Streit beim Amtsgericht In diesem Verkehrsraum gibt es keine Unfallflucht
Jemand schrammt ein anderes Auto und fährt dann einfach davon. Ein klarer Fall von Unfallflucht – oder etwa doch nicht? Ein Gerichtsurteil liefert eine Antwort, denn es kommt auf den Verkehrsraum an.
Eine Unfallflucht kann es rechtlich gesehen nur im öffentlichen Verkehrsraum geben. Eingegrenzte private Flächen wie umzäunte Betriebsgelände gehören nicht dazu – ein Supermarktparkplatz hingegen schon.
Dies zeigt eine Entscheidung des Amtsgerichts Nürtingen (Az.: 11 Cs 71 Js 20096/18), auf die die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.
Im konkreten Fall ging es um den Fahrer eines Sattelzugs, der auf einem Betriebsgelände an einem anderen Lastwagen einen Schaden von mehr als 3.800 Euro verursacht haben soll. Er habe die Unfallstelle verlassen, ohne dass der Schaden protokolliert werden konnte. Dem Mann wurde Unfallflucht vorgeworfen, sein Führerschein eingezogen.
Freispruch für den Lkw-Fahrer
Der Streit landete beim Amtsgericht, das den Lkw-Fahrer freisprach. Außerdem stellte es fest, dass er für die Zeit des vorläufigen Entzugs der Fahrerlaubnis einen Anspruch auf Entschädigung habe.
Bei dem Firmengelände handele es sich nicht um einen öffentlichen Verkehrsraum, hieß es in der Begründung. Das Gelände sei durch ein Eisengitter gesichert und die Zufahrten mit Schranken versehen. Nur rund 40 Fahrer der Lieferanten sowie die Betriebsmitarbeiter hätten Zugang zum Gelände. Den Straftatbestand einer Unfallflucht könne man aber nur auf öffentlichen Verkehrsflächen begehen, so das Gericht.
Supermarktparkplätze sind öffentliche Flächen
Eine öffentliche Verkehrsfläche stehe jeder und jedem oder einem allgemeinen bestimmten Personenkreis dauernd oder vorübergehend zur Benutzung offen, erläutert der DAV. Öffentliche Parkplätze und auch Parkplätze an Supermärkten zählen also dazu. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Parkplatz nur gegen eine Gebühr befahrbar ist.
Kommt es auf solchen Parkplätzen zu einem Unfall, können sich Autofahrerinnen und Autofahrer also der Unfallflucht schuldig machen, wenn sie nach einem selbst verschuldeten Zusammenstoß weiterfahren. Bei Unfallflucht verliert man automatisch seinen Führerschein.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn