Frankreich bisher im Nachteil Ex-Präsident Sarkozy will deutsch-französische Führung in Europa
Zur Europawahl hat sich Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy mit aufsehenerregenden Vorschlägen für eine Umgestaltung der Europäischen Union zu Wort gemeldet: Der Hoffnungsträger vieler französischer Konservativer regte die Bildung eines deutsch-französischen Wirtschaftsraumes innerhalb der Euro-Zone an.
Deutschland und Frankreich sollten eine Führungsrolle in Europa übernehmen. "Wenn die beiden größten europäischen Wirtschaftsmächte sich für wirtschaftliche und steuerliche Konvergenz entscheiden, wird die Eurozone dadurch tiefgreifend gestärkt und die Stabilität unseres Kontinents gesichert werden", schrieb Sarkozy in einem von "Le Point" und "Die Welt" veröffentlichten Beitrag.
Der Ex-Präsident begründete seinen Vorstoß für "eine große, kohärente und stabile deutsch-französische Wirtschaftszone im Herzen der Eurozone" vor allem damit, dass sich Frankreich so besser gegen die Konkurrenz aus Deutschland behaupten könnte.
In seinem Beitrag schrieb er, steuerliche und soziale Nachteile könnten so ausgeglichen werden. Dies würde es erlauben, "unter den 18 Ländern unserer Währungsunion die Führung einzunehmen". Auch die Eurozone würde dadurch gestärkt und die Stabilität Europas gesichert.
"Klares Versagen"
Der 59-Jährige verkaufte seine Gedanken zwar als Plädoyer für Europa und die europäische Einigung, mahnte aber zugleich die Korrektur "gravierender Fehler" in der EU an. Ein "klares Versagen" prangerte er bei der europäischen Einwanderungspolitik an. Der Schengen-Vertrag zum freien Personenverkehr zwischen dessen Mitgliedstaaten müsse sofort ausgesetzt werden.
Erst nach Einführung einer einheitlichen Einwanderungspolitik könne es ein Schengen II geben. Er begründete dies mit einem "fast immer zu Lasten Frankreichs gehenden" "Sozial- und Migrationsdumping". Er forderte ein neues Abkommen, dem "die Mitgliedsstaaten erst nach vorheriger Einführung einer einheitlichen Immigrationspolitik beitreten". Ziel sei, die Einwanderung in Europa besser zu steuern.
Kompetenzen zurück in die Nationalstaaten
Der einstige Staatschef sprach sich darüber hinaus dafür aus, die Kompetenzen Brüssels drastisch zurückzuschneiden. Viele Entscheidungen müssten wieder in die Nationalstaaten zurückverlagert werden. Gleichzeitig plädierte er für mehr Integration der 18-Eurozonen-Länder. Das Projekt Europa müsse korrigiert, aber erhalten werden.
Die derzeitige Europadebatte finde "in einem Klima von Gleichgültigkeit und dumpfer Feindseligkeit statt, welches einem die Sprache verschlägt". Mit Blick auf die Europa-Gegner mahnte Sarkozy: "Wer die Zerschlagung Europas will, gefährdet den Frieden auf dem europäischen Kontinent."
In Frankreich könnte der rechtsextreme Front National bei der Europawahl am Sonntag laut Umfragen mit rund 23 bis 25 Prozent zur stärksten Partei noch vor der konservativen UMP von Sarkozy werden. Die regierenden Sozialisten liegen abgeschlagen auf dem dritten Platz. Berichte über Finanzaffären bei der UMP hatten den Wahlkampf der Konservativen zuletzt beeinträchtigt.
Rückkehr in die Politik?
Sarkozy hat sich seit seiner Wahlniederlage gegen den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande vor zwei Jahren weitgehend aus der Politik zurückgezogen. In unregelmäßigen Abständen meldet er sich aber mit politischen Erklärungen zurück. Seine Anhänger sehen dies als Beweis dafür, dass der ehemalige Staatschef eine Rückkehr in die Politik anstrebt - zum Beispiel als Präsidentschaftskandidat 2017.