Schwieriges Verhältnis zu Russland Baerbock zu Georgien: Tür ist "weit geöffnet"
Das russische Nachbarland Georgien arbeitet derzeit auf einen EU-Kandidatenstatus hin. Außenministerin Baerbock sicherte dem Land nun Unterstützung zu.
Außenministerin Annalena Baerbock hat Georgien auch angesichts russischer Einflussversuche deutsche Unterstützung im EU-Beitrittsprozess zugesagt und zu weiteren Reformen aufgefordert. "Die Tür zum EU-Kandidatenstatus ist weit geöffnet. Jetzt gilt es, die verbleibenden zwölf Schritte zu gehen", sagte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Gespräch mit ihrem Kollegen Ilia Dartschiaschwili in Tiflis, der Hauptstadt der früheren Sowjetrepublik. "Unsere Hand ist weit ausgestreckt."
Besonders hob Baerbock die georgische Zustimmung zu den UN-Resolutionen zur Verurteilung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hervor. Für den Beitrittsprozess seien Rechtsstaatlichkeit, demokratische Standards sowie Medienfreiheit essenziell, sagte sie. Zuletzt hatte es in Georgien Proteste gegen ein Gesetz gegeben, das laut Kritikern Medien und Nichtregierungsorganisationen ähnlich wie in Russland stark eingeschränkt hätte. Das Parlament lehnte den Entwurf schließlich ab.
Nach der Rücknahme habe die Regierung in Tiflis nun die Aufgabe, "die Polarisierung zu überwinden, Vertrauen wiederzufinden und die anstehenden Reformschritte mit aller Entschiedenheit zu gehen". Zugleich betonte Baerbock, es könne gerade bei den europäischen Werten keine Abkürzungen geben.
Verhältnis Georgiens zu Russland ist seit Jahren belastet
Gegenstand der Gespräche Baerbocks mit ihrem georgischen Kollegen war auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die georgische Regierung hat in der Generalversammlung der Vereinten Nationen das völkerrechtswidrige Handeln Russlands verurteilt, sich westlichen Sanktionen bislang aber nicht angeschlossen. Baerbock sagte, mit dem Votum gegen Russland habe Georgien gezeigt, auf welcher Seite es stehe. Es sei jedoch ebenfalls klar, dass ein Land, das Mitglied der EU werden wolle, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik des Staatenbundes unterstützen müsse.
Das Verhältnis Georgiens zu Russland ist seit Jahren belastet. Teile des Landes werden nach dem Zerfall der Sowjetunion seit den 90er-Jahren von prorussischen Separatisten kontrolliert, die vom Kreml unterstützt werden. Die Regionen Abchasien und Südossetien haben sich für unabhängig erklärt, was international allerdings nicht anerkannt wird. Seit Ende des russischen Georgien-Kriegs 2008 überwacht die EU-Beobachtermission EUMM die sogenannte Verwaltungslinie zwischen den Gebieten und dem Rest Georgiens. Baerbock wollte die Linie am Nachmittag in Südossetien besuchen, um sich ein Bild zu machen.
Dartschiaschwili sagte, die Beziehungen Georgiens zu Russland beschränkten sich auf einen erforderlichen Austausch innerhalb internationaler Organisationen, etwa zu humanitären Fragen. In der georgischen Zivilgesellschaft gibt es aber zunehmend Kritik, dass die amtierende Regierung nicht klar für Demokratie und Menschenrechte eintrete.
Dartschiaschwili betont intensive Arbeit an zwölf Kriterien
Der georgische Präsident sagte laut offizieller Übersetzung zudem, es sei "unerschütterlicher Wille des georgischen Volkes", in die EU einzutreten. Der Kandidatenstatus sei dabei "ein Knotenpunkt". Die Regierung arbeite intensiv an der Erfüllung der zwölf von der EU-Kommission dafür festgelegten Kriterien, sicherte er zu.
Die Europäische Union hatte die Ukraine und deren kleine Nachbarrepublik Moldau im Juni 2022 im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu Beitrittskandidaten gemacht. Georgien wurde dieser Status damals in Aussicht gestellt, sobald bestimmte Reformen erfüllt sind.
Unter den von der EU genannten zwölf Prioritäten sind der Kampf gegen politische Polarisierung, eine Justizreform, die Einrichtung einer unabhängigen Anti-Korruptionsbehörde, Medienfreiheit und eine "De-Oligarchisierung". Im Oktober will die EU-Kommission einen Bericht vorlegen, der als erste Grundlage für weitere Entscheidungen über eine stärkere Annäherung an die Europäische Union dienen soll.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters