Kostenloser Nahverkehr Diese Städte haben es probiert – mit begrenztem Erfolg
Kostenloser Nahverkehr kann die Luftverschmutzung senken und die Verkehrssituation entspannen. Allerdings kostet er auch viel.
Viele europäische Städte haben mit kostenlosem Nahverkehr schon einmal experimentiert, in einigen fahren Passagiere bis heute gratis. Doch einige sind auch wieder von dem Modell abgekehrt. Beispiele, wie es funktionieren kann – oder auch nicht:
Tallin – Einheimische reisen gratis
Die estnische Hauptstadt Tallinn ist die erste in Europa, die den kostenlosen Nahverkehr 2013 einführte. Allerdings waren die Bedingungen dort sehr speziell: Viele Menschen hatten zuvor auch nichts zahlen müssen und der Nahverkehr wurde nur für Stadteinwohner kostenlos. Touristen etwa müssen zahlen.
Finanzieren konnte die Stadt den Schritt auch durch Steuermehreinnahmen: Die Stadt wuchs seit der Einführung um mehr als 25.000 Menschen auf 443.000 Einwohner. Fraglich ist laut einem Bericht von Stadtforschern aber, wie sich das System dauerhaft angesichts steigender Kosten finanzieren soll.
Die Zahl der Zustiege zum ÖPNV stieg laut Forschungsbericht um zehn bis 15 Prozent – der Effekt auf die Zahl der Autohalter war aber kaum spürbar.
Manchester – Gratis ins Zentrum
Im nordenglischen Manchester wurden seit 2002 in der Innenstadt drei kostenlose Buslinien eingerichtet. Sie sollten mehr Menschen anregen, in der Innenstadt einzukaufen, oder sie einfacher zur Arbeit bringen. Außerdem sollten weniger Autos in die Innenstädte fahren. Auf allen anderen Linien müssen die Fahrgäste weiter zahlen.
Zunächst verzeichneten die Buslinien einen steilen Anstieg der Passagierzahlen und wirkten wie ein Erfolgsmodell. Elektro- und Hybridbusse trugen dazu bei, die Luftverschmutzung im Stadtzentrum zu reduzieren. In den vergangenen drei Jahren nahm die Passagierzahl aber deutlich ab, was die Betreiber unter anderem auf Baustellen im Stadtzentrum schieben.
Hasselt – Das gescheiterte Modell
Die belgische Stadt Hasselt hatte 1997 einen komplett kostenlosen Busverkehr eingeführt, der die Stadt berühmt machte. Binnen eines Jahrzehnts stieg die Zahl der täglichen Fahrgäste bis 2006 auf das 13-Fache an, was auch die Kosten für die Stadt explodieren ließ.
Seit 2013 gibt es nun ein anderes Modell: Während Kinder und Senioren weiterhin kostenlos fahren, müssen alle anderen 60 Cent pro Fahrt zahlen – was immer noch vergleichsweise günstig ist.
Paris – Gratis bei Smog
Im Dezember 2016 ließen die Pariser Verkehrsbetriebe für einige Tage alle Fahrgäste kostenlos fahren. Grund waren hohe Smogwerte wegen schwacher Winde. Zusätzlichen durften abwechselnd Autos mit geraden oder ungeraden Kennzeichennummern nicht fahren. Langsam gingen die Smogwerte wieder zurück. Daneben gibt es immer wieder Aktionstage, an denen die Pariser Metro kostenlos ist, beispielsweise zu Jahreswechseln.
- AFP