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Fahrverbote | In diesen Städten fahren bereits (fast) keine Autos mehr


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Fahrverbote
In diesen Städten fahren bereits (fast) keine Autos mehr

Katharina Meyer zu Eppendorf, Jakob Pontius

31.05.2018Lesedauer: 4 Min.
Masdar in den Vereinigten Arabischen Emiraten will die erste CO2-neutrale Stadt der Welt sein. Ob es gelingt? 2030 soll Masdar fertig sein.Vergrößern des Bildes
Masdar in den Vereinigten Arabischen Emiraten will die erste CO2-neutrale Stadt der Welt sein. Ob es gelingt? 2030 soll Masdar fertig sein. (Quelle: flickr.com/eager (CC BY 2.0))
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Kein Hupen, keine Abgase, kein Gestank: Während in Deutschland nun das erste Dieselfahrverbot gilt, haben manch andere Städte die Autos längst aus ihren Zentren verbannt – oder ihre Präsenz deutlich eingeschränkt.

Ja, es gibt sie. Die Städte, in denen nicht die Autos die Straße dominieren, sondern Rennräder, E-Bikes, Lastenräder und Fußgänger, manchmal sogar Esel. Sie alle sind Städte, in denen niemand Abgase einatmen muss, Fahrräder und Autofahrer sich keine Machtkämpfe liefern, Kinder auf der Straße spielen können. Die „autofreie Stadt“ ist längst keine Utopie mehr, es gibt sie auf der ganzen Welt.

Houten, Niederlande

Die kleine Stadt Houten gilt international als “die autofreie Modellstadt” - und das schon seit über 20 Jahren. 1978 wurde die Idee des Architekten Rob Derks umgesetzt: In der 50.000 Einwohner-Gemeinde nahe Utrecht müssen sich die Pkw-Fahrer den Fahrradfahren unterordnen. Möglich macht es der “Rondweg”, die große Umgehungsstraße, die den Stadtkern vollkommen umkreist. Die Gemeinde entschied sich damit für eine Infrastruktur, bei der Anwohner aus ihrem Wohnviertel mit ihrem Auto erst auf diesen herauf fahren müssen, um in ein anderes Viertel hineinzufahren.

Der Effekt: Autofahren ist unattraktiv, mit dem Fahrrad ist man immer schneller. Manche Radwege sind in Houten rot asphaltiert und mit zwei Seitenstreifen versehen. Auf diesen dürfen zwar auch Autos fahren, sie müssen sich allerdings dem Tempo der Fahrradfahrer anpassen. Besucher dürfen ihr Auto in den Tiefgaragen der Stadt für zwei Stunden frei parken. Das Resultat: Schwere Unfälle im Stadtkern oder in den Wohngebieten habe es laut der Gemeindeverwaltung seit 15 Jahren nicht mehr gegeben.

Madrid, Spanien

Boina, die Baskenmütze, so nennen die Madrilenen den Smog, unter dem sie leiden. 2,5 Millionen Fahrten machen Autos täglich durch die spanische Hauptstadt, regelmäßig überschreitet sie die EU-Grenzwerte für Stickoxid. Um dagegen etwas zu tun, hat die linksalternative Stadtverwaltung um Bürgermeisterin Manuela Carmena, die Madrid seit 2015 regiert, den “Plan A” vorgelegt: Bis 2030 soll der Verkehr in Madrid nur noch halb so viel Emissionen produzieren wie zum Vergleichsjahr 2012.

Damit das gelingt, ist schon einigen Jahren der Kernbereich der Altstadt nur noch für Anwohner mit dem Pkw erreichbar. Nicht-Einwohner, die außerhalb der erlaubten Straßen fahren, müssen 90 Euro Bußgeld zahlen - Verkehrsströme werden per Kamera überwacht. Parkgebühren bemessen sich am Autotyp, in die Parkuhren müssen Autobesitzer ihr Autokennzeichen eintragen. Bis 2019 soll auch Madrids Hauptstraße, die Gran Vía, komplett autofrei werden. Um selbst mit gutem Beispiel voranzugehen, fahren übrigens auch Madrids Polizisten mit E-Bikes - und Blaulicht am Lenker.

Lamu, Kenia

120 Kilometer vom kenianischen Festland liegt die Sandinsel Lamu gelegen. 25.000 Einwohner leben auf der nur 12 km langen und 8 km breiten Insel. Um das kulturelle Erbe der Insel zu erhalten, dürfen hier seit 2015 in der gesamten Hauptstadt Lamu Town keine Autos mehr fahren. Einzige Ausnahme: Krankenwagen und “andere Servicefahrzeuge”. Als Ersatz-Transport dient den etwa 15.000 Hauptstädtern deswegen nun das Fahrrad oder die etwa 2.000 bis 3.000 Esel. Der Grund: Die Unesco setzte Lamus Altstadt 2001 auf seine Liste der Weltkulturerbe. Dort residiert die älteste und am besten erhaltene Siedlung der Swahiili, einer indigenen Gruppe in Ostafrika.

Kopenhagen, Dänemark

Projekt mit Journalistenschülern
Zum Start der Dieselfahrverbote in Hamburg berichten die Schülerinnen und Schüler des 38. Lehrgangs der Henri-Nannen-Schule in Hamburg über Folgen und Hintergründe der Maßnahme. Die Schule wurde 1978 gegründet und ist die Journalistenschule des Gruner+Jahr-Verlags, der Zeit und des Spiegels. Autoren dieser Texte sind: Gregor Becker, Alexandra Duong, Félice Gritti, Luisa Hommerich, Julia Kopatzki, Timo Lehmann, Roland Lindenblatt, Katharina Meyer zu Eppendorf, Max Polonyi, Jakob Pontius, Yannick Ramsel, Maximilian Rieger, Claudio Rizzello, Tobias Scharnagl, Veronika Völlinger, Cara Westerkamp.

Morgens halb acht ist die dänische Hauptstadt Kopenhagen ein Meer aus Fahrrädern. Egal, ob es regnet, stürmt oder schneit: Hier fahren vier von zehn Pendler mit dem Fahrrad zur Arbeit oder in die Uni, im Zweifel eben mit Cape und Regenhose. Die Einwohner der Hafenstadt legen jeden Tag 1,4 Millionen Kilometer auf dem Sattel zurück. Kopenhagen ist die europäische Vorzeigestadt moderner Mobilität. Seit den 1980er-Jahren hat die Regierung die Infrastruktur immer stärker auf Radfahrer ausgerichtet.

Heute haben viele Hauptverkehrsadern pro Richtung nur eine Autospur, aber einen zweispurigen Fahrradweg. Zusätzlich gibt es reine Rad-Highways, deren Netz ständig erweitert wird. 2016 fuhren erstmals mehr Fahrräder als Autos durch Kopenhagen. Das Credo der Stadtplaner: Die Stadt der Zukunft solle nicht autofreundlich sein, sondern menschenfreundlich. Dagegen gab es vor 30 Jahren noch Widerstand, aber der hielt nicht lange. Inzwischen sind Kopenhagener mit ihrem Stadtverkehr glücklich – und sie bewegen sich auch deutlich sicherer als früher. Allein zwischen 1998 und 2008 hat sich die Zahl derer, die bei Verkehrsunfällen getötet oder schwer verletzt wurden, mehr als halbiert.

Masdar, VAE

Der Emir von Abu Dhabi verdient Milliarden mit dem Export von Erdöl – dennoch will er die erste CO2-neutrale Stadt der Welt bauen. Superlative mag man am Persischen Golf. In Masdar, so träumt der Emir, wird es keine privaten PKW geben. Die Straßen bleiben Fahrrädern und Fußgängern vorbehalten. Der öffentliche Nahverkehr soll vor allem unterirdisch und auf Hochbahntrassen verlaufen, von jedem Punkt der Stadt aus soll eine Haltestelle in weniger als 200 Metern Entfernung erreichbar sein. Dazu kommen Solarstrom, Recycling-Rekorde, natürliche Wasseraufbereitung. „Wo Nachhaltigkeit ein Lebensstil ist“, so wirbt die Modellstadt auf ihrer Internetseite.

Schon 2008 war Baubeginn, direkt neben dem Flughafen Abu Dhabi. In den ersten fertigen Stadtteilen hat sich Siemens niedergelassen und die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien. Masdar soll eines Tages Platz für 50.000 Einwohner bieten. Doch das Projekt stockt, die Finanzierung ist unsicher. Ursprünglich sollte die Stadt schon 2016 bezugsfertig sein, momentan plant der Emir für 2030. Wenn Masdar tatsächlich fertig wird, ist das aber nicht unbedingt eine gute Nachricht für das Klima: Die eingesparten CO2-Emissionen will der Emir als Zertifikate verkaufen, die Treibhausgase werden also nur anderswo ausgestoßen.

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Fes el Bali, Marokko

Fes el Bali ist die wohl größte autofreie Zone der Erde. Knapp 160.000 Menschen nennen das älteste Stadtviertel von Fes in Marokko ihr zu Hause. Fes el Bali beherbergt außerdem die weltweit älteste Universität, die Universität al-Qarawīyīn, gegründet im Jahr 859. Dass hier keine Autos fahren, hat auch damit zu tun, dass Fes el Bali seit 1981 den Weltkulturerbe-Titel der Unesco trägt. Viele Straßen wären aber ohnehin unbefahrbar: Der Stadtteil ist hügelig und die Wege zwischen den mittelalterlichen Gebäuden sind verschachtelt. Manche „Straßen“ sollen nur 60 Zentimeter breit sein. Einzig mögliche Verkehrsmittel: Packesel, oder die eigenen Füße.

Weitere Aspekte des Themas, Interviews mit Betroffenen, Gegnern und Verfechtern des Diesels finden Sie auf der Sonderseite, die Journalistenschüler der Henri-Nannen-Schule befüllt haben.

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