Was bei Stau besser ist Auf Autobahn bleiben oder abfahren?
Jetzt geht der Sommerreiseverkehr wieder in die heiße Phase. Wer mit dem Auto in die Ferien will, wird auf vielen Fernstraßen häufig nur im Schneckentempo vorwärts kommen. Die meisten Reisenden stehen auch dieses Jahr wieder vor der Gretchenfrage: Staumeldungen aus Radio und Navi ignorieren und stur auf der Autobahn bleiben - oder doch lieber abfahren?
Stau: Bleiben ist meist besser
Für Stauforscher Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen ist die Antwort klar: Durchhalten statt rausfahren - selbst wenn sich die Blechlawine nur im quälenden Stop-and-Go vorwärts bewegt. Das sei klüger und in der Regel auch schneller als das Ausweichen auf Nebenstraßen, fasst der Wissenschaftler seine Studien zusammen. Ausnahme: Bei einer Vollsperrung sollten Reisende so bald wie möglich runter von der Autobahn.
Alternativrouten meist schnell dicht
"Das Umfahren lohnt sich unterm Strich nicht", betont Schreckenberg. Fahren nur zehn Prozent der Autofahrer ab, ist jede Alternativroute schon nach kurzer Zeit ebenfalls dicht.
"Die Dynamik ist trügerisch"
Wer rausfährt, hat meist nur den Eindruck, er komme rascher vorwärts. "Die Dynamik ist trügerisch", winkt der Stauprofessor ab. Am Ende sei er in der Regel länger unterwegs als die, die stoisch durchhalten.
Höhere Durchschnittsgeschwindigkeit auf Autobahn
Auch der Frankfurter Verkehrssoziologe Alfred Fuhr hält stures Weiterfahren auf der Autobahn in den allermeisten Fällen für die richtige Entscheidung. "Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Autobahn ist selbst Stoßstange an Stoßstange höher als auf der Landstraße", so die Erkenntnisse Fuhrs. Gut ausgebaute Autobahnen schafften etwa das Dreifache an Verkehrsaufkommen wie Umgehungsstraßen.
Keine Angst vor Stauwarnungen
Von Stauwarnungen aus dem Radio solle sich grundsätzlich niemand verrückt machen lassen, sagt Fuhr, der auch Autoclubs berät. Wer auf einen gemeldeten Autobahnstau zufährt, muss nicht zwangsläufig in der Stop-and-Go-Falle landen, wie viele Autofahrer befürchten.
Jede dritte Verkehrsmeldung wertlos
Ein Staubericht ist - wenn er vom Radiosprecher verlesen wird - demnach meist schon 30, 40 Minuten alt. Auf jede dritte Verkehrsmeldung sei deshalb kein Verlass, warnt Fuhr.
Navis nicht immer zuverlässig
Auch das Vertrauen ins hochmoderne Navigationsgerät solle sich in Grenzen halten, empfiehlt Schreckenberg. Die Datenlage der Navis sei keinesfalls perfekt. Wer sich auf seinen digitalen Lotsen verlässt, steuert oft erst so richtig in den Stau hinein, wie der ADAC herausfand.
Navis schafften oft erst die Stau-Probleme
Weil so viele der gut 20 Millionen Navi-Besitzer auf ihr Gerät hören, ist die penetrant empfohlene Ausweichroute dann garantiert dicht. Navis schafften oft erst die Stau-Probleme, ist auch Schreckenberg überzeugt.
Was fürs Abfahren spricht
Neben bei der Vollsperrung hat Fuhr noch drei Gründe parat, die trotzdem fürs Abfahren sprechen: Wenn die Kinder quengeln, kein Proviant dabei ist oder der Sprit im Tank zur Neige geht. Einige Autos schlucken im Stop-and-Go-Verkehr bis zum 40fachen des sonstigen Benzinverbrauchs.
Unfälle oft bei Stau-Auflösung
Die Fahrt in den Urlaub sollte grundsätzlich antizyklisch geplant sein, also nicht gerade an den am stärksten frequentierten Sommerwochenenden, empfiehlt der Deutsche Verkehrssicherheitsrat. Stop-and-Go-Fahrten bedeuten immer Stress. Die meisten Unfälle passieren ausgerechnet dann, wenn der Stau sich endlich auflöst.