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Der große Brexit-Poker hat begonnen


Beide Seiten stellen sich stur
Der große Brexit-Poker hat begonnen

dpa-afx, Verena Schmitt-Roschmann

02.05.2017Lesedauer: 3 Min.
Der britischen Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stehen harte Brexit-Verhandlungen bevor.Vergrößern des Bildes
Der britischen Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stehen harte Brexit-Verhandlungen bevor. (Quelle: dpa)

Jetzt sind die Fronten klar. Die Europäische Union hat am Wochenende ihre Forderungen für die anstehenden Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens festgezurrt und zeigt sich ungewöhnlich geschlossen gegenüber London. Dort beharrt Premierministerin Theresa May jedoch auf ihren Gegenforderungen.

Kompromissbereitschaft lässt die konservative Regierungschefin nicht erkennen - jedenfalls nicht mitten in der Kampagne vor der Parlamentswahl am 8. Juni. Die Brexit-Verhandlungen beginnen erst danach. Derzeit stellen sich beide Seiten stur.

Was will die EU?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es beim EU-Sondergipfel zum Brexit am Samstag noch einmal klar gesagt: "Wir wollen auch in Zukunft gute Beziehungen zu Großbritannien, aber wir wollen auch als 27 unsere Interessen gemeinschaftlich vertreten." In den jetzt verabschiedeten Verhandlungsleitlinien nennt die EU die Punkte, die aus ihrer Sicht zuerst geklärt werden sollen: Rechtssicherheit für die 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien und die 1,2 Millionen Briten in der EU, die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis und andere Rechte behalten sollen. Und eine "Finanzvereinbarung" über Verpflichtungen, die Großbritannien während der EU-Mitgliedschaft eingegangen ist. Ein weiterer Punkt ist Irland, das künftig durch eine EU-Außengrenze vom britischen Nordirland getrennt sein könnte. Erst wenn die EU einstimmig Fortschritte bei diesen Fragen festhält, will sie in einer zweiten Phase über die künftigen Beziehungen reden.

Was will Großbritannien?

Premierministerin May will Großbritannien aus dem europäischen Binnenmarkt führen, will aber eine "tiefe und besondere Partnerschaft" mit der EU und ein "ehrgeiziges Freihandelsabkommen", wie sie in ihrem Austrittsgesuch von Ende März schrieb. Das Abkommen über die künftigen Beziehungen will sie gleichzeitig mit den Bedingungen der Trennung aushandeln. "Wir glauben, dass es nötig ist, uns über die Bedingungen unserer künftigen Partnerschaft zusammen mit denen unseres Rückzugs aus der EU zu verständigen", schrieb sie. Diese Position bekräftigte May am Sonntag in der BBC.

Worüber wird es Streit geben?

Die EU will - im klaren Gegensatz zu Großbritannien - in zwei Phasen verhandeln und gibt sich in diesem Punkt knallhart. Auch von den finanziellen Forderungen an Großbritannien wollen die anderen EU-Länder keinesfalls abrücken. Es geht um Zusagen für den EU-Haushalt, für Fonds, Kreditprogramme, Pensionen für EU-Beamte und etliches mehr, die weit in die Zukunft reichen. Zur Debatte stehen bis zu 60 Milliarden Euro. Brexit-Befürworter in Großbritannien wollen aber nicht mehr an die EU zahlen. In einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll auch May nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt haben, Großbritannien schulde den EU-Partnern nach dem Austritt nichts. Das dürfte ein großer Streitpunkt werden. Daneben gibt es Dutzende weitere - vom Umzug der EU-Behörden bis zur Zukunft Gibraltars.

Wo liegen Gemeinsamkeiten?

Zwei Prinzipien halten beide Seiten hoch. Zum einen plädiert auch May für eine rasche Vereinbarung über die künftigen Rechte der EU-Bürger in ihrem Land und der Briten in der EU. Zum anderen bekennt sie sich wie die EU-Seite zu dem Ziel: "Wir sollten zusammenarbeiten, um die Brüche so klein wie möglich zu halten und so viel Rechtssicherheit wie möglich zu schaffen." Beide Seiten denken an ihre Unternehmen und ihre Volkswirtschaften. Großbritannien liefert 44 Prozent seiner Exporte in die EU, die EU immerhin 9,5 Prozent ins Vereinigte Königreich.

Wie sind die Chancen auf Einigung?

Eigentlich nicht schlecht. Zwar gab sich Juncker nach dem Gespräch mit May ernüchtert ob ihres mangelnden Kompromisswillens und sagte nach Angaben aus EU-Kreisen: "Ich verlasse die Downing Street zehnmal skeptischer, als ich vorher war." Und May drohte am Sonntag in der BBC abermals unterschwellig: Sie ziehe es vor, kein Austrittsabkommen mit der EU zu schließen als ein schlechtes. Allerdings kann May mitten im Wahlkampf realistischerweise kaum nachgeben. Letztlich hat keine Seite ein Interesse an einem Scheitern: ein "harter Brexit" ohne Anschlussregelungen wäre für Bürger und Unternehmen ein Desaster. "Das wäre schlecht für uns alle", sagt ein hoher EU-Beamter. Und May schrieb schon im März: "Wir müssen deshalb hart daran arbeiten, ein solches Ende zu vermeiden."

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