlichste Ergebnis der politischen Achterbahnfahrt der vergangenen Monate ist der Absturz der rechtsextremen Front National. Noch vor wenigen Monaten fürchtete ganz Europa eine mögliche Schockwelle nach den Wahlen, denn Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen kündigte einen Ausstieg aus der Eurowährung an. Die 48-Jährige schaffte es immerhin in die Endrunde im Mai und holte fast elf Millionen Stimmen. Bei der Parlamentswahl kann aber von einer "Marine-Welle" mit den zunächst erhofften 50 bis 60 Abgeordneten keine Rede mehr sein. Umfragen geben der FN allenfalls bis zu fünf Sitze - die in ihrer Partei nicht mehr unumstrittene Le Pen könnte im nördlichen Département Pas-de-Calais gewählt werden.

Macron bekommt aus Deutschland viel Wohlwollen

Macron wird sich nicht auf den Lorbeeren von zwei gewonnenen Wahlen ausruhen können. Die Regierung will noch in diesem Monat die Lockerung des als verkrustet kritisierten Arbeitsrechts angehen. Mit Arbeitnehmerprotesten ist zu rechnen. Premier Philippe stimmte die Franzosen bereits aufs Sparen ein, denn das Haushaltsdefizit droht wieder einmal auszuufern. Macrons Reformen werden in Deutschland und bei anderen EU-Partnern aufmerksam beobachtet. Denn der an der Elitehochschule ENA ausgebildete Jungstar muss beweisen, dass er auch liefern kann.

An diesem Donnerstag wird der frühere Topberater von Hollande erstmals beim EU-Gipfel in Brüssel auftreten. Der Sozialliberale hat als Europabefürworter gegen Le Pen gewonnen und muss nun seinen Landsleuten zeigen, dass dies auch Vorteile bringt. Vor dem Spitzentreffen mit Angela Merkel und den anderen EU-Chefs gibt der Chef des Élyséepalastes schon einmal das Motto aus, dass Europa schützen müsse. Er will Sozialdumping verhindern und dem Vernehmen nach in der Gipfelrunde auch die Idee vorbringen, ausländische Investitionen in europäischen "strategischen Bereichen" kontrollieren zu lassen. Widerstand aus den Niederlanden und den nordischen EU-Ländern ist aber offenbar schon programmiert.

Macron bekommt gerade beim wichtigsten EU-Partner Deutschland viel Goodwill. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht nach der Macron-Wahl Grund in der EU für "neuen Optimismus". Beim ersten deutsch-französischen Ministerrat nach dem Machtwechsel wird es am 13. Juli in Paris aber nach ergänzenden Informationen allenfalls Signale für einen deutsch-französischen Neuanfang geben. Erst müsse die Bundestagswahl im September abgewartet werden, berichten Insider.

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