Afghanistan IS reklamiert Tod von hochrangigem Taliban für sich
Seitdem die Taliban in Afghanistan die Macht übernommen haben, hat der IS seine Anschläge verstärkt. Nun hat eine Autobombe einen Polizeichef getötet.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat einen Anschlag auf einen hochrangigen Sicherheitsbeamten der Taliban im Norden Afghanistans für sich reklamiert. Der Polizeichef der Provinz Badakhshan, Abdel Hak Abu Omar, sei am Montag durch eine Autobombe getötet worden, berichtete das IS-Sprachrohr Amak und veröffentlichte ein Video der Attacke. Der Polizeichef gilt als höchstrangiger getöteter Talib seit der Machtübernahme der Islamisten im August 2021. Bei dem Angriff starben nach Angaben der Taliban mindestens zwei weitere Sicherheitskräfte.
Seit der Machtübernahme der Taliban hat der IS seine Anschläge in Afghanistan verstärkt. Im Fokus stehen meist religiöse Minderheiten und ausländische Botschaften. Sowohl der IS als auch die Taliban gehören dem sunnitischen Islam an. Allerdings sind beide miteinander verfeindet.
Brutale Herrschaft
Die Taliban sind in Afghanistan seit dem Rückzug westlicher Kräfte im August 2021 wieder an der Macht. Präsident Aschraf Ghani war nach einer Offensive der Islamisten aus dem Land geflohen. Westliche Staaten schlossen ihre diplomatischen Vertretungen und evakuierten ihr Personal.
Die Taliban hatten zunächst versprochen, gemäßigter zu regieren als zur Zeit ihrer Schreckensherrschaft von 1996 bis 2001. Zuletzt aber wurden mehrmals Menschen öffentlich ausgepeitscht und ein Mann öffentlich hingerichtet. Frauen werden zunehmend aus dem öffentlichen Leben gedrängt.
Experte: "Taliban könnten diese Geräte sofort einsetzen"
Nun scheinen sich auch Befürchtungen zu bestätigen, dass die Taliban vom US-Militär und auch der Bundesregierung in Afghanistan erhobene biometrische Daten nutzen könnten, um gezielt Menschen zu identifizieren, die sie als ihre Feinde betrachten. Das berichtet der Bayerische Rundfunk. Eine technische Analyse bestätigt demnach, dass nach dem Abzug zurückgelassene Biometrie-Geräte eine reale Gefahr für die Menschen vor Ort bedeuten könnten.
Denn auf den Geräten gespeicherte Daten seien nicht durch Verschlüsselung vor Zugriff geschützt und der Passwortschutz könne leicht umgangen werden. "Taliban könnten diese Geräte sofort einsetzen", sagte der Hamburger Informatiker Matthias dem BR. Unklar ist allerdings, wie viele solcher Geräte in Afghanistan zum Einsatz kamen, und über wie viele davon die Islamisten nun verfügen.
Menschenrechtsorganisation: "höchst leichtsinnig"
Besonders heikel: Manche der aufgelisteten Personen würden explizit als ehemalige Mitglieder der Polizei und des Militärs ausgewiesen – somit werde deutlich, wer als Helfer der westlichen Kräfte gearbeitet habe. Der Einsatz der Geräte sei "höchst leichtsinnig" gewesen, kritisiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Das Bundesverteidigungsministerium verweist auf Anfrage des BR darauf, dass keine Indizien dafür vorlägen, dass von Deutschen erfasste Daten von den USA nicht gelöscht wurden. Wie viele Menschen in Afghanistan von der Bundeswehr biometrisch erfasst wurden, wisse man nicht.
- Nachrichtenagentur AFP, dpa und Reuters
- br.de: "Nato-Daten könnten Afghanen in Lebensgefahr bringen"