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Kohleausstieg: Bundestag plant das teuerste Kohle-Comeback der Geschichte


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Geplante Entschädigungen
Bundesregierung plant das teuerste Kohle-Comeback der Geschichte

MeinungEin Gastbeitrag von Nick Heubeck

25.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Braunkohle-Kraftwerk Weisweiler: Das Kohlegesetz sieht unter anderem Entschädigungen für die Kraftwerk-Betreiber vor.Vergrößern des Bildes
Braunkohle-Kraftwerk Weisweiler: Das Kohlegesetz sieht unter anderem Entschädigungen für die Kraftwerk-Betreiber vor. (Quelle: blickwinkel/imago-images-bilder)
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Während erneuerbare Energien auf dem Vormarsch sind, feilt die große Koalition am Comeback der Kohlekraft. Stimmt der Bundestag dem Kohlegesetz zu, steigt er damit aus dem Pariser Klimaabkommen aus.

Am nächsten Mittwoch soll das Parlament das Kohlegesetz verabschieden. Daran gekoppelt sind Verträge, die Entschädigungen für die Betreiber der Kohlekraftwerke und gegebenenfalls eine spätere Abschaltung der Meiler vorsieht. Dieses Kohle-Comeback wäre nicht nur ein Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, sondern vernichtet darüber hinaus auch Milliarden an Steuergeldern, meint Nick Heubeck, Aktivist bei "Fridays for Future", im Gastbeitrag für t-online.de.

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten: "Allein die Windkraft liefert inzwischen mehr Strom als Braun- und Steinkohle zusammen". Erstmals in seiner Geschichte wird unser Land seit Jahresbeginn mit mehr Energie aus regenerativen Quellen als aus konventionellen versorgt. Eine Zukunft ohne Kohle, Atom und Gas als Energieträger wird damit greifbar. Es ist an der Zeit, diesen Trend politisch zu unterstützen: Jetzt braucht es zukunftsfähige Arbeitsplätze in der Wind- und Solarindustrie und ein Deutschland, das in den 30er-Jahren vollständig klimaneutral mit Strom versorgt wird. Erlebt das deutsche Energiewunder also ausgerechnet inmitten der größten Wirtschaftskrise der vergangenen Jahrzehnte seine Neuauflage?

Nicht, wenn es nach der Großen Koalition geht. Die hat sich gestern im Kabinett auf ihr Gesetz zum Kohleausstieg geeinigt, das nach über zwei Jahren des Wartens gleich nächste Woche im Eilverfahren vom Bundestag durchgewunken werden soll. Der Haken: Inzwischen wurde das Vorhaben längst von der Realität eingeholt. Stimmen die Abgeordneten dem Kohlegesetz zu, zögern sie den Kohleausstieg künstlich heraus – und beenden damit den Siegeszug von Wind und Solar.

Bagger laufen nur noch durch Subventionen

Spätestens seit dem Beginn der Corona-Pandemie steht die Kohleverstromung in diesem Land ohnehin vor dem Aus: Satte 90 Prozent der Anlagen waren schon vor der Wirtschaftskrise ein Minusgeschäft. Seit Jahren laufen die Bagger nur noch, weil sie permanent mit Steuergeldern subventioniert werden – obwohl sie sich finanziell längst nicht mehr rentieren. Die angeschlagenen Kohlekraftwerke werden infolge der Pandemie also ganz ohne politisches Zutun durch billigere Alternativen verdrängt.

Österreich macht deshalb schon in diesem Jahr Schluss mit der Kohle; auch Schweden und Portugal ziehen ihren Ausstieg vor. Kein westeuropäisches Land wird nach 2030 noch Energie aus Kohlekraftwerken fördern und damit die Klimakrise weiter anheizen – außer Deutschland, das zu allem Überfluss gerade auch noch ein neues Kraftwerk ans Netz gelassen hat.

Nick Heubeck ist 21 Jahre alt und studiert Kommunikation und Politik in Bamberg. Er ist seit Anfang 2019 bei Fridays For Future aktiv und ist dort für Digitales und Presse verantwortlich.

Dabei ist unser Kohleausstieg im europäischen Vergleich der mit Abstand wichtigste: Deutsche Braunkohlekraftwerke bilden 7 der 10 größten CO2-Quellen des gesamten Kontinents. Die Schließung des Tagebaus ist somit die beste Möglichkeit, um schnell und günstig Emissionen zu reduzieren. Besonders wenn im Laufe des Jahres das europäische Klimaziel zumindest ein Stück weit in Richtung des kritischen 1,5-Grad-Ziels rückt, muss auch Deutschland seine Ziele anheben. Wenn durch das Kohlegesetz die dreckigsten Meiler noch knapp 20 Jahre weiterlaufen dürfen, kann diese Ziele jedoch keine Bundesregierung mehr einhalten.

Bevölkerung wünscht schnelleren Ausstieg

Egal wie schnell Tönnies seine klimaschädlichen Fabriken schließt und wie oft Saskia Esken die Autolobby noch vor den Kopf stößt: Die Zusagen zur Bewältigung der Klimakrise sind ohne einen Abschied von Braun- und Steinkohle in den nächsten zehn Jahren unerreichbar. Wenn das Kohlegesetz den Ausstieg bis zum Jahr 2038 verlängert, steigt Deutschland endgültig aus dem Pariser Klimaabkommen aus. Und das, obwohl der Großteil der Bevölkerung einen schnelleren Ausstieg schon längst befürwortet.

Ein Geschenk an die Lobby hat sich die Bundesregierung dann aber doch noch ausgedacht. Als "Entschädigungszahlung" sehen die Verträge 4,4 Milliarden Euro an Steuergeldern für RWE und die Leag vor. Anders formuliert: Dafür, dass die Laufzeit der Kohlekraftwerke künstlich verlängert wird, erhalten die Konzerne von den deutschen Steuerzahlerinnen Milliarden. Wenn sich die RWE-Chefs morgen in Essen zu ihrer jährlichen Hauptversammlung treffen, werden sie aus dem Lachen nicht mehr rauskommen.

Weder Großbritannien noch die Niederlande, die jeweils fünf bzw. zehn Jahre vor Deutschland aus der Kohle aussteigen, zahlen den Betreibern Entschädigungen für den überfälligen Ausstieg. Und auch die Expertinnen hierzulande sind sich einig: Niemand verpflichtet die Bundesregierungen zu diesen Zahlungen.

Ein paar Tage ist jetzt noch Zeit, die Abgeordneten dazu zu bringen, das Gesetz vor der Sommerpause nicht mehr zu unterstützen. Danach muss unter den aktuellen Bedingungen und im Rahmen der Pariser Klimaziele neu verhandelt werden. Nach aktuellem Stand droht das Kohlegesetz zum teuersten Kohle-Comeback der Geschichte zu werden. Und diese Zeche müssen wir am Ende alle zahlen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung des Autors wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

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